General-Anzeiger: Leitartikel zum Zustand der Koalition: Reaktives Moderieren
Geschrieben am 03-07-2011 |
Bonn (ots) - Von Alexander Marinos
Wofür steht eigentlich Angela Merkels CDU? Bei den anderen
Parteien fällt einem gleich etwas ein: Die SPD fordert den
Mindestlohn, die Grünen wollen schneller raus aus der Atomenergie,
die Linkspartei will Hartz IV (und am liebsten gleich das ganze
politische und ökonomische System) abschaffen und die FDP - hurra! -
hat nun offenbar endlich niedrigere Steuern durchgesetzt. Früher
einmal gab es wenigstens widerstreitende Interessen zwischen den
Konservativen, den Liberalen und den Sozialpolitikern in der CDU, ein
munteres Hin und Her zwischen Modernisierern und Bewahrern, aus dem
Konzepte und Parteiprogramme resultierten. Doch nachdem sich
profilierte Flügelstürmer wie Roland Koch und Jürgen Rüttgers nicht
einmal mehr auf der Ersatzbank befinden, ist die innerparteiliche
Debatte mausetot. Die CDU ist noch nicht einmal in der Lage, eine
ordentliche Krise zu zelebrieren, wie es sich für eine lebendige
demokratische Partei gehört. Wer mit Blick auf die verlorenen
Landtagswahlen nach der überfälligen Diskussion über Inhalte und
Personen fahndet, findet das pure Nichts. Mit anderen Worten: Waren
Maß und Mitte einmal Markenzeichen der Christdemokraten, die breite
Mehrheiten in der Bevölkerung sicherten, regiert heute nur noch das
Mittelmaß. Das ist besonders bemerkenswert, wenn man sich vor Augen
führt, dass es dem Land vergleichsweise gut, ja mit Blick auf die
ökonomischen Daten sogar blendend geht. Und es ist ja auch nicht so,
dass die Regierung Merkel nichts tut. Sie verwaltet Deutschland auf
eine Weise, dass niemandem ein größeres Leid geschieht, und reagiert
auf äußere Umstände immer dann, wenn es ihr zum Zwecke der
Selbsterhaltung unumgänglich erscheint. Ansonsten profitiert sie von
den Vorgängerregierungen: von der großen Koalition, die Deutschland
mit der Kurzarbeit hervorragend auf die Zeit nach der Krise
vorbereitet hat, und auch von der Regierung Schröder, deren
Sozialreformen zu den Grundlagen für den wirtschaftlichen Erfolg
gehören. Zu einem eigenen großen Wurf allerdings, einer mutigen
Reform wie der Agenda 2010, ist Schwarz-Gelb nicht in der Lage. Es
fehlt der Mut, es fehlt die Kompetenz. Und speziell der Kanzlerin
fehlt wohl auch das Interesse. Sie gibt keine Richtung vor, weil sie
keine Richtung hat. Was manche als pragmatisch und unideologisch
loben, entpuppt sich zunehmend als phlegmatisch und ideenlos. Die
Frage, wann Merkel ihren Kompass verloren hat, greift schon lange zu
kurz. Eher muss man fragen: Hatte sie je einen? Sicher, man kann
darin ein besonderes Maß an Flexibilität erkennen, wenn ausgerechnet
eine CDU-geführte Regierung die Wehrpflicht abschafft, eine
Frauenquote in Konzernspitzen einführen will, aus der Atomenergie
aussteigt, sich von der Hauptschule verabschiedet und - nicht zu
vergessen - den Verbündeten diesseits und jenseits des Atlantiks beim
Thema Libyen auf beispiellose Weise in den Rücken fällt. Aber wenn
dem so gar nichts typisch Christdemokratisches gegenübersteht? Wenn
immer mehr in Vergessenheit gerät, was das überhaupt ist: typisch
christdemokratisch? Man darf gespannt sein, was außer Merkel und dem
Wort "Mitte" 2013 auf den Wahlplakaten der CDU zu finden sein wird.
