DER STANDARD - Kommentar: "Erst Merkel, dann Strache" von Nina
Weißensteiner
Geschrieben am 15-12-2011 |
ÖVP und SCHULDENBREMSE // Ausgabe vom 16.12.2011
Wien (ots) - Bei der anstehenden Schuldenbremse treibt man keine
Spielchen! Wovor Michael Spindelegger im Parlament die anderen
Parteien mit erhobenem Zeigefinger warnte, sollte der ÖVP-Obmann am
besten selbst beherzigen. Ausgerechnet mit dem prononciertesten aller
EU-Gegner will er nun ein Demokratiepaket schnüren, damit der blaue
Chef der von Brüssel geforderten Schuldenbremse zustimmt.
Genauso gut könnte man mit einem Ausländerfeind einen
Integrationsplan erarbeiten, mit einem Frauenhasser einen
Gleichberechtigungspakt schließen oder mit dem Papst einen
Aufklärungskoffer zusammenstellen. Zur Erinnerung: Heinz-Christian
Strache will sämtliche Zahlungen für finanzmarode EU-Staaten stoppen.
Strache will Pleiteländer lieber heute als morgen aus der Union
haben. Und Strache würde am liebsten überhaupt alles, was derzeit in
Brüssel beschlossen wird, zu Hause mithilfe von Volksabstimmungen für
null und nichtig erklären.
Mit der FPÖ über U-Ausschüsse oder Transparenzregeln zu verhandeln
ist etwas anderes, als mit ihr in Fragen der Union gemeinsame Sache
zu machen. So hält es gerade die SPÖ, die neuerdings ihr ramponiertes
Image in EU-Belangen aufpolieren will. Zu Recht.
Und was macht die ÖVP? In ihrem erbitterten Kampf gegen
Vermögenssteuern kommen die Bürgerlichen jetzt plötzlich den
Freiheitlichen mehr als nötig entgegen - wohl um Sozialdemokraten und
Grünen, beide Anhänger von Reichensteuern, zu zeigen, wer hier immer
noch das Sagen hat und im Finanzministerium sitzt.
Was Michael Spindelegger dabei außer Acht lässt: Ein wichtiges Asset
seiner Partei, der stets kompromisslose proeuropäische Kurs, verkommt
damit zur Farce. Nicht ohne Stolz betont der Vizekanzler und
Außenminister in diesen Tagen ständig, mit den EU-Spitzen
höchstpersönlich über Auswege aus der großen Krise zu parlieren. Wie
geht das zusammen: Heute mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel
Hände schütteln - und morgen dann mit Strache Möglichkeiten
auspackeln, um mehr Volksabstimmungen abzuhalten? Ein solches
Plebiszit hätte für den Mann doch als allererstes Ziel, die mühsam
erstellten Rettungsschirme zu zerfleddern.
Spindeleggers Vorgehen wirkt weder besonders schlau noch durchdacht.
Mit dem schwarzen Alleingang setzt er sein hohes Gut, die
Glaubwürdigkeit, aufs Spiel.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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