Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Verfassungsgericht stoppt NRW-Nachtragshaushalt
Schallende Ohrfeige
PETER JANSEN, DÜSSELDORF
Geschrieben am 18-01-2011 |
Bielefeld (ots) - Da mögen sich die führenden Vertreter von SPD
und Grünen in NRW noch so viel Mühe geben, die Bedeutung der
Entscheidung des Landesverfassungsgerichts zu relativieren und klein
zu reden. In Wahrheit wissen auch sie, dass ihnen die sieben höchsten
Richter des Landes eine schallende Ohrfeige verpasst haben. Die
Opposition von CDU und FDP hat die erste Runde im Streit um die
Verfassungsmäßigkeit des Nachtragshaushalts klar gewonnen, die
Minderheitskoalition von SPD und Grünen hat verloren - das ist die
Botschaft aus Münster. Die Gründe, warum das Gericht in einer in
Deutschland noch nie vorgekommenen Aktion der Regierung in den Arm
gefallen ist ist, lassen sich in der Begründung nachlesen. Die Folgen
einer weiteren Kreditaufnahme und die damit verbundene zusätzliche
Zinsbelastung sind demnach weit gravierender als die Einschränkung
des Handlungsspielraums der Regierung durch die Anordnung. Die
rot-grüne Regierung hat in Münster eine doppelte Niederlage erlitten.
Ihre juristische Argumentation, mit der sie die von CDU und FDP
beantragte einstweilige Anordnung verhindern wollte, wurde vom
Gericht in der Luft zerrissen. Weit gravierender ist die politische
Niederlage. Ganz offensichtlich ist das Verfassungsgericht nicht
bereit, der Landesregierung in der Frage neuer Schulden freie Hand zu
lassen. Die Verfassung schreibt vor, dass das Land nicht mehr Kredite
aufnehmen darf, als es für Investitionen ausgibt - eine Obergrenze,
die in unschöner Regelmäßigkeit von Regierungen jeglicher
Zusammensetzung durchbrochen wird, aber selten so dreist und
drastisch wie 2010 geschehen und für 2011 geplant. Es ist kaum zu
glauben, dass das Gericht in der Entscheidung in der Hauptsache zu
einer anderen Auffassung kommt. Nimmt Rot-Grün das Urteil so ernst,
wie sie jetzt sagen, können sie den Entwurf für den Haushalt 2011
wieder einpacken. Es ist kaum zu glauben, dass die darin angekündigte
Verschuldung, die wieder weit über den Ausgaben für Investitionen
liegen soll, vom Verfassungsgericht gebilligt wird. Die Begründung,
das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht sei gestört und damit eine
Überschreitung der in der Verfassung festgelegten Grenze zulässig,
wirkt angesichts der aktuellen Konjunktur- und Arbeitslosendaten
wenig überzeugend. SPD und Grünen, die in NRW trotz der fehlenden
eigenen Mehrheit zunehmend selbstbewusst auftraten und regierten,
wurde ein gewaltiger Dämpfer verpasst. Es ist abzusehen, dass die
präventive Haushaltspolitik, die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft
(SPD) zu einem Markenzeichen ihrer Regierung machen und mit der sie
durch kostspielige Strukturveränderungen jetzt die Grundlage für
größere Einsparungen in der Zukunft legen wollte, in den Augen der
Verfassungsrichter keine Gnade findet. Die politischen Konsequenzen
der Entscheidung aus Münster sind noch nicht abzusehen. Zunächst
wollen und müssen alle Parteien abwarten, wie die Entscheidung in der
Hauptsache ausfällt und wie sie begründet wird. So lange sind auch
Neuwahlen kein Thema. Das Interesse an einer baldigen erneuten
Entscheidung der Wählern dürfte jetzt auch bei SPD und Grünen
abgenommen haben.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
311104
weitere Artikel:
- Gemeinsamer Aktionsplan von Bund und Ländern: Nüssel begrüßt abgestimmtes Vorgehen Berlin (ots) - Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) bewertet den
heute vereinbarten Aktionsplan der Länder und des Bundes
"Unbedenkliche Futtermittel, sichere Lebensmittel, Transparenz für
den Verbraucher" positiv. Insbesondere das Vorhaben, die Produktion
von Industrie- und Futterfetten strikt zu trennen und die behördliche
Zulassungspflicht von Vorlieferanten der Futterwirtschaft zu
verschärfen, befürwortet DRV-Präsident Manfred Nüssel. "Die strengen
Anforderungen für Futterfett verarbeitende Betriebe müssen
schnellstmöglich und mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Schwarze Kasse im Kirchenkreis Herford
Bekennermut
CARSTEN HEIL Bielefeld (ots) - Jeder Bibelleser kennt das Gleichnis von den
anvertrauten Pfunden: Die beiden Männer, die das vom Herrn übergebene
Vermögen gemehrt hatten, wurden belohnt. Der Dritte hatte nichts aus
dem Geld gemacht, hatte es vergraben. Ihm wurde alles genommen und er
selbst hinausgeworfen (Matthäus 25). Sicher, Gleichnisse Jesu sind
nicht direkt auf die Wirklichkeit zu übertragen. Ob die
Verantwortlichen im Kirchenkreis Herford aber dieses Gleichnis im
Kopf hatten, als sie daran gingen ihre geheime Kasse nicht nur zu
etablieren, mehr...
- Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zu Bahn/Ramsauer Regensburg (ots) - Man kann einen Betrieb auch kaputtsparen: Dafür
lieferte die Bahn in den vergangenen Monaten leider viele ärgerliche
Beispiele. Die Zugausfälle und Verspätungen im Extremwinter, die
streikenden Klimaanlagen im Sommer oder die S-Bahn-Misere in Berlin
sind nur einige Belege dafür, dass es schwer ächzt und knarzt in der
Bahn-Maschinerie. Die Pannenserie ist ein Symptom dafür, dass es dem
Staatsbetrieb an allen Ecken und Enden an einem mangelt: an Geld.
Erst kürzlich beklagte Bahnchef Rüdiger Grube einen Investitionsstau mehr...
- WAZ: Neuwahlen wollen nur die Grünen
- Leitartikel von Walter Bau Essen (ots) - Die rot-grüne Minderheitsregierung erlebt ihre erste
handfeste Krise. Die Verfassungsrichter sind Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft gehörig in die Parade gefahren. Und noch ist nicht
absehbar, wie weit die Konsequenzen reichen. So viel ist aber sicher:
Auch wenn die Entscheidung der Richter, den Nachtragshaushalt 2010 zu
stoppen, nur vorläufig ist und noch kein endgültiges Urteil darstellt
- für Kraft kann es in Sachen Schuldenpolitik nach dem gestrigen Tag
kein einfaches "Weiter so" geben. Ein neuer Kurs, der die
Konsolidierung mehr...
- WAZ: Schwierige Balance
- Kommentar von Dirk Hautkapp Essen (ots) - Weil die Sache so kompliziert ist, ist die Neigung
zur konfrontativen Vereinfachung so groß: Da der Unsicherheitsfaktor
FDP, die Freiheit über Sicherheit stellt. Dort der Kümmerer CDU/CSU,
der die öffentliche Ordnung höher gewichtet. Dem Streit um die
Vorratsdatenspeicherung wird das nicht gerecht. Man darf der
Justizministerin abnehmen, dass sie die Ge-fahren, die von neuen
Ausprägungen der Internetkriminalität ausgehen, nicht ausblendet. Ob
ihr Weg der Sache gerecht wird, steht auf einem anderen Blatt. Man
müsste mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|