BERLINER MORGENPOST: Körtings einsame Entscheidung
Christina Brüning über Berlins umstrittenen neuen Polizeichef und die Fehler beim Auswahlverfahren
Geschrieben am 28-06-2011 |
Berlin (ots) - Berlins zukünftiger Polizeipräsident ist ein
Phantom. Es heißt Udo Hansen und soll das Amt von Dieter Glietsch
übernehmen, der im Mai in den Ruhestand gegangen ist. So hat es der
Senat hat am Dienstag entschieden. Es habe eine Abstimmung gegeben,
das Votum sei für Hansen ausgefallen, hieß es. Er sei der
qualifizierteste Berwerber für das Amt gewesen. Worin diese
Qualifikationen bestehen, was Hansen besser macht als seine
Konkurrenten, das wurde verschwiegen. Was bleibt, ist Spekulation,
sind Fragen. Auch jetzt noch, nachdem der Senat endlich offiziell den
Namen des Glietsch-Nachfolgers genannt hat, der bereits seit Wochen
unter der Hand bekannt war. Warum hat sich Innensenator Ehrhart
Körting (SPD) auf diesen Kandidaten versteift? Warum macht er einen
Mann zum Chef der Riesenbehörde Berliner Polizei, der zuvor den
Polizeidienst quittiert hat? Warum entscheidet er sich für einen
Kandidaten, der als Hardliner gilt, seit er als Chef der
Bundespolizei eine Flüchtlingsunterkunft mit Stacheldraht umzäunen
ließ? Dass diese Vergangenheit in Berlin - und gerade auch beim
linken Koalitionspartner - auf wenig Gegenliebe stoßen würde, dürfte
Körting klar gewesen sein. Der Innensenator habe die Bedenken zur
Personalie Hansen zur Kenntnis genommen, heißt es schmallippig bei
der Linkspartei. Geändert habe dies an seiner Entscheidung jedoch
nichts. Körting hat es versäumt, für seine Entscheidung zu werben,
sie nachvollziehbar zu machen. So ist es eine einsame Entscheidung
geworden. Auch die Klage des abgelehnten Bewerbers Klaus Keese ist
offenbar weniger ein Zeichen für dessen mangelnden Sportsgeist als
Verlierer. Keese will laut seinem Anwalt vor allem die Entscheidungen
im Bewerbungsverfahren nachvollziehen können. Und da ist er nicht der
Einzige. Udo Hansen also. Über seine Vergangenheit ist einiges
bekannt - über seine Gegenwart weiß man wenig. Berlins künftiger
Polizeichef ist 58 Jahre alt, er war mal bei der Eliteeinheit
GSG9, er war mal Chef der Bundespolizei-Ost, er war mal als
Berater für den europäischen Rüstungskonzern EADS in Saudi-Arabien.
Und ihm hängen Gerüchte nach: Darüber, warum er aus dem Polizeidienst
ausgeschieden sei. Warum er seinen Job in Saudi-Arabien aufgegeben
habe. Offiziell weiß man darüber nichts. Die Gerüchte wurden nie
dementiert, sie liegen wie ein Schatten über Hansen. Dieses Getuschel
wird weitergehen, denn Transparenz zur Personalie Hansen gibt es
nicht. Körting verhagelt sich mit dem vermurksten Verfahren um die
Glietsch-Nachfolge seine respektable Bilanz als Innensenator. Denn
gerade in diesem Jahr konnte er positive Schlagzeilen machen: Die
Kriminalitätsrate war gesunken, und beim 1.Mai war seine
Strategie der Deeskalation wieder aufgegangen. Das Ringen um die
Neubesetzung des Polizeipräsidentenamtes gibt dem Legislaturende nun
einen bitteren Ausklang. Noch dazu ist das Amt durch die Rangeleien
und die Spekulationen nun mit einer Hypothek beladen. Das Phantom
Hansen wird keinen leichten Start haben. Es ist Berlin zu wünschen,
dass er trotz allem eine faire Chance bekommt.
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
339835
weitere Artikel:
- Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Griechenland: Bielefeld (ots) - Die Wut vieler Griechen ist verständlich. Ihr
Land ist praktisch pleite und die Aussicht, dass sich die Lage in
nächsten zehn Jahren entscheidend bessern wird, ist äußerst gering.
Ganz im Gegenteil: Das 78 Milliarden Euro schwere Sparpaket, über das
das Parlament in Athen heute abstimmt, wird sicher nicht das letzte
sein. Der griechischen Wirtschaft geht es so schlecht wie vor 40
Jahren. Mehr als 40 Prozent aller Jugendlichen sind arbeitslos. Die
Staatsschulden sind ins Unermessliche gestiegen. Mit
Vetternwirtschaft mehr...
- Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Christian Wulff: Bielefeld (ots) - »Ich nehme die Wahl an.« Als Christian Wulff am
30. Juni 2010 um 21.08 Uhr mit diesen Worten sein Amt antrat, hatte
er die dramatischste Phase seiner bislang einjährigen
Bundespräsidentschaft auch schon durchgestanden. So viel Ruhe und
Souveränität Wulff inzwischen ausstrahlt, so turbulent war er in die
Nachfolge des aus nicht nachvollziehbaren Gründen zurückgetretenen
Horst Köhler gerückt. Mit Joachim Gauck hatten SPD und Grüne einen in
allen Lagern mehrheitsfähigen Gegenkandidaten aufgestellt. Nicht
wenige Wahlmänner mehr...
- Westdeutsche Zeitung: Steuermodell Kirchhof =
von Peter Kurz Düsseldorf (ots) - Der Hohn eines Gerhard Schröder, der ihn einst
als den "Professor aus Heidelberg" und damit als weltfremden
Wissenschaftskauz verspottete, konnte Paul Kirchhofs
Selbstbewusstsein nichts anhaben. Wie sonst könnte er sein neu
aufgelegtes Steuermodell mit nichts weniger als der französischen
Revolution oder der Idee der Menschenrechte in eine Reihe stellen?
Nun erscheint es tatsächlich reizvoll, das Steuersystem radikal zu
vereinfachen, für jedermann nachvollziehbar zu machen. Wenn Kirchhof
dann auch noch verspricht, mehr...
- FT: Kommentar Flensburger Tageblatt zu deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen Flensburg (ots) - Mit Milliardenaufträgen im Gepäck ist Chinas
Regierungschef Wen Jiabao nach Europa gereist. Das Thema
Menschenrechte strich Bundeskanzlerin Angela Merkel dennoch nicht von
der Agenda. Sorgen bereiten musste dies aber letztlich niemandem.
Denn die Führung aus Peking begreift die Menschenrechtsfrage
inzwischen eh als Pflichtprogramm deutscher Innenpolitik. Sie wird
abgenickt in der Gewissheit, dass Deutschland mehr auf China
angewiesen ist als China auf Deutschland. Denn auch für Europa stimmt
halt, was US-Außenministerin mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Steuern / Koalition / Kirchhof Osnabrück (ots) - Höchste Zeit für einen großen Wurf
Eines ist sicher: Die Steuerpläne Paul Kirchhofs werden auf
absehbare Zeit nicht im Bundesgesetzblatt landen. Wer das
deprimierende Fingerhakeln in der schwarz-gelben Koalition
beobachtet, der muss jede Hoffnung fahren lassen. Die Koalitionäre
können sich nicht einmal darauf verständigen, wann sie über eine
mögliche Minireform reden wollen. Während die schwindsüchtige FDP
schnell mit guten Nachrichten beim Wähler punkten will, hat die Union
weniger Eile. Der Bundesfinanzminister mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|