BERLINER MORGENPOST: Assad handelt - wir tun zu wenig
Daniel-Dylan Böhmer über
die halbherzige Rhetorik
der Bundesregierung
Geschrieben am 01-08-2011 |
Berlin (ots) - Wir können doch nicht überall helfen", sagt man in
Deutschland gern, wenn man sich einer moralisch richtigen
Militärintervention entziehen will. Oder man verweist auf Beispiele,
wo man genauso gut oder noch eher hätte eingreifen müssen, aber es
nicht getan hat. Beiden Argumenten fehlt die Logik: Dass man einmal
falsch gehandelt hat, rechtfertigt nicht, dass man es auf Dauer tut.
Und dass man nicht immer richtig handeln kann, darf nicht bedeuten,
dass man es niemals tut. In Syrien jedoch können wir wirklich nicht
helfen. Weil dessen Armee zu hochgerüstet ist und weil im Nahen Osten
ein Flächenbrand droht, wenn der Westen den Alliierten Irans
angreift. Aber wir könnten besser handeln, als wir es tun. Wir
könnten wenigstens klar aussprechen, was offenkundig ist: Assad muss
gehen. Die exzessive Gewalt gegen sein eigenes Volk nimmt ihm auf
Dauer jede Legitimation zur Herrschaft. Wer Widerspruch mit einem
Massaker beantwortet, der kann kein Träger staatlicher Gewalt mehr
sein. Er ist zum Fluch seines Volkes geworden, und das ist der
Assad-Klan in Wahrheit schon lange. Warum sagt Angela Merkel das
nicht, warum nicht Barack Obama? Fürchten sie, später auf der
falschen Seite der Geschichte zu stehen, wenn Assad durchhält? Wenn
man hört, dass die Bundesregierung Assads Vorgehen gegen Zivilisten
"auf das Schärfste verurteilt", den Diktator aber zu nichts mehr
aufruft, als dazu, die Gewalt "umgehend einzustellen", dann kommt
einem der Gedanke, dass Berlin das auch beim nächsten Massenmord
fordern kann, den Damaskus befiehlt. Und dass die Bundesregierung
damit schon rechnet. Zugegeben: Die EU hat unter Beteiligung
Deutschlands Sanktionen gegen Syrien verhängt, und die sollen nun
verschärft werden. Das ist auch gut so, und vielleicht sind
Sanktionen häufig das bessere Mittel, um einen rücksichtslosen
Machtapparat zum Umdenken zu zwingen. Aber manchmal braucht es nicht
nur Taten, sondern auch Worte. Dass wir uns trotz unserer Sanktionen
nicht prinzipiell gegen Assad aussprechen, lässt den fatalen Schluss
zu, wir wollten den Gesprächsfaden nach Damaskus nicht ganz abreißen
lassen. Es darf aber bezweifelt werden, ob ein Regime, das bereit
ist, Tausende Bürger zu seinem Machterhalt umzubringen, noch mit
Worten bekehrt werden kann. Im Falle des syrischen Schutzpatrons Iran
ist diese gerade in deutschen Diplomatenkreisen gern verfochtene
Strategie schon einmal kläglich gescheitert. Wenn wir aber nicht
endlich deutlich werden, dann verpassen wir nicht nur eine Chance,
etwas richtig zu machen. Wir tun ohne Not und Gewinn etwas richtig
falsch. Das ist der ganz reale Schaden, den wir mit unseren
maulfaulen Verurteilungen riskieren: Dass die Revolutionäre in der
arabischen Welt den Eindruck gewinnen, wir glaubten nicht daran, dass
die Demokratie siegen könnte. Dass wir es vielleicht gar nicht
wirklich wollen. Der Nahe Osten und Nordafrika sind unsere
unmittelbare Nachbarschaft in der Welt. Was dort geschieht, bestimmt
unser Schicksal mit. Ob die Menschen in der neuen arabischen Welt in
Zukunft unsere Werte teilen, hängt auch und vor allem davon ab, wie
glaubwürdig wir sie jetzt vertreten. Wir tun zu wenig.
