Börsen-Zeitung: Der nächste Tausender, Marktkommentar von Dieter Kuckelkorn
Geschrieben am 03-12-2010 |
Frankfurt (ots) - Fast hätte der Dax am Freitag die nächste
Tausendermarke geknackt. Mit in der Spitze 6980 Zählern blieb er
jedoch kurz davor stecken. Ein schlechter als erwartet ausgefallener
Monatsbericht vom amerikanischen Arbeitsmarkt hatte den Anlegern die
Sektlaune ein wenig verdorben. Der deutsche Leitindex beendete den
Handel mit einem kleinen Verlust von 0,1% bei 6948 Punkten. Dennoch
besteht für Anleger kein Grund zur Sorge: Was vor dem Wochenende
misslang, dürfte vielleicht schon zum Wochenauftakt gelingen. Mit
einem Niveau von jetzt schon fast 7000 Punkten wird 2010 zu einem
Prädikatsjahr. Der Index hat im laufenden Turnus bereits rund 17%
hinzugewonnen.
Und die Chancen stehen gut, dass es noch eine ganze Weile so
weitergeht. Die Gewinne der Unternehmen im Dax explodieren förmlich
und die Schätzungen für die Ertragslage der Firmen im kommenden Jahr
werden stetig angehoben, sodass nicht einmal davon gesprochen werden
kann, dass der Aktienmarkt nach dem rasanten Anstieg nun teuer sei.
Das Gegenteil ist der Fall: Gegenüber seinem langjährigen
Durchschnitt ist der Dax derzeit Analystenschätzungen zufolge um rund
40% unterbewertet. Und auch wenn man diese Daten um den Effekt des
aktuell nach oben weisenden Konjunkturzyklus bereinigt, ergibt sich
immer noch eine Unterbewertung von rund 22%. Es sieht also ganz
danach aus, dass das bereits sehr gute vergangene Jahr, in dem der
Dax mit einem Anstieg von 19,5% glänzte, noch mal in den Schatten
gestellt wird.
Liquiditätsspritze bleibt aus
Da hat es die Investoren denn auch nicht gestört, dass aus der
erhofften Liquiditätsspritze der Europäischen Zentralbank (EZB) zur
Bekämpfung der Schuldenkrise nichts geworden ist. An den Märkten
waren vor der Zinssitzung der Notenbank am Donnerstag Gerüchte
aufgekommen, dass EZB-Chef Jean-Claude Trichet ein gigantisches
Bondrückkaufprogramm im Volumen von 1 Bill. Euro ankündigen würde,
mit dem die Spekulation gegen die Peripherie-Bonds und damit auch
gegen den Euro ein für allemal beendet werden solle. Vor der
Pressekonferenz der EZB im Anschluss an die Zinssitzung hatte auch
der Aktienmarkt positiv reagiert. Als aus der erhofften
EZB-Initiative nichts wurde, hielten sich die Anleger nicht lange mit
Verlusten auf. Erst die schwachen US-Arbeitsmarktzahlen unterbrachen
- wie erwähnt - den Höhenflug am deutschen Aktienmarkt.
Apropos Liquiditätsspritze: Es dürfte wohl kaum ein Zweifel daran
bestehen, dass die vom Dax angeführte Hausse an den Aktienmärkten und
zumindest teilweise auch der Aufschwung liquiditätsgetrieben sind.
Rally und Konjunktur erhalten ihr Feuer von den neuen quantitativen
Maßnahmen der US-Notenbank Fed und den Konjunkturprogrammen der
amerikanischen Regierung, die ein enormes Ausmaß haben. Das jüngst
angekündigte Bondkaufprogramm der Fed im Volumen von rund 700 Mrd.
Dollar ist dabei nur die Spitze des Eisbergs.
Risikoindikator Gold
Dass sich an den Märkten trotz steigender Aktienkurse und
sinkender Credit Spreads nicht alles positiv entwickelt, hat am
Freitag der Goldpreis gezeigt. Er sprang über die Marke von 1400
Dollar je Feinunze und hielt erst ganz knapp unterhalb des
Allzeithochs von rund 1409 Dollar an. Zwar ist auch die Goldhausse zu
einem gewissen Teil liquiditätsgetrieben. Dennoch überwiegt derzeit
nach Einschätzung der allermeisten Experten die Rolle des
Gold-Investments als sicherer Hafen in Krisenzeiten, was dem
Edelmetall die Funktion des Risikoindikators zuweist.
"What goes up must come down", lautet ein amerikanisches
Sprichwort, was auf den Aktienmarkt übertragen bedeutet, dass Hausse
und Aufschwung abbrechen werden, wenn die Alimentierung mit
Liquidität ausläuft. Dies wird wohl spätestens 2012 erfolgen. Auch
das kommende Jahr dürfte damit für die Aktienanleger wohl noch recht
erfreulich werden.
Ab 2012 blühen dann magerere Zeiten, in denen wohl auch dem
letzten Beobachter klar werden wird, dass der aktuelle Aufschwung wie
auch Bubbles der vergangenen Jahre Konsumption auf Kosten der
nachfolgenden Jahre und Jahrzehnte darstellen. Wir sollten uns daher
an der Rally und dem Aufschwung erfreuen, solange wir noch können.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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