"Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern das Weitertragen der Glut!"/ Annette Roeckl (Roeckl Handschuhe & Accessoires) über Chancen und Herausforderungen bei einer Unternehmensnachfolge
Geschrieben am 17-10-2011 |
Berlin/Potsdam (ots) - Annette Roeckl leitet seit 2003 als erste
Frau in sechster Generation das Unternehmen Roeckl Handschuhe &
Accessoires GmbH & Co.KG als geschäftsführende Gesellschafterin. Das
Münchner Familienunternehmen Roeckl steht für Handwerkskunst bei der
Herstellung von Handschuhen und Accessoires: Aus bis zu 24
Einzelteilen werden die Modelle gefertigt und von Hand genäht.
Dadurch sitzt ein Handschuh von Roeckl wie eine zweite Haut. 1839 von
Jacob Roeckl als Handwerksbetrieb nebst Ladengeschäft gegründet wuchs
die Firma in den folgenden Jahrzehnten zu einem erfolgreichen
Unternehmen: 1873 war Roeckl "Königlich Bayerischer Hoflieferant" und
belieferte neben Bayerns König Ludwig II. auch die österreichische
Kaiserin Elisabeth ("Sissi") mit seinen Produkten. Heute ist Roeckl
europäischer Marktführer und beschäftigt rund 300 Mitarbeiter in
Deutschland und im europäischen Ausland. Annette Roeckl erzählt von
ihren unternehmerischen Erfahrungen im Forum zum Thema
Unternehmensnachfolge auf den Deutschen Gründer- und Unternehmertagen
(deGUT) am 21.10.2011 ab 10.30 Uhr sowie im Filmporträt auf
www.degut.de
Annette Roeckls Weg ins Unternehmen
Es war für Annette Roeckl nicht von Anfang an klar, dass sie das
Unternehmen einmal übernehmen würde. Im Gegenteil: "Es gab durchaus
Phasen in meiner Jugend, in denen ich nichts mit dem Unternehmen zu
tun haben wollte." Bis zum Alter von 20 Jahren trug sie aus Prinzip
keine Handschuhe: "Als Jugendliche hatten Handschuhe eine eher
polarisierende Wirkung auf mich. Handschuhe standen für meine
Familie, für die Tradition und waren für mich in manchen Zeiten wie
ein Korsett, in dem ich nicht stecken wollte", so die Unternehmerin.
Heute geht sie "ohne" gar nicht mehr aus dem Haus, Handschuhe sind
für sie ein täglicher und wichtiger Begleiter. Es waren die äußeren
Umstände, die ihren Weg ins Unternehmen ebneten: Mit 21 Jahren wurde
sie Mutter, hatte keine Berufsausbildung und fing daher aus
pragmatischen Gründen eine Ausbildung zur Handelsfachwirtin bei
Roeckl an. In dieser Zeit entdeckte sie ihre Liebe zu Handschuhen und
zur Marke und fasste den Entschluss, das Unternehmen in die Zukunft
führen zu wollen. Roeckl: "Ich merkte plötzlich: Tradition ist etwas
Spannendes, gar nichts Verstaubtes."
Die Planung der Nachfolge
Als klar war, dass neben Annette auch ihr Bruder Stefan die
Nachfolge antreten will, teilte ihr Vater die Firma in zwei
voneinander unabhängige Unternehmen auf: Stefan Roeckl übernahm
"Roeckl Sport" und Annette Roeckl führt "Roeckl Handschuhe und
Accessoires" bis heute eigenverantwortlich. Im Rückblick ist Annette
Roeckl froh über diese Aufteilung: "Es war kein einfacher Weg, ein
erfolgreiches, gewachsenes Unternehmen zu trennen und zwei
Erfolgsmodelle daraus zu entwickeln. Aber rückblickend erwies sich
diese Entscheidung als sehr weise." Ihr Vater habe das Unternehmen
sehr konsequent übergeben und sich sehr konsequent aus dem operativen
Geschäft zurückgezogen. Trotz dieser Konsequenz verlief die Übergabe
des Unternehmens nicht abrupt, sondern organisch. Auf Wunsch der
Tochter betreute ihr Vater z. B. noch eine Weile den Ledereinkauf:
"Das hat mir sehr geholfen und hat ihm gleichzeitig den Ausklang aus
dem Unternehmen erleichtert", erzählt Annette Roeckl. "Wir haben uns
in diesem Bereich auch Coaches und Berater hinzugezogen - das würde
ich auch jedem Unternehmensnachfolger dringend empfehlen: Zum einen
die Thematik in der Familie ansprechen und zum anderen auch externe
Expertise in den Übergabeprozess zu integrieren." Und noch einen
weiteren Tipp möchte die deGUT-Repräsentantin gern weitergeben: "Ich
kann jedem Nachfolger nur raten: Treffen Sie Ihre Entscheidungen aus
tiefster Überzeugung, seien Sie sich Ihrer neuen Herausforderung
bewusst und bringen Sie eine große Portion Leidenschaft mit!"
