Kranke Zeiten: hoher Krankenstand bei Zeitarbeitern
Geschrieben am 12-07-2011 |
Hamburg (ots) - Ihre Branche hat nach wie vor keinen guten Ruf,
doch sie sind gefragter denn je: Zeitarbeiter. Mitte 2010 waren
bundesweit rund 806.000 Arbeitsuchende an Betriebe entliehen. Die
Unternehmen nutzen die Zeitarbeit, um bei Auftragsspitzen oder
projektbezogen einstellen und entlassen zu können, für die
befristeten Arbeitnehmer ist es meist nur eine Notlösung aus der
Arbeitslosigkeit: Obwohl für sie seit Mai 2011 gesetzliche
Mindestlöhne gelten (7,79 Euro pro Stunde im Westen, 6,65 Euro im
Osten), gehen Arbeitsplatzunsicherheit, mangelnde
Entwicklungsmöglichkeiten, die Wechsel der Einsatzorte und -bereiche
sowie die Entlohnung auf die Nerven und auf die Knochen. Mit Folgen:
Zeitarbeit macht krank, bestätigen neue Zahlen der Techniker
Krankenkasse (TK).
Zeitarbeiter sind generell mehr arbeitsunfähig (AU) als
Beschäftigte in anderen Branchen. 2010 war jeder Leiharbeiter in
Deutschland durchschnittlich 15 Tage krankgeschrieben, bei
konventionellen Arbeitnehmern waren es gut 3,5 Tage weniger.
Hauptsächlich deshalb, weil Zeitarbeiter oftmals in körperlich
belastenden Tätigkeiten beschäftigt sind, die erfahrungsgemäß mit
erhöhten Fehlzeiten einhergehen. Etwa ein Drittel der Differenz hat
seine Ursache aber in der Zeitarbeit selbst.
Krank ist Andreas T. nicht geworden, aber die 18 Monate Zeitarbeit
haben ihn ganz schön geschlaucht. "Es war eine turbulente Zeit. Ich
war in drei verschiedenen Betrieben als Lagerist eingesetzt, musste
deshalb auch viel pendeln. Das ging an die Substanz", erinnert sich
der 27-Jährige.
Finanzielle Unsicherheit, keine Zukunftsplanung - viele
Leiharbeiter leiden unter Existenzangst. Nur sieben Prozent der
vorher arbeitslosen Leiharbeiter schaffen den Sprung in einen festen
Job. Dass die Aussichten am Nervenkostüm zerren, spiegelt sich in den
Krankheitsdaten wider. Psychische Störungen gehören zu den
Hauptursachen für Fehlzeiten. 2010 meldete sich jeder Zeitarbeiter im
Durchschnitt knapp zwei Tage psychisch bedingt arbeitsunfähig. Binnen
zwei Jahren sind die Fehlzeiten unter psychischen Diagnosen um zwölf
Prozent gestiegen.
Der Druck lastet aber nicht nur auf der Psyche, sondern auch auf
den Schultern. Muskel-Skelett-Erkrankungen sind Spitzenreiter bei den
Diagnosen unter Zeitarbeitern. Sie verursachten 2010 pro Kopf 3,4
Fehltage.
Als Lagerist rangiert Andreas T. im oberen Drittel, zumindest was
den Krankenstand im Berufsvergleich betrifft. Männliche
Zeitarbeitnehmer, die im Lager- und Transportwesen arbeiten, waren
2010 16,5 Tage krankgeschrieben. Typischerweise führen körperlich
belastende Arbeiten zu höheren Fehlzeiten als Bürotätigkeiten.
Deshalb überrascht es nicht, dass Elektromonteure (18,7 AU-Tage),
Schlosser (19,1 Tage) und Rohrinstallateure (21,9 Tage) das Feld bei
den Männern anführen. Letztere hatten dabei 25 Prozent mehr
krankheitsbedingte Fehltage als festangestellte Installateure. Warum?
"Wir wissen, dass viele Leiharbeiter in den einzelnen Berufssparten
für die weniger wertigen, schwereren Arbeiten eingesetzt werden.
Fällt einer von ihnen krankheitsbedingt aus, ist es für den Entleiher
einfacher, einen neuen Mitarbeiter über die Zeitarbeitsfirma zu
bekommen, als wenn das Stammpersonal ausfällt", sagt Wiebke Arps vom
betrieblichen Gesundheitsmanagement der TK. Etwas anders sieht es bei
den zeitarbeitenden Frauen aus. Unter ihnen fehlten die
Werbefachfrauen (19,5 Tage), die Lagerarbeiterinnen (19,1 Tage) und
die Buch-halterinnen (18,2 Tage) krankheitsbedingt am meisten.
Andreas T. hat es geschafft. Seit 1. Juni 2011 ist er bei einem
großen deutschen Unternehmen fest angestellt. Diese Chance hätte er
ohne die Zeitarbeit wahrscheinlich nicht bekommen. "Auf den Stress
hätte ich aber gut verzichten können", sagt er. Damit es seinen
Kollegen in Zukunft besser geht, muss mehr Fürsorge für die
Leiharbeiter her. Arps: "Es wäre schön, wenn die Entleiher die
Zeitarbeiter an Maßnahmen zur Gesundheitsförderung teilnehmen ließen
und sich mehr für deren Zufriedenheit einsetzten. Auch von den
Zeitarbeitsfirmen sollte eine bessere Betreuung im
Überlassungsprozess kommen."
Weitere Informationen, Pressefotos und Infografiken enthält die
Juli-Ausgabe des TK-Medienservice "So krank ist Deutschland" unter
http://www.presse.tk.de.
Pressekontakt:
Michaela Hombrecher
TK-Pressestelle
Tel.: 040 - 6909 - 2223
E-Mail: michaela.hombrecher@tk.de
Social Media Newsroom: http://www.newsroom.tk.de
Twitter: http://www.twitter.com/TK_Presse
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