Gemeinsamer Aufruf der wichtigsten Wirtschaftsverbände Deutschlands, Frankreichs und Italiens
Geschrieben am 08-10-2011 |
Berlin (ots) - Gemeinsamer Aufruf der wichtigsten
Wirtschaftsverbände Deutschlands, Frankreichs und Italiens
- Politische und wirtschaftliche Integration durch neuen
EU-Vertrag vertiefen
- Anstrengungen für Reformen und Haushaltkonsolidierung stärken
- Stabilitätsmechanismus zu politisch unabhängigem Fonds
weiterentwickeln
61/2011
8. Oktober 2011
Die drei wichtigsten Unternehmensverbände der Eurozone fordern in
einem gemeinsamen Aufruf einen neuen EU-Vertrag, um die politische
und wirtschaftliche Integration Europas weiterzuentwickeln. "Wenn
Europa seinen Anspruch, Politik auf globaler Ebene zu gestalten,
wahren will, so kann dies nur auf dem Weg eines kontinuierlichen
Fortschritts hin zu einer politischen Union erreicht werden."
Unterzeichnet haben den Aufruf Hans-Peter Keitel, Präsident des
Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Emma Marcegaglia,
Präsidentin des italienischen Unternehmensverband Confindustria, und
Laurence Parisot, Präsidentin des französischen Unternehmensverbands
Mouvement des entreprises de France (Medef).
Die Präsidenten rufen die Politik dazu auf, den Europäischen
Stabilitätsmechanismus (ESM) zu einem politisch unabhängigen Fonds
weiterzuentwickeln. Dieser Fonds müsse als letztes Mittel ein
Verfahren zur Umschuldung vorsehen. Zwingend notwendige Voraussetzung
für jegliche Hilfszahlung aus dem Fonds müsse eine äußerst
transparente Analyse der Schuldentragfähigkeit sein.
Zudem fordern die Spitzenverbände stärkere Reformbemühungen und
Haushaltskonsolidierung in allen Mitgliedstaaten. "Mitgliedstaaten
müssen ihre Reformprogramme an den Besten und nicht am Durchschnitt
orientieren", heißt es in dem Aufruf. Darüber hinaus müsse die
Politik für eine angemessene Kapitalausstattung der europäischen
Banken zu sorgen.
Den gemeinsamen Aufruf finden Sie unter: http://www.bdi.eu/Stabili
taets-und-Wachstumspakt_Gemeinsamer-Aufruf-zu-einer-tieferen-europaei
schen-Integration.htm
_______________
Aufruf zu einer tieferen europäischen Integration Wir, die
Präsidenten der drei größten Unternehmensverbände der Eurozone und
Mitglieder der B20, erklären hiermit unsere umfassende Unterstützung
für eine tiefere europäische Integration. Mit ihrem Binnenmarkt und
ihrer starken und stabilen Währung bildet die Europäische Union eine
wesentliche Grundlage für Wohlstand und eine wirtschaftliche
Führungsrolle. Die europäische Wirtschaftsintegration hat es unseren
Unternehmen ermöglicht, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu
verbessern und so einen höheren Lebensstandard der Unionsbürger sowie
mehr und bessere Arbeitsplätze zu schaffen. Deshalb haben europäische
Unternehmen das größte Interesse daran, den Euro zu erhalten und die
Fortsetzung der Bemühungen in Richtung hin zu einer weiteren
politischen und wirtschaftlichen Integration zu unterstützen. 1. Wir
brauchen solide öffentliche Haushalte und eine wettbewerbsfähige
Wirtschaft Die tiefe Vertrauenskrise auf den internationalen
Finanzmärkten hat ihre Ursachen nicht nur in Europa und der Eurozone,
aber zweifellos auch dort. Vor diesem Hintergrund muss Europa jetzt
entschlossen Vertrauen wiederherstellen. Das Europa von morgen muss
auf den Prinzipien von Freiheit und Vielfalt, Stabilität und
Zusammenhalt sowie Wettbewerb und Solidarität basieren. Sowohl durch
den Entwurf eines finanziellen Sicherheitsnetzes wie durch
Fortschritte hin zu einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik muss
sichergestellt werden, dass die Europäische Union ein wirksames
Regelwerk für solide öffentliche Haushalte und eine wettbewerbsfähige
Wirtschaft schafft. 2. Wir brauchen das Engagement der Politik
Deshalb rufen wir die europäischen Institutionen, die Regierungen und
die nationalen Parlamente auf, ihre Aufgaben mit Entschlossenheit und
Nachdruck anzugehen. Zunächst müssen die bereits vorliegenden
Vorschläge zügig umgesetzt werden: das sogenannte Sixpack,
das den Stabilitäts- und Wachstumspakt stärkt und auf die Einführung
eines neuen Systems der makroökonomischen Überwachung innerhalb
Europas zielt; die Beschlüsse zur Sicherstellung der
Effektivität und Effizienz der Europäischen
Finanzstabilisierungsfazilität (ESFS) und des Europäischen
Stabilitätsmechanismus (ESM), die am 21. Juli vom Rat der
Europäischen Union gefasst worden sind.