Hürden bei der Übernahme
Obwohl die Übergabe gut organisiert war, hatte es Annette Roeckl
nicht immer leicht: "Als ich das Unternehmen von meinem Vater
übernommen habe, stand mein Vater als Garant für stabiles
Unternehmertum. Da kommt dann auf einmal eine junge Nachfolgerin als
ein unbeschriebenes Blatt. Ich habe gerade bei externen
Geschäftspartnern eine gewisse Skepsis gespürt, die ich durchaus als
angespannte Situation empfunden habe." Auf ihr lastete auf einmal
eine große Verantwortung, das Familienunternehmen in die Zukunft zu
führen. Sicherlich traf sie auch das ein oder andere Mal eine
Entscheidung, die sich im Laufe der Jahre als falsch erwies. Annette
Roeckl sieht dies aber gelassen, denn: "Wenn ich die Entscheidung
nicht treffe, wird sie auch nicht getroffen; wenn ich keine
Weichenstellung vornehme, erfolgt auch einfach keine. Schwierigkeiten
und Krisen sind immer auch Aufforderungen, die Warnung darin zu
erkennen, dass ich irgendetwas falsch mache."
Zukunftsvisionen
Annette Roeckl ist es wichtig, Tradition und Moderne zu verbinden:
"Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern das Weitertragen
der Glut." Sie setzte auf Internationalisierung und erweiterte die
Produktpalette - neben Lederhandschuhen, Seidentüchern und
Strickaccessoires bietet Roeckl seit drei Jahren auch eine eigene
Taschenkollektion. Diesem Weg möchte sie auch weiterhin treu bleiben.
Lederhandschuhe bleiben Roeckls Kernkompetenz, die Produktpalette
wird aber immer mit spannenden Neuerungen erweitert werden. Wie z. B.
mit einem Handschuh, mit dem man Touchscreens bedienen kann: Das
Unternehmen hat ein Patent entwickelt, mit dem die Leitfähigkeit der
Haut auch durch ein warmes Kaschmirfutter an die Außenseite der
Handschuhe gebracht wird und so ein Display auch bei niedrigen
Temperaturen mit warmen Händen bedient werden kann.
Über die deGUT:
Die 27. deGUT findet am 21. und 22.10.2011 im Hangar 2 des
Flughafen Tempelhof in Berlin statt. Mit rund 6000 Teilnehmern/innen
und über 120 Ausstellern aus ganz Deutschland und einem
umfangreichen, kostenlosen Seminar- und Workshopprogramm ist die
deGUT eine der wichtigsten Messen rund um das Thema Existenzgründung
und Unternehmertum. Experten und Berater von Banken,
Wirtschaftsverbänden, Kammern und anderen Institutionen sowie
erfolgreiche Unternehmer/innen informieren über alles, was man bei
einem Start in die Selbstständigkeit wissen muss. Aber auch
Unternehmen, die sich bereits etabliert haben, erfahren auf der deGUT
viel Wissenswertes zu Themen wie Marketing, Verkauf, Recht oder
Personal.
Seit 2008 wird die deGUT von der Investitionsbank Berlin (IBB) und
der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) veranstaltet.
Gefördert wird die Messe von der Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Technologie und Frauen des Landes Berlin und dem Ministerium für
Wirtschaft und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg aus
Mitteln der Länder und des Europäischen Fonds für regionale
Entwicklung (EFRE). Schirmherr ist der Bundesminister für Wirtschaft
und Technologie, Dr. Philipp Rösler.
Pressekontakt:
deGUT-Pressebüro
Kornelia Kostetzko
Friedrich-Ebert-Straße 91
14467 Potsdam
Tel.: 0331/231890-21
E-Mail: presse@deGUT.de
www.deGUT.de
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