DER STANDARD-KOMMENTAR "Erfolg mit Etikettenschwindel" von Gerald
John
Geschrieben am 13-02-2012 |
Die Pensionsreform birgt Härten und Versäumnisse, aber auch
eine Revolution - Ausgabe vom 14.2.2011
Wien (ots) - Feigen Klientelismus kann man der Koalition in dieser
Frage nicht vorwerfen. Pensionisten sind als verwöhnte Liebkinder der
heimischen Politik verschrien, doch nun müssen sie einen schweren
Brocken des Sparpakets schultern. Satte sieben Milliarden Euro sollen
aktuelle und künftige Ruheständlern stemmen.
Ist das nun die große Pensionsreform, die das notorisch niedrige
Antrittsalter endlich hinaufschnalzt? Für die lukrativste Maßnahme
wäre dieses Prädikat ein Etikettenschwindel. Den größte Batzen Geld
bringt der Staatskasse eine simple Leistungskürzung. Anders als
bisher im Gesetz festgeschrieben, bekommen Pensionisten die nächsten
zwei Jahre keinen vollen Teuerungsausgleich und verlieren somit
Kaufkraft. Das Pensionsalter steigt dadurch um keine Minute.
Die ärmsten Senioren sollen dank sozialer Staffelung zwar zu ihrer
Inflationsabgeltung kommen, doch schon die durchschnittliche
Alterspension beträgt nur magere 1110 Euro. Es gäbe viele besser
situierte Gruppen, die eine derartige Belastung leichter verkraften
könnten. Einbußen von zehn, zwanzig Euro im Monat mögen auf den
ersten Blick läppisch erscheinen, aber gemessen am Einkommen kostet
der Einschnitt einen Ruheständler mehr als die wild umkämpfte
Solidarabgabe einen Spitzenverdiener mit 250.000 Euro im Jahr - und
entgegen der landläufigen Meinung zahlen die Alten nicht zum ersten
Mal drauf. Schon das 2011 fixierte Aus für den Inflationsausgleich im
ersten Rentenjahr beschert Durchschnittspensionisten à la longue ein
Minus von tausenden Euro. Auch die nun besiegelten Einbußen schleppen
sie ein Leben lang mit.
Andere Maßnahmen können dem Einzelnen zwar ebenso wehtun, beinhalten
aber - die gestiegene Höchstbemessungsgrundlage ausgenommen -
sinnvolle Lenkungseffekte. Die verschärften Bedingungen für den
Zugang zur regulären Frühpension sind gerechtfertigt, um einen Anreiz
zu längerem Arbeiten zu geben. Das Gleiche gilt für diverse
Einschränkungen bei den Invaliditätspensionen und erst recht für den
Ausbau von Rehabilitation und Gesundheitsförderung. Auch dass marode
Werktätige unter 50 statt der Invalidenpension künftig ein
Krankengeld vom Arbeitsmarktservice bekommen, ist mehr als ein
Taschenspielertrick, der nur die Pensionsstatistik schönt. Immerhin
bleibt so die Chance, die Betroffenen wieder im Beruf unterzubringen.
Bis dahin kann man sie schwerlich ohne Geld auf die Straße setzen.
Allerdings wird der Kampf gegen die Frühpensionen nur erfolgreich
sein, wenn es genügend Jobs gibt - und da verabsäumt die Regierung
Entscheidendes, indem sie die Arbeitgeber weitgehend verschont. Zwar
gibt es künftig eine Kündigungspönale von 110 Euro, doch die bringt
bestenfalls ein Körberlgeld von Betrieben mit Auftragsschwankungen,
die Bedienstete auf Kosten der Allgemeinheit beim AMS parken. Kein
Unternehmer wird sich von dieser lächerlichen Strafe abhalten lassen,
ältere Arbeitnehmer hinauszudrängen.
Eine echte Revolution wäre hingegen das einheitliche Pensionskonto ab
2014. Gelingen die Vorhaben, können sich SPÖ und ÖVP trotz einiger
Versäumnisse und reiner Geldbeschaffungsaktionen einer beachtlichen -
und imagefördernden - Reform rühmen. Den Erfolg sollten die
Koalitionäre nicht zerreden, indem sie streiten, ob das Pensionsalter
nunmehr um 2,5 oder um vier Jahre steigen wird. Denn das grenzt an
Kaffeesudleserei.
Rückfragehinweis:
Der Standard
Tel.: (01) 531 70 DW 445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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