Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Dreikönigstreffen der Liberalen
Röslers letzte Chance
ALEXANDRA JACOBSON, STUTTGART
Geschrieben am 05-01-2012 |
Bielefeld (ots) - Der FDP-Parteivorsitzende Philipp Rösler
schwankt und wankt. Der designierte Generalsekretär Patrick Döring,
der den Chef stützen und preisen müsste, spricht ihm gar den
Kampfgeist ab und hält ihn für einen "Wegmoderierer", was sich
wirklich nicht nach einem Kompliment anhört. Als ob die FDP nicht
genügend Probleme hätte, fallen die führenden Freidemokraten auch
noch übereinander her. Mittlerweise würden gerade noch zwei Prozent
die FDP wählen. Als einziger Anker der Verlässlichkeit in dieser
stürmischen See erscheint wieder einmal der Senior Rainer Brüderle,
der beim Dreikönigstreffen in Stuttgart hymnisch gefeiert wird. Mit
seinen Aufrufen zu klarer Kante, Kurshalten und den heftigen
Angriffen auf Rotgrün bedient der Pfälzer die Sehnsucht nach alten
Gewissheiten. Doch an der Basis wissen die Klügsten, dass selbst ein
Brüderle kein Patentrezept zur Rettung der Liberalen besitzt. Ein
bloßer Austausch von Personen reicht nicht, um die Misere der FDP zu
beenden. Neue liberale Ideen sind gefragt. In einer Zeit, in der die
politische Handlungsfähigkeit durch unregulierte Finanzmärkte und
ausufernde Staatsverschuldung in Gefahr geraten ist, müsste die
liberale Programmatik teilweise neu buchstabiert werden. Doch noch
ist es nur eine Minderheit in der FDP, die inhaltlich Neues wagen
will. Es wäre die Aufgabe des FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler, den
Übergang in eine neue liberale Ära zu organisieren. Er sollte den
verunsicherten Freidemokraten die Angst vor neuen Gedankengängen
nehmen und spannende inhaltliche Perspektiven weisen. Rösler muss die
Kernfrage beantworten, wozu es heutzutage noch die FDP geben muss -
jenseits von Ideologie, von Steuersenkungsphantasien und
Klientelpolitik. Wenn ihm das gelingt, hat er eine Chance. Wenn
nicht, wird die FDP weiter in die Bedeutungslosigkeit absteigen.
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