Westdeutsche Zeitung: GSG-9-Einsatz für die Außenwirkung
Ein Kommentar von Horst Kuhnes
Geschrieben am 24-11-2011 |
Düsseldorf (ots) - Angesichts der Mordserie von rechtsextremen
Terroristen in Deutschland wirft ein Großteil der Deutschen den
staatlichen Organen vor, Umtriebe von Neonazis nur unzureichend zu
bekämpfen. In einer Umfrage für den "Stern" waren jetzt 74 Prozent
der Befragten dieser Ansicht. Vernichtend ist auch das Urteil der
Bürger über die Arbeit des Verfassungsschutzes: Nahezu zwei Drittel
(64 Prozent) der Bürger sagten in der Umfrage, sie hätten kaum oder
gar kein Vertrauen in die Behörde.
Und in der Tat: Zwei Wochen nach Bekanntwerden der schlimmsten
politischen Gewaltserie der letzten Jahrzehnte haben sich die
Sicherheitsdienste nicht vom Verdacht befreien können, sie seien auf
dem rechten Auge zumindest teilweise blind. Auch an der Qualität der
Arbeit der Sicherheitsbehörden werden immer öfter Zweifel laut.
Den jüngsten Auslöser für solche Zweifel lieferte ausgerechnet der
Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke. Mit seiner offensichtlich
voreiligen und seit gestern wieder relativierten Aussage, der Mord an
der Polizistin Michèle Kiesewetter sei möglicherweise doch kein
Zufall gewesen, hat der bislang als besonnen und umsichtig geltende
Ziercke seiner Behörde einen Bärendienst erwiesen. Wie es zu dem
peinlichen Vorgang kam, bleibt unklar: Gab es Übermittlungsfehler
innerhalb des BKA? Erlag Ziercke dem Druck, neue Erkenntnisse
präsentieren zu müssen? Geschenkt, denn im allgemeinen Gedächtnis
wird hängen bleiben, dass Deutschlands wichtigster Polizist in dieser
heiklen Sache eine mutmaßlich nicht haltbare These vertreten hat.
Mit jeder neu bekannt gewordenen Panne sehen sich die
Sicherheitsbehörden immer stärkerem Druck ausgesetzt. Aus diesem
Blickwinkel ist die Festnahme von André E., der für das Terror-Trio
am Computer das menschenverachtende Video gebastelt hatte, ein
regelrechtes Geschenk.
Mit der Festnahme-Aktion kann endlich gezeigt werden: Wir tun was,
und wir tun es mit aller Macht. Denn warum sonst hat ausgerechnet die
GSG 9, die Elite-Einheit der Bundespolizei, die seit Mogadischu 1977
einen fast legendären Ruf genießt, diesen Zugriff durchgeführt, für
den normalerweise ein mobiles Einsatzkommando mehr als ausreichend
gewesen wäre?
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