Lausitzer Rundschau: Zündstoff Altersarmut
Bundesregierung startet "Rentendialog"
Geschrieben am 06-09-2011 |
Cottbus (ots) - Der ostdeutsche Eckrentner ist gut dran. Er bringt
es auf 45 Versicherungsjahre, hat in dieser Zeit immer
durchschnittlich verdient und es so auf eine Rente von aktuell
1096,65 Euro gebracht. Dumm nur, dass der Eckrentner lediglich in der
Statistik lebt. Im wahren Leben kommen lückenlose Erwerbsbiografien
immer seltener vor. Lehre oder Studium, kleiner Einstiegslohn,
Arbeitslosigkeit, irgendwann vielleicht auch Selbstständigkeit -
solche "unsteten" Lebensverläufe werden weiter zunehmen. Nur das
deutsche Rentensystem ist für den immer flexibleren Arbeitsmarkt
einfach nicht gemacht. Noch handelt es sich eher um ein Randproblem.
Nur etwa 400 000 Rentner beziehen heute die staatliche
Grundsicherung, also Hartz IV im Alter. Das sind etwas über zwei
Prozent aller Senioren. Doch was heute scheinbar zu vernachlässigen
ist, wird sich spätestens in zehn oder 15 Jahren in ein handfestes
Problem verwandelt haben, wenn Politik nicht wirkungsvoll
gegensteuert. Eine OECD-Vertreterin hat es am Dienstag auf den Punkt
gebracht: "Deutschland gehört international zu den Schlusslichtern
bei der Alterssicherung von Geringverdienern." Denn, so ihre
Begründung, die strikte Bindung der Rentenleistung an die Beiträge
führe dazu, dass Menschen selbst bei lebenslanger Arbeit, aber nur
mäßigem Verdienst im Alter armutsgefährdet seien. Dieser ernüchternde
Befund sollte zum Maßstab für umfassende Lösungen werden, wenn
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen am heutigen Mittwoch ihren
"Rentendialog" mit Gewerkschaften, Verbänden und Fachleuten startet.
Aber nach allem, was vorab zu hören war, dominiert eher das kleine
politische Karo. Ausgangspunkt der Überlegungen ist offenbar eine
Kostenobergrenze, die kaum mehr als kosmetische Veränderungen im
Rentenrecht zur Folge haben dürfte. Eine Aufstockung niedriger
Renten, wie sie bereits bis 1992 als "Rente nach Mindesteinkommen"
für langjährig Versicherte im Gesetzblatt stand, zeichnet sich
genauso wenig ab wie eine durchgreifende Reform bei den
Erwerbsminderungsrenten, deren Zahlbeträge in den vergangenen Jahren
dramatisch gesunken sind. Dafür sollen aber die Zuverdienstgrenzen
für Frührentner deutlich ausgeweitet werden. Ob sich so Altersarmut
bekämpfen lässt, steht dahin. Im Kern gehört das gesamte Rentensystem
auf den Prüfstand. Dazu zählt die Frage, ob es wirklich sinnvoll ist,
dass der Rentenbeitrag bei einem bestimmten Finanzpolster in der
Rentenkasse automatisch gesenkt werden muss. Diese Regelung gibt es
in keinem anderen Sozialversicherungszweig. Mehr Mittel würden den
Spielraum zur Bekämpfung von Niedrigrenten vergrößern. In diesem
Zusammenhang wäre auch ein Blick über die Landesgrenzen lohnenswert.
In der Schweiz zum Beispiel gibt es keine Beitragsbemessungsgrenze
für Besserverdiener, aber eine Maximalrente. Das ermöglicht eine
soziale Umverteilung im System. Politisch wäre so etwas sicher eine
Herkulesaufgabe. Wer grundlegende Veränderungen scheut, sollte
allerdings bedenken, dass damit letztlich die Akzeptanz der
gesetzlichen Rentenversicherung auf dem Spiel steht. Einem
Niedriglöhner, der immer Vollzeit gearbeitet hat, ist es jedenfalls
kaum zu vermitteln, warum er in die Rentenkasse einzahlt, um bei
seinen Altersbezügen am Ende doch nur auf Hartz-IV-Niveau zu landen.
Im politischen "Rentendialog" steckt zweifellos ein Menge Zündstoff.
Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau
Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de
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