Westdeutsche Zeitung: Die Folgen des imponierenden Siegs von Olaf Scholz / Bürgermeister ja - Bundeskanzler nein
Ein Kommentar von Martin Vogler
Geschrieben am 20-02-2011 |
Düsseldorf (ots) - Hamburg zeigt NRW, wie man auch in einem
Fünf-Parteien-System klare Verhältnisse schafft. Während sich in
Düsseldorf Rot-Grün mit einer Minderheitsregierung durchschlägt,
gelang der SPD in der Hansestadt alleine mühelos der Coup absolute
Mehrheit. Was Parteienforscher noch kürzlich für unmöglich gehalten
hatten.
Die wichtigsten Fragen nach dieser Wahlnacht: Setzt jetzt die SPD
überall zum Höhenflug an, legt schon in fünf Wochen in
Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz nach? Und was bedeutet das für
die Bundespolitik?
Der haushohe Sieg der SPD ist imponierend, er wird ihr Optimismus
geben, doch er ist lokalen Besonderheiten geschuldet. Die Verärgerung
über die schwarz-grüne Koalition, verbunden mit der Enttäuschung über
den Abgang des populären CDU-Bürgermeisters Ole von Beust, war
gewaltig. Die Quittung haben die Wähler nicht nur - für die
Konservativen katastrophal deutlich - der CDU gegeben, sondern auch
den Grünen, die mehr erwartet hatten.
Für Hamburg wahlentscheidend waren nicht Grundsatzfragen, sondern
die Spitzenkandidaten. Der unglücklich agierende Christoph Ahlhaus
(CDU) beeindruckte seit Wochen nur noch dadurch, wie tapfer er das
Desaster auf sich zukommen ließ. Olaf Scholz hingegen schaffte vor
allem mit einer wirtschaftsnahen Politik und einem sehr persönlichen
Bekenntnis zur Hansestadt seinen Triumph. Diese spezielle Situation
bedeutet jedoch auch, dass Scholz trotz der Prognosen von Experten
als Hoffnungsträger für die Bundes-SPD nicht taugt. Dies ist so, auch
wenn es den Sozialdemokraten an Führungskräften mangelt. Die
Bekenntnisse von Scholz, keine Ambitionen als Bundeskanzler zu hegen,
sind deshalb glaubhaft.
Ähnlich speziell hamburgisch ist der Höhenflug der dort sehr
zerstrittenen FDP. Die Wähler haben sich bei den Liberalen, genauso
wie bei Scholz, für Wirtschaftskompetenz entschieden - und für eine
frische Spitzenkandidatin, der wenig Politik-Mief anhängt. Die
Bundes-FDP und Guido Westerwelle haben mit diesem Erfolg wenig zu
tun.
Zwei Aspekte stimmen unter demokratischen Gesichtspunkten in
Hamburg nachdenklich: Über 40 Prozent haben ihr Wahlrecht nicht
ausgeübt. Und die Linkspartei bleibt noch stabil.
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Westdeutsche Zeitung
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