Lausitzer Rundschau: Das Unwort
"Döner-Mord" - Effekthascherei geht oft vor Nachdenklichkeit
Geschrieben am 17-01-2012 |
Cottbus (ots) - Über Jahre mordete eine neonazistische
Terrorgruppe im rassistischen Wahn Ausländer vornehmlich türkischer
Herkunft. Der Fall braucht einen Namen. Es dauert nicht lange, da ist
der Begriff "Döner-Mord" in der Welt. Am gestrigen Dienstag wurde er
zum Unwort des Jahres gewählt. Ein gute Wahl für ein schlechtes Wort,
das es in diesem Zusammenhang gar nicht geben dürfte. Die Bezeichnung
von Menschen mit Namen, die offenkundig nicht zu ihnen passen, muss
nicht beleidigend sein. Sagt beispielsweise ein junger Mann zu einem
anderen Jungen "Hey, Alter", dann meint er nicht: "Du siehst 30 Jahre
älter aus, als du bist." Sagt er aber mit aggressiver Stimme "alter
Drecksack", ist die Kumpelhaftigkeit dahin. Im Fall des Wortes
"Döner-Mord" liegt der Fall deutlich schlimmer. Die Mord-Opfer werden
mit Dönern verglichen. Döner werden verzehrt. Die Opfer wurden
erschossen. Begriffe wie "Döner-Mord" haben oberflächlich betrachtet
einen gewissen Reiz, weil sie schnell über die Lippen gehen und
irgendwie witzig klingen. Etwas tiefer nachgedacht, zeugt der Begriff
aber von einer bestenfalls zynischen, schlimmstenfalls rassistischen
Weltsicht. Und so dürften vor allem Rechtsextremisten an der
Verwendung des Begriffs ihre Freude gehabt haben. "Waren doch nur
Döner..." Ist ja nur ein Wort, ließe sich einwenden, aber Wörter sind
starke Waffen - stärker als Feuer und Stahl. Wörter bewegen, öffnen
die Augen oder verschleiern die Wirklichkeit. Wörter stimulieren Neid
und Stolz, Liebe und Hass, Geiz und Großmut. Sie ermuntern zu
Freiheit und Toleranz, aber sie sind auch geeignet, dumpfe Instinkte
anzusprechen und rassistisches Gedankengut zu übertragen. Dennoch -
nicht jedem, der das Unwort verwendet, lässt sich Rassismus
unterstellen. Zuweilen ist der sorglose Umgang mit der Sprache
einfach nur das Ergebnis von Naivität oder Effekthascherei. Wir leben
in einer schnelllebigen Zeit, in der schnelle Effekte viel zählen,
Geist und Hintersinn eher unbeachtet bleiben. Wir lieben den Witz,
der schnell zündet, Nachdenklichkeit wird selten bemerkt, denn wenn
sie sich äußern will, knallt schon der nächste Gag ins Gespräch und
übertönt die zögerliche Wortwahl. Die Wahl des Unwortes schiebt eine
kleine Bremse in den Wettbewerb um den witzigsten Witz und den
aufsehenerregendsten Effekt. Eine kleine Bremse, die Sprache wieder
dorthin verschiebt, wo sie entstanden ist: in die Nachdenklichkeit.
Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau
Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de
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