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Europa: Anleihen oder Aktien?

Geschrieben am 07-11-2011

Frankfurt am Main (ots) - Die Finanzmärkte in Europa sind
weiterhin äußerst volatil, und die Stimmungsumschwünge fallen
ungewöhnlich stark aus. Aktiven Anlegern - einschließlich Hedgefonds
- fällt es schwer, diese vor allem auf politische Entscheidungen und
nicht auf Fundamentaldaten der Unternehmen zurückzuführenden
Stimmungsschwankungen richtig einzuschätzen. Im Zusammenhang mit der
derzeitigen Krise überrascht vor allem die Tatsache, dass die Anleger
an den Rentenmärkten mehr Eurostress einzupreisen scheinen als
Anleger an den Aktienmärkten. Ist dies gerechtfertigt?

Der Oktober war ein äußerst guter Monat für die europäischen
Aktienmärkte, die durch Hoffnungen auf eine Lösung der Eurokrise
sowie besser als erwartete Daten und Unternehmensgewinne in den USA
beflügelt wurden. Gleichzeitig verlief die Berichtssaison in Europa
jedoch enttäuschend, und die Renditen für Anleihen der südlichen
Euroländer blieben hoch, was darauf hindeutet, dass die Anleger an
den Rentenmärkten weiterhin relativ vorsichtig waren.

Dieses uneinheitliche Verhalten hat zu einigen merkwürdigen
Anomalien geführt. Die Renditen für Staatsanleihen stiegen in
Südeuropa auf (über) 6% an, wohingegen sie in Nordeuropa auf 2%
zurückgingen. Dagegen schnitten die Aktienmärkte in den südlichen
Ländern in diesem Jahr nicht schlechter ab als in den nördlichen; die
einzige Ausnahme ist Griechenland, wo die Aktienkurse einbrachen.
Diese mangelnde Differenzierung seitens der Aktienanleger ergibt bei
wirklich internationalen Unternehmen durchaus Sinn, weil dort das
Land, in dem das Unternehmen seinen Hauptsitz hat, von geringerer
Bedeutung ist. Für auf die Binnenwirtschaft ausgerichtete Unternehmen
trifft dies jedoch sehr viel weniger zu.

Ein Beispiel: Ein deutsches oder niederländisches
Telekommunikationsunternehmen bietet den Anlegern derzeit eine
Dividendenrendite, die vier Mal so hoch ist wie die Rendite von
deutschen oder niederländischen Anleihen. Die Dividendenrendite eines
italienischen oder spanischen Telekommunikationsunternehmens liegt
dagegen nur leicht über der Rendite von Staatsanleihen dieser Länder.
Dies ist selbst dann bemerkenswert, wenn man in Rechnung stellt, dass
die letztgenannten Unternehmen auch in Lateinamerika aktiv sind.
Denselben Nord-Süd-Vergleich kann man auch für Versorger und andere
auf die Binnenwirtschaft ausgerichtete Unternehmen durchführen und
kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. In anderen Worten: In den
nördlichen Ländern profitieren die Anleger stärker von den mit Aktien
verknüpften, höheren Risiken als in den südlichen Ländern -
jedenfalls im Vergleich zu den Renditen der jeweiligen
Staatsanleihen.

Außerdem müssen sich die Anleger darüber im Klaren sein, dass das
Risiko einer Steuererhöhung, die Unternehmen mit hohen Barbeständen
treffen dürfte, angesichts des großen Liquiditätsbedarfs der
Regierungen im Süden wahrscheinlich höher ist als im Norden.
Schließlich stehen diese Regierungen zunehmend unter Druck, ihre
Haushalte ausgleichen zu müssen, und nach zwei gewinnträchtigen
Jahren können die Unternehmen allgemein gesprochen besser als
Finanzierungsquelle dienen als die Bevölkerung.

Welche Schlüsse können die Anleger daraus ziehen?

Mit Blick auf Europa ist festzustellen, dass der Euroraum nur dann
fortbestehen kann, wenn die Renditen von Staatsanleihen in Ländern
wie Italien und Spanien auf dem derzeitigen Niveau verharren oder
darunter fallen. Diese Länder können schlicht nicht für längere Zeit
mit einem sehr viel höheren Renditeniveau umgehen. Wenn man also
davon ausgeht, dass der Euroraum eine Zukunft hat, erscheinen
Staatsanleihen dieser Länder als attraktive Anlagemöglichkeit -
jedenfalls im Vergleich zu den dortigen Aktienmärkten. In den
nördlichen Ländern spricht dagegen mehr für Aktien, sofern wir davon
ausgehen, dass wir nur mit einer leichten Rezession konfrontiert
sind.

Mit Blick auf die Welt insgesamt scheinen Staatsanleihen kein sehr
attraktives Risiko-Rendite-Profil zu bieten, selbst wenn wir davon
ausgehen, dass die Zinsen noch längere Zeit niedrig bleiben. Die
Anleger werden daher weiter nach höheren Renditen in riskanteren
Assetklassen suchen. Derzeit halten wir Unternehmensanleihen und
Staatsanleihen von Schwellenländern für attraktiver als die globalen
Aktienmärkte.

- Ende -



Pressekontakt:
Birgit Stocker

-Head of PR D/A/CH-

ING Investment Management

Westhafenplatz 1

60327 Frankfurt am Main, Germany

T +49 69 50 95 49-15, F +49 69 50 95 49-31

E birgit.stocker@ingim.com

W www.ingim.de


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