Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: SPD bleibt blass
Von den Bundesländern lernen
ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN
Geschrieben am 30-06-2011 |
Bielefeld (ots) - SPD-Chef Sigmar Gabriel nutzte die Atom-Debatte
für eine scharfe Abrechnung mit Schwarz-Gelb. Reden kann der
SPD-Chef. Da saß jeder Hieb. Doch in Wahrheit steht die SPD trotz
solch rhetorischer Feuerwerks-Erlebnisse nicht besonders gut da.
Opposition ist Mist, befand einst Franz Müntefering. In dieser Zeit
wollten die Genossen inhaltliche Dinge klären. Das verläuft
schleppend. Und dabei ist die schwarz-gelbe Regierung so
angeschlagen, dass ein vorzeitiges Ende zwar unwahrscheinlich, aber
nicht völlig auszuschließen ist. Da müsste die größte
Oppositionspartei im Prinzip das Regierungsprogramm schon in der
Tasche haben. Die SPD lässt sich mit dem Profil Zeit. Dass der
Kanzlerkandidat noch nicht feststeht, ist Symptom dieser
strategischen Schwäche. Wieder einmal stellt sich die Frage, wofür
die Bundes-SPD steht. Natürlich sind die Genossen gegen Steuersenkung
auf Pump. Aber gerade jetzt hätte man gerne erfahren, wie es denn die
SPD selber mit Steuern und Abgaben hält. Doch die Vorlage des lange
versprochenen Konzepts ist gerade erst auf den Herbst verschoben
worden. Dass Gabriel der Partei eine Organisationsreform verordnet,
ist richtig und nötig. Aber das allein macht noch kein spannendes
Profil. Auch dass die SPD eine Migrantenquote für Führungsgremien
beschlossen oder sich in der Sarrazin-Debatte heillos verheddert hat,
zeugt davon, dass die Partei noch nicht so dicht an den Alltagssorgen
dran ist, wie sie sich vorgenommen hatte. Dass jemand, der so gut
reden kann wie Gabriel, zur Orientierung ein blutleeres, verkopftes
"SPD-Fortschrittsprogramm" vorlegt, gehört zu den weiteren
Ungereimtheiten. Vielleicht sollte die Bundes-SPD stärker von den
Bundesländern lernen - was die Nähe zu den Menschen betrifft, haben
Sozialdemokraten wie Hannelore Kraft oder Olaf Scholz sicher eine
Menge Erfahrungen weiterzugeben.
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Neue Westfälische
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