Börsen-Zeitung: Bei Kupfer lockt die Story, Börsenkommentar "Marktplatz" von Thorsten Kramer
Geschrieben am 10-12-2010 |
Frankfurt (ots) - Für die glanzvolle Entwicklung des Kupferpreises
im Jahr 2010 gibt es gute Argumente. Das jüngste lieferte nun eine
aktuelle Statistik aus China, wonach dort im November der Import von
Kupfer erstmals seit drei Monaten wieder gestiegen ist. Dies nahm
Investoren die Sorge über eine anhaltend rückläufige Nachfrage. An
der London Metal Exchange hielt sich der Kupferpreis deshalb in der
Nähe des Rekordhochs vom Donnerstag bei 9091 Dollar je Tonne. Und mit
Blick auf das neue Jahr deutet vieles darauf hin, dass die Hausse
noch weiter tragen kann, selbst wenn auf kurze Sicht eine
Korrekturbewegung möglich ist. Schließlich ist der Kupferpreis seit
Juli um rund 40% gestiegen. Und die Nettopositionen, mit denen
Anleger auf einen weiteren Anstieg spekulieren, haben ebenfalls
Rekordniveau erreicht.
Das Hauptargument für einen weiteren Anstieg risikoreicherer
Assets insgesamt ist die lockere Geldpolitik der weltweit wichtigsten
Notenbanken. Bereits in der Erwartung weiterer quantitativer
Maßnahmen der Federal Reserve zogen Aktienkurse und
Rohstoffnotierungen im September kräftig an. Als die Währungshüter
nach ihrer Sitzung Anfang November dann den Beschluss zu weiteren
Staatsanleihekäufen im Volumen von 600 Mrd. Dollar verkündeten,
erhielt die Aufwärtsbewegung einen neuen Impuls. Schließlich kann die
Notenbank nicht steuern, wohin die frei werdenden Mittel fließen.
Dass Rohstoffe für diese Gelder interessante Investment-Storys
bieten, sollte sich nicht zuletzt darin zeigen, dass die Assets under
Management in Rohstoffprodukten schon im November auf einen
Rekordstand von 340 Mrd. Dollar geklettert sind.
Sollte sich die US-Notenbank gezwungen sehen, das Programm über
Juni 2011 hinaus zu verlängern oder sogar auszuweiten, um die
Wirtschaft zu stimulieren, dürfte dies nicht zuletzt den Kupferpreis
aufs Neue beflügeln. Sollte dies nicht notwendig sein, weil sich die
Konjunktur erholt, ist das aber ebenfalls positiv für die
Perspektiven des Kupferpreises: Schließlich zählt das Industriemetall
zu denjenigen Rohstoffen, bei denen die Lagerbestände sinken. Für die
nächsten beiden Jahre kursieren bereits Prognosen, die dem
Kupfermarkt ein Angebotsdefizit von mindestens 1 Mill. Tonnen
voraussagen. Die Lagerbestände würden damit in Richtung ihrer
historischen Tiefstände fallen. Eine anziehende Nachfrage würde die
Lage zusätzlich verschärfen.
Als Ursache für die abnehmenden Vorräte gelten die Schwierigkeiten
auf der Angebotsseite. Im Schnitt sind die Kupferminen schon 50 Jahre
alt, und die älteren Förderstätten leiden stark darunter, dass dort
der Erzgehalt im geförderten Gestein abnimmt. In der weltgrößten Mine
Escondida in Chile halbierte sich der Erzgehalt seit 1996. Die
nächste größere Mine geht aber erst 2014 in der Mongolei an den Markt
- und dort liegen die Förderkosten laut Unicredit bei 13000 Dollar je
Tonne.
Kurzfristig ist es allerdings nicht auszuschließen, dass der Markt
überhitzt und eine kräftige Korrektur bevorsteht. Denn zum
Preisanstieg hatte zuletzt u.a. die Aussicht auf die Einführung von
Exchange Traded Commodities mehrerer Anbieter beigetragen, die diese
Produkte mit Basismetallen physisch unterlegen. Als erster Anbieter
hatte ETF Securities seine Pläne in dieser Woche bestätigt, und so
dürfte die damit verbundene Spekulation Schwung verlieren.
Im Kontext mit den neuen Investmentprodukten hatte zudem J.P.
Morgan für Schlagzeilen gesorgt. Die Bank habe sich im Kundenauftrag
an der London Metal Exchange mit Kupfer eingedeckt und bis zu 80% der
Bestände aufgekauft, hieß es in angelsächsischen Medien. Und um der
Entwicklung noch mehr Brisanz zu verleihen, war zugleich davon zu
lesen, dass Blythe Masters mit dem Ausbau des Rohstoffgeschäfts bei
der Großbank beschäftigt ist, die Erfinderin der
Kreditausfallversicherungen. Der Hinweis verfehlte seine Wirkung
nicht: Schnell war hier und da schon von einer massiven Spekulation
die Rede, die an die legendäre Silber-Spekulation der Gebrüder Hunt
vor mehr als drei Jahrzehnten erinnern würde. Nun scheint aber auch
dieses Thema abgehakt.
Als potenzieller Auslöser einer Korrektur des Kupferpreises darf
weiterhin eine Zinsanhebung in China gelten. Am Freitag hoben die
Währungshüter bereits die Anforderungen an die Mindestreserve der
Banken an und entzogen dem Kreislauf damit Geld für die
Kreditvergabe.
(Börsen-Zeitung, 11.12.2010)
Originaltext: Börsen-Zeitung
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