Wie wäre es damit: "CDU - Wir sind nach allein Seiten offen."
Pressekontakt:
General-Anzeiger
Alexander Marinos
Telefon: 0228 / 66 88 612
a.marinos@ga-bonn.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
340690
weitere Artikel:
- Stuttgarter Nachrichten: Kommentar zu den Steuersenkungsplänen der Koalition Stuttgart (ots) - Die Maßstäbe in der ausgeuferten Steuerdebatte
werden zurechtgerückt, wenn das Kabinett am Mittwoch den Entwurf für
den Haushalt 2012 absegnet. Vor dem Hintergrund, dass sich die
Koalition die goldene Regel gegeben hatte, konjunkturbedingte
Mehreinnahmen bis 2013 in den Abbau der Neuverschuldung zu stecken,
sieht es schlecht aus mit den Steuersenkungsfantasien: Wenn die
Koalition ihre Prinzipien ernst nimmt, verbieten sich Entlastungen im
Milliardenbereich. Dies gilt auf jeden Fall für 2012. Und es ist
verfrüht, mehr...
- BERLINER MORGENPOST: Schwache Regierung, schwache Opposition - Leitartikel Berlin (ots) - Eine Woche noch, dann ist erst mal Feierabend im
Deutschen Bundestag. Sommerpause. Erholungszeit. Nach zwei Jahren
Schwarz-Gelb braucht man das auch. Dringend, aufseiten der Regierung
wie aufseiten Opposition. Um es kurz, schmerzhaft und ohne Verklärung
der Vergangenheit zu sagen: So schlimm war es lange nicht. Ein fahles
Licht, das zwangsläufig zunächst auf die Regierungsbänke fällt, auf
denen es auch im zweiten Jahr des zweiten Kabinetts Merkel mehr
Ausfälle als Einfälle gibt. Eine Kanzlerin, die übermüdet
Feuerwehrfrau mehr...
- Rheinische Post: Gespaltenes Thailand Düsseldorf (ots) - Kommentar von Klaus Peter Kühn
Thailand, das Land traumschöner Strände und Tempel, tritt seit
Jahren politisch auf der Stelle. Daran ändert auch die Parlamentswahl
vom Wochenende nichts, die mit dem absolut eindeutigen Sieg einer
Partei endete. Denn hinter der scheinbar neuen Partei steckt wieder
einmal der eine große Populist Thaksin Shinawatra. Er kämpft seit
Jahrzehnten gegen das Machtkartell der Eliten um den greisen König,
wurde bereits einmal vom Militär gestürzt und ist jetzt wieder einmal
aufgestanden mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Steuersenkungen Osnabrück (ots) - Politik auf Pump
Steuern runter, lautet wieder einmal das Motto der Koalition.
Allerdings wird es auch durch stete Wiederholung nicht besser.
Zwar gibt es gute Gründe für Erleichterungen - vor allem die hohe
Belastung mittlerer Einkommen ist nur schwer erträglich. Doch sagen
Union und FDP nicht, wie sie ihre Pläne gegenfinanzieren wollen.
Solange sie aber nicht an anderer Stelle sparen, bleiben
Steuersenkungen unseriös. Denn angesichts weiter steigender
Staatsschulden wären sie nichts anderes als Politik mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Thailand Osnabrück (ots) - Auf Sand gebaut
Mit der ersten Frau an der Regierungsspitze steht Thailand vor
einer neuen politischen Epoche. Doch die Demokratie im
Urlaubsparadies bleibt auf Sand gebaut. Viel hängt davon ab, ob Elite
und Establishment um Monarchisten, Mittelstand und Militärs das Votum
akzeptieren und Wahlsiegerin Yingluck Shinawatra gewähren lassen.
Die Mittvierzigerin ist zwar eine erfolgreiche Geschäftsfrau, aber
ohne politische Erfahrung. Im Haifischbecken der Politik ist das eine
riskante Konstellation. Als Hypothek mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|