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
345171
weitere Artikel:
- Westdeutsche Zeitung: Solinger Konvertiten unter Terror-Verdacht =
Von Horst Kuhnes Düsseldorf (ots) - Der islamistische Terrorismus ist längst in
Deutschland angekommen. Die potenziellen Planer tödlicher Anschläge
leben in unserer Mitte, unauffällig, zurückhaltend - wie tickende
Zeitbomben. Die "Sauerland-Zelle", die "Kofferbomber" von Köln, der
radikalisierte 21-Jährige, der am Frankfurter Flughafen zwei
US-Soldaten tötete - sie alle wuchsen in Deutschland auf. Sind auch
die beiden jetzt in Großbritannien inhaftierten Solinger Konvertiten
solche Zeitbomben? Der Verdacht liegt nahe. Immerhin haben sie sich
zumindest mehr...
- WAZ: Die Drohung der Linken. Kommentar von Theo Schumacher Essen (ots) - Die sommerliche Ruhe ist trügerisch. Mit dem
WestLB-Beschluss und dem Schulkonsens hat die rot-grüne Minderheit
nicht alle ihre existenzbedrohenden Themen für dieses Jahr abgeräumt.
Wenn das Kabinett nach den Ferien die Eckpunkte für den Haushalt 2012
festlegt und die Beratungen im Landtag beginnen, könnte sich die
Linke querlegen, die der Koalition als Mehrheitsbeschaffer so oft von
Nutzen war.
Die Linksfraktion spürt, dass ihr die Strategie der Enthaltung
wenig Vorteil verschafft. Sie verwischt ihr radikales linkes mehr...
- WAZ: Blamierte USA. Kommentar von Gudrun Büscher Essen (ots) - Was für ein Theater: Die Vereinigten Staaten von
Amerika, heillos zerstritten und unversöhnlich, der in letzter Minute
zusammengeschusterte Schuldenkompromiss eine Minimallösung. Man
könnte den Kopf schütteln und zur Tagesordnung übergehen, wenn, ja
wenn es nicht die Weltmacht USA gewesen wäre, die sich kurz vor dem
Bankrott vor der ganzen Welt bis auf die Knochen blamiert hat. Und
wenn dieses Schauspiel nicht so unglaublich viel aussagen würde über
den Zustand Amerikas.
Zehn Jahre nach den Anschlägen vom 11. September mehr...
- WAZ: Enttäuschte Soldaten. Kommentar von Matthias Korfmann Essen (ots) - Zwischen Antreten und Wegtreten liegen oft nur Tage.
Manch ein Freiwilliger reibt sich verwundert die Augen, wenn ein
unfreundlicher Mensch um fünf in der Frühe Weckrufe in die Stuben
schickt. Wenn der Rucksack drückt, der Stiefel zwickt, der Nachbar im
Bett unten schnarcht, der Feldwebel brüllt und Bockwurst im
Kochgeschirr nicht schmeckt. Dann ärgert sich der Freiwillige: "So
habe ich mir das nicht vorgestellt."
Müsste die Bundeswehr nicht ehrlicher für sich werben? Müsste sie
nicht mehr Wirklichkeit zeigen und mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): US-Schuldenkrise
Tiefpunkt einer Präsidentschaft
THOMAS J. SPANG Bielefeld (ots) - US-Präsident Barack Obama hat im Schuldenpoker
mit den Republikanern keine gute Figur gemacht. Von der verdeckten
Hand, die in anderen Krisen geschickt aus dem Hintergrund führte, war
diesmal wenig zu spüren. Obama wirkte eher wie ein Getriebener, der
scheibchenweise den Forderungen eines zu allem entschlossenen
Gegenspielers nachgab. Das Verhandlungsergebnis jedenfalls lässt
keinen anderen Rückschluss zu. Der Präsident erhielt nicht einen Cent
an neuen Steuereinnahmen. Stattdessen akzeptiert er Einsparungen von
rund mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|