Planspiel des Bundesumweltministeriums / Die Wertstofferfassung gehört in kommunale Hand
Geschrieben am 20-07-2011 |
Berlin (ots) - Die Bundesregierung plant die bundesweite
Einführung einer einheitlichen Wertstofftonne. Um ein Konzept zu
entwickeln, das möglichst alle Beteiligten (Kommunen, Entsorger,
Verbraucher, Handel) tragen, hat das Bundesumweltministerium (BMU)
ein Planspiel durchgeführt. Der abschließende Bericht samt
Empfehlungen steht noch aus, allerdings besteht bereits jetzt Kritik
am Vorgehen des Ministeriums. "Das Planspiel wurde von Anfang an
nicht ergebnisoffen diskutiert", so Hans-Joachim Reck,
Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU). So
fanden von den vier Organisationsmodellen, die die vom BMU
beauftragten Gutachter beschrieben hatten, nur zwei Modelle Eingang
in das Planspiel. Eines der nicht zugelassenen Modelle ist das für
die kommunale Seite interessante Modell einer Wertstofftonne unter
kommunaler Verantwortung.
"Auch die ökologischen Ziele der Wertstofftonne kamen im Planspiel
zu kurz", kommentiert Reck. Die Bundesregierung hat das Ziel, die
Recyclingquoten durch Erweiterung der gelben Tonne zur Wertstofftonne
zu erhöhen. In den für das Planspiel erstellten Gutachten beschreiben
die Experten eine jährliche Menge von rund sieben Kilo zusätzlicher
Wertstoffe pro Einwohner. Reck: "Angesichts einer Abfallmenge von
jährlich 500 bis 600 Kilogramm pro Einwohner soll hier ein sehr hoher
Aufwand für eine kleine Menge betrieben werden. Das Planspiel lässt
völlig offen, wie zu gewährleisten ist, dass diese sieben Kilo auch
tatsächlich hochwertig verwertet werden. Allein die getrennte
Erfassung von Materialien garantiert kein Recycling, was das
derzeitige System deutlich zeigt."
Nach Angaben von den Systembetreibern im Planspiel beträgt die
Recyclingquote für Kunststoff zum Beispiel 58 Prozent. Dieser
Berechnung liegen nur die Lizenzmengen zugrunde, nicht aber die
tatsächlichen Mengen, die nach Expertenauffassung fast doppelt so
hoch sein könnten. Danach wäre jede zweite Verpackung unlizensiert.
VKU-Schätzungen zufolge, die auf den Prämissen des Planspiels
basieren, ergeben sich ganz andere Ergebnisse. Danach beträgt die
Recyclingquote insgesamt im Durchschnitt aller Stoffgruppen nur 41
Prozent, die stoffliche Verwertung fällt bei Kunststoff mit nur 31
Prozent sogar noch deutlich schwächer aus. Aus den Zahlen der
Systembetreiber folgt, dass derzeit deutlich mehr Kunststoff
energetisch verwertet wird als stofflich. "Die Zahl von nur rund fünf
Kilogramm stofflich verwerteter Verpackungen pro Einwohner und Jahr
ist ernüchternd", so der VKU-Hauptgeschäftsführer.
"Angesichts der unbestrittenen Schwachstellen der
Verpackungsentsorgung und der schwachen Recyclingbilanz dieses
Systems haben wir im Planspiel eine Diskussion über die ökologischen
Aspekte eingefordert. Das war aber nicht gewollt. Der Schein einer
schönen Recyclingbilanz, die mit der Realität wenig zu tun hat, wird
kritiklos hingenommen", sagt Reck. "Dafür hätten wir kein Planspiel
gebraucht."
Die Systembetreiber bekommen die altbekannten Probleme nicht in
den Griff. Das stellte selbst der Bundesverband der Deutschen
Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) fest. Aus
VKU-Sicht ist dieses System nicht geeignet, noch mit zusätzlichen
Aufgaben betraut zu werden. Reck: "Wir fordern deswegen, die
Entscheidung über das "Wie" der Wertstofferfassung den Kommunen zu
überlassen, die das bereits seit vielen Jahren erfolgreich
praktizieren."
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vertritt rund 1.400
kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie,
Wasser/Abwasser und Abfallwirtschaft. Mit über 240.000 Beschäftigten
wurden 2008 Umsatzerlöse von rund 92 Milliarden Euro erwirtschaftet
und etwa 8,8 Milliarden Euro investiert. Die VKU-Mitgliedsunternehmen
haben im Endkundensegment einen Marktanteil von 54,2 Prozent in der
Strom-, 51,4 Prozent in der Erdgas-, 77,5 Prozent in der
Trinkwasser-, 53,6 Prozent in der Wärmeversorgung und 11,8 Prozent in
der Abwasserentsorgung.
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