Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Russland/Putin
Geschrieben am 07-08-2011 |
Regensburg (ots) - Der Kalte Krieg ist längst vorbei, die
Sowjetunion zerfallen, die Machtposition des heutigen Riesenreichs
bestenfalls noch postimperial. Doch Wladimir Putin, einst russischer
Präsident und heutiger Premier, fährt trotzdem immer wieder die ganz
schweren Geschütze auf. Zuletzt gegen den ehemaligen Klassenfeind:
Die USA verhielten sich in der internationalen Finanzwelt "wie ein
Parasit". Das Land lebe auf Pump und mache der Welt mit seinem
"Dollarmonopol" Probleme, giftete Putin kürzlich Richtung Obama kurz
nach dem verhinderten US-Staatsbankrott. Der Sowjet-Nostalgiker Putin
schießt - zumindest verbal - wieder scharf. Denn Russland steht vor
zwei richtungsweisenden Wahlen. Vier Monate vor den Parlamentswahlen
und acht Monate, bevor die Russen ihren neuen Präsidenten bestimmen,
bringt sich Putin in Stellung. Auch, wenn es niemand offen
ausspricht: Mit seinem imperialen Gehabe will sich der russische
Premier 2012 wieder ins Präsidentenamt zurückkatapultieren. Den
Untergang der Sowjetunion nannte er einst die "größte geopolitische
Katastrophe des 20. Jahrhunderts", heute will er Russland zu alter
Stärke zurückführen. Ein neues Russland soll es sein, am besten mit
Weißrussland und Südossetien, um das Russland und Georgien vor drei
Jahren einen fünf Tage langen Krieg geführt haben. Würde darüber
hinaus der Rubel als weltweite Reservewährung installiert - Putins
Russland mit ihm als "nationalem Führer" wäre perfekt. Beim Volk
kommen die Parolen des früheren KGB-Offiziers offenbar gut an - und
das nicht nur bei der Kaderreserve, den kremltreuen Jugendlichen.
Umfragen zeigen: Putin ist nach wie vor beliebtester Politiker
Russlands und mit 46 Prozent Zustimmung liegt er in einer Umfrage vom
Juli deutlich vor dem amtierenden Präsidenten Dmitri Medwedew mit 36
Prozent. Die Mehrheit der russischen Bevölkerung wünscht sich
überdies seine Rückkehr in den Kreml 2012. Völlig widerstandslos wird
für Putin der Weg dorthin allerdings nicht sein. Denn aus der
einstigen Putin-Marionette Medwedew wird zunehmend der Konkurrent.
Der russische Präsident wird nicht nur von außen, etwa Deutschland
oder den USA, anders wahrgenommen als zu Beginn seiner Amtszeit, als
der Ziehsohn Putins als "lahme Ente" verspottet wurde. Medwedew hat
seine Rolle offenbar neu definiert und wagte vor wenigen Monaten
sogar den Befreiungsschlag. Öffentlich und in aller Schärfe wies er
den Premier in die Schranken, nachdem dieser die UN-Resolution zum
Einsatz in Libyen als "mittelalterlichen Kreuzzug" bezeichnet hatte.
Selbst im Kreml werden inzwischen Stimmen laut, die Medwedew
öffentlich zur Kampfansage gegen Putin auffordern und vor einer
"nationalen Katastrophe" warnen, sollte dieser auf eine zweite
Kandidatur verzichten. Der heutige Kreml-Chef könne mit seinem
Modernisierungskurs Russland aus der Stagnation in eine moderne
Zukunft führen. Putin als Präsident hingegen könnte die Entfernung
Russlands vom Westen bedeuten. Das aber würde auch Deutschland zum
Nachteil gereichen. Berlin unterhält mit Moskau enge
Wirtschaftsbeziehungen, die bei den deutsch-russischen
Regierungskonsultationen noch verstärkt wurden. Nach der Energiewende
wird Deutschland verstärkt auf russisches Gas angewiesen sein. Es ist
also klar, warum Bundeskanzlerin Merkel Mitte Juli ihren Duz-Freund
Dmitri süffisant als "Kandidaten" bezeichnete. Nur mit dem
Modernisierer Medwedew an der Spitze, nicht aber mit einem machoiden
Sowjet-Imperialisten ist Russland der Partner, den Deutschland und
der Westen braucht. Und das nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht.
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