Westfalenpost: Kommentar zu Datenschutz in Zeiten der Selbstentblößung/Karlsruhe setzt Ermittlern Grenzen
Geschrieben am 24-02-2012 |
Hagen (ots) - Wieder einmal hat das Bundesverfassungsgericht den
Datenschutz gestärkt. Die Speicherung von Daten durch die Telefon-
und Internet-Anbieter zur Strafverfolgung ist erlaubt, der
unbegrenzte Zugriff der Ermittler auf diese Daten jedoch nicht. Das
Karlsruher Gericht bleibt damit sich und dem im Volkszählungsurteil
1983 aufgestellten Prinzip der informationellen Selbstbestimmung
treu. Und das ist gut so. Fragt sich nur: Interessiert der
Datenschutz die Nutzer überhaupt noch? Zeiten, in denen Millionen
Menschen in sozialen Netzwerken ihr ganzes Leben mehr oder weniger
öffentlich zur Schau stellen, Bilder und teils persönliche, intime
Details inklusive, lassen daran Zweifel aufkommen. Sage dabei
niemand, man könne ja die Zielgruppe selbst bestimmen, nur "Freunde"
an seinen Daten-Ergüssen teilhaben lassen. Dass etwa Facebook sein
Geld eben mit der Nutzung auch vertraulicher Daten verdient, diese
wie selbstverständlich kommerziell verwertet, dürfte inzwischen
selbst bei unbedarften Usern angekommen sein. Nur: die freiwillige
Selbstentblößung vieler führt nicht zum Recht des Staates, alle
Nutzer nackt zu sehen. Es passt im Übrigen ins Bild, dass sich gerade
die großen App-Anbieter in den USA zum freiwilligen (!) Datenschutz
bereiterklärt haben. Heißt das doch nur: Die Unternehmen haben
bislang alle Daten von Handys, Tablets und PCs abgegriffen, derer sie
habhaft werden konnten - ohne die Nutzer darüber zu informieren.
Dürfen etwa Apple, Google und Co. mehr, als der Polizei