Börsen-Zeitung: 100 Dollar in Sicht, Kommentar zum Ölpreis von Christopher Kalbhenn
Geschrieben am 28-12-2010 |
Frankfurt (ots) - Wie zu jeder Ferien- und Feiertagssaison ertönt
auch in diesen Tagen das Klagelied über die fiesen Ölkonzerne, die
ihre Marktstellung missbrauchen und den armen Autofahrer an der
Zapfsäule schröpfen. Zumindest in diesem Winter ist der Vorwurf aber
nicht ganz fair. Es stimmt schlichtweg nicht, dass die
Kraftstoffpreise ohne nachvollziehbare Gründe anziehen.
Denn an den Weltmärkten verteuern sich die Notierungen für das
schwarze Gold merklich. Der Preis für ein Barrel der US-Ölsorte WTI
hat bei 92 Dollar den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren
erreicht, bei der Nordseesorte Brent rückt mit Notierungen von 94
Dollar die Marke von 100 Dollar allmählich in Sichtweite. Ein Blick
aus dem Fenster genügt, um einen der Gründe des Preisanstiegs
auszumachen. In Europa und in den USA sorgt der zum Teil deutlich
kälter als üblich ausfallende Winter für eine hohe Nachfrage nach
Heizöl.
Hinzu kommt die starke Entwicklung der Weltwirtschaft. Die
Schwellenländer zeigen wieder die sehr hohen Wachstumsraten, die vor
der Finanzkrise maßgeblich dazu beitrugen, die WTI-Notierung auf
Rekordhöhen von nahezu 150 Dollar zu treiben. Aber auch in den
Industrieländern, deren Konjunktur zu einem guten Teil vom
Emerging-Markets-Boom angetrieben wird, steigt die Nachfrage der
Wirtschaft nach Öl deutlich. Chinas Nachfrage erreichte im November
mit einem Volumen von über 9 Mill. Barrel pro Tag Rekordniveau. Noch
stärker wurde der globale Nachfrageanstieg jedoch von den
OECD-Ländern getragen. Im dritten Quartal betrug der Anstieg ihrer
Nachfrage gegenüber dem Vorjahr nahezu 2 Mill. Barrel pro Tag. Auch
der Vorwurf, der spätestens nach Überschreiten der 100-Dollar-Marke
wieder zu hören sein dürfte, dass der Ölpreisanstieg ein Resultat von
Spekulation ist, wird vor diesem Hintergrund nicht zu halten sein.
Die hohe Nachfrage ist ebenso real wie die Verknappung der Bestände.
Überdies ist es fraglich, ob die Rekordnotierungen des Jahres 2008
wieder erreicht werden. Viele Spekulanten haben sich in der Krise,
als der Ölpreis einbrach, eine blutige Nase geholt. Außerdem
verstärkt China gerade die Maßnahmen zur Bekämpfung des
Inflationsanstiegs und spekulativer Exzesse. Sie könnten zu einer
deutlichen Wachstumsverlangsamung führen - mit entsprechenden Folgen
für die Ölnachfrage.
Pressekontakt:
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Redaktion
Telefon: 069--2732-0
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