Darüber hinaus müssen Länder wachstumsfördernde Strukturreformen
durchführen, um die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Volkswirtschaften zu
verbessern. Mitgliedstaaten müssen ihre Reformprogramme an den Besten
und nicht am Durchschnitt orientieren, um mit den USA, China und
anderen aufstrebenden Volkswirtschaften konkurrieren zu können.
Politische Entscheidungsträger müssen als Grundvoraussetzung für die
Lösung der derzeitigen Krise das Problem einer angemessenen
Kapitalausstattung der europäischen Banken angehen. All diese
Entscheidungen gehören zusammen. Sie setzen eine finanzielle und
haushaltspolitische Anstrengung von allen voraus und erfordern Mut
und politischen Willen. Der Erfolg wird von der Entschlossenheit und
der Fähigkeit jedes betroffenen Landes abhängen, diese Maßnahmen
unbedingt und ohne Ausnahme zu verabschieden und umzusetzen. 3. Wir
brauchen ein stärkeres Europa Gleichwohl stellen die bisher
vorgesehenen Maßnahmen nicht den Quantensprung dar, der notwendig
ist, die derzeitigen Probleme und Mängel in der Eurozone zu
überwinden. Um den Grundstein für ein prosperierendes und politisch
starkes Europa des 21. Jahrhunderts zu legen, rufen wir die
Europäische Union auf, als Schritt zu einer engeren
politischen und wirtschaftlichen Union die Arbeit an einem neuen
Vertrag aufzunehmen; dieser Vertrag muss den ESM zu einem
unabhängigen Fonds weiterentwickeln, der auf der Grundlage klarer und
transparenter Regeln arbeitet und Hilfen unter strengen Auflagen
gewährt. Neben dem Ziel eines ausgeglichenen Haushalts orientiert
sich das vom Fonds vorgeschlagene Reformprogramm vor allem an
wachstumsfördernden Strukturreformen; um die Effektivität
des Programms zu verbessern, sollten Kommission und Europäische
Investitionsbank (EIB) die Synergien zwischen den Förderprogrammen
und EU-Fonds verstärken, u. a. durch eine Erhöhung der
Kofinanzierungsrate; eine absolut notwendige Voraussetzung
für jegliche Hilfszahlung aus dem Fonds ist eine
Schuldentragfähigkeitsanalyse, die in transparenter Weise und unter
Beteiligung der EZB durchgeführt werden muss. Bei Anwendung eines
Hilfsprogramms muss vor der Auszahlung jeder neuen Tranche überprüft
werden, ob die vereinbarten Bedingungen eingehalten werden und ob die
Fähigkeit zur Schuldenrückzahlung weiterhin gegeben ist.
dieser Fonds muss als letztes Mittel auch ein entsprechendes
Verfahren zur Umschuldung beinhalten. Aus dem Blickwinkel der
Realwirtschaft gibt es absolut keinen Grund für eine erneute Rückkehr
in die Krise. Die globale Realwirtschaft ist intakt. Viele
europäische Unternehmen sind auf ihrem Gebiet weltweit führend. Die
Weltwirtschaft bietet weiterhin reichlich Chancen und Perspektiven.
Die politischen und wirtschaftlichen Gewichte in der Welt verschieben
sich mit ungeheurer Geschwindigkeit. Es ist wichtig, das
wirtschaftliche und politische Gewicht Europas in einer Welt
sicherzustellen, die sich in zunehmendem Tempo verändert. Vor allem
die bevölkerungsreichen Schwellenländer werden in sehr naher Zukunft
zu globalen Schwergewichten heranwachsen. Wirtschaftliche Stärke
bedeutet politische Stärke. Wenn ein in zahlreiche Einzelstaaten
zersplittertes Europa angesichts dieser Entwicklungen seine
wirtschaftliche Position aufrechterhalten und seinen Anspruch,
Politik auf globaler Ebene zu gestalten, wahren will, so kann dies
nur auf dem Wege eines kontinuierlichen Fortschritts hin zu einer
politischen Union erreicht werden. Die Achtung des
Subsidiaritätsprinzips, das Bekenntnis zu Vielfalt und Wettbewerb
ebenso wie die Anerkennung der kulturellen Eigenarten der
Mitgliedstaaten und Regionen in Europa stehen diesem Ziel nicht
entgegen - im Gegenteil, sie sind Bestandteil der Stärke Europas.
Der BDI hat investitionsagenda.de gestartet, damit wieder mehr in
Deutschlands Zukunft investiert wird. Nur mehr Investitionen schaffen
neues Wachstum, neue Beschäftigung und neue Aufstiegschancen. Mehr
auf www.investitionsagenda.de.
Pressekontakt:
BDI Bundesverband der Dt. Industrie
Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Breite Straße 29
10178 Berlin
Tel.: 030 20 28 1450
Fax: 030 20 28 2450
Email: presse@bdi.eu
Internet: http://www.bdi.eu
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