HAMBURGER ABENDBLATT: Inlandpresse, Hamburger Abendblatt, Kommentar zu Stuttgart 21, Schlichterspruch
Geschrieben am 29-11-2010 |
Hamburg (ots) - Auseinandersetzungen um Jahrhundertprojekte sind
keine Tarifverhandlungen. Diese Erkenntnis mag Heiner Geißler
beiseitegeschoben haben, als er die Rolle des Schlichters übernahm.
Von einem Demokratie-Experiment war die Rede, und manche wollten in
dem 80-Jährigen gar den Messias einer neuen politischen Kultur
erkennen. Doch die Schlichtung bei Stuttgart 21, deren Ergebnis an
diesem Dienstag verkündet wird, taugt nicht als Modell für künftige
Großkonflikte. Zu begrenzt ist ihr Erfolg. Ganz gleich, wie die
Empfehlungen im Einzelnen ausfallen: Eine Einigung ist nicht in
Sicht. Wie sollte sie auch? Anders als zwischen Tarifforderungen kann
es zwischen einem überirdischen Kopfbahnhof und einem unterirdischen
Durchgangsbahnhof keinen Kompromiss geben. Ein Volksentscheid, den
die Projektgegner erzwingen wollen, kann ebenfalls nicht das Ergebnis
der Schlichtung sein. Entscheidungen, die nach den Regeln
repräsentativer Demokratie zustande gekommen sind, sollten nicht mit
Instrumenten direkter Demokratie ins Gegenteil verkehrt werden. Die
Versachlichung der Auseinandersetzung wird immer wieder als Erfolg
der Schlichtung genannt. Allerdings ist fraglich, ob es in den
nächsten Wochen sachlich bleibt. Die Grünen, die ihren Widerstand in
Wählerstimmen ummünzen wollen, tragen eine besondere Verantwortung.
Originaltext: HAMBURGER ABENDBLATT
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Ressortleiter Meinung
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20350 Hamburg
Tel.: +49 40 347 234 57
Fax: +49 40 347 261 10
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