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Westdeutsche Zeitung: Euro ohne Griechenland - warum nicht? = von Martin Vogler

Geschrieben am 08-05-2011

Düsseldorf (ots) - Einst hatten Reiselustige mehrere Geldbörsen
oder horteten zumindest zu Hause französiche Franken und holländische
Gulden. Aus heutiger Sicht fühlt sich diese Vor-Euro-Epoche bereits
etwas verklärt an: Fremde Scheine und Münzen gaben dem Grenzübertritt
einen Hauch von Abenteuer, und beim gnädig gerundeten
Wechselkurs-Rechnen konnte man sich einreden, dass der Wein in der
Provence und die Muscheln in Holland Schnäppchen waren. Als 1999 der
Euro rechnerisch kam, aber vor allem als man 2002 die neue Währung in
Händen hielt, war Schluss mit der Romantik. Wir nahmen wie
selbstverständlich die praktischen Vorteile der Einheitswährung an.
Um so irritierender ist es, dass diese jetzt ernsthaft in Gefahr
gerät. Wenn Ifo-Chef Sinn recht behält, wird zumindest Griechenland
bald zur alten Währung zurückkehren. Dann könnte Portugal folgen,
weitere Kandidaten im Norden und Süden Europas fallen einem ein.
Nicht zuletzt wegen des Versteckspiels und der seltsamen Dementis
angesichts des Treffens der europäischen Finanzminister in der Nacht
zum Samstag erscheint erstmals der Ausstieg einzelner Mitglieder aus
dem Euro realistisch. Was eine gewaltige Belastung für Europa wäre.
Andererseits könnte es im Fall Griechenlands tatsächlich das kleinere
Übel bedeuten. Es wäre ja auch nicht das Ende des Euro. Aber
zumindest wären alle bestätigt, die schon immer vor einer zu raschen
und zu großflächigen Ausweitung der Euro-Zone gewarnt haben. Die
Folgen einer Rückkehr Griechenlands zur Drachme sind kaum
abzuschätzen. Wohl sicher ist, dass es das Ende der - von Anlegern
vor der Währungsumstellung gestürmten - dortigen Banken bedeutet.
Unruhen im Land und erhebliche Belastungen für den Rest Europas
eingeschlossen. Aber es wäre immerhin ein Ende - allerdings mit
Schrecken. Das Festhalten am Euro könnte langfristig noch grausamer
werden: Denn extreme Sparprogramme, Zinssenkungen, Aufschub von
Rückzahlungen oder gar ein großzügiger Schuldenerlass wären für die
Griechen keine Allheilmittel - und für den Rest Europas und dessen
Steuerzahler zumeist sehr teuer. Insofern könnte der lange nicht für
möglich gehaltene Ausstieg Griechenlands tatsächlich bald vollzogen
werden - und sinnvoll sein.



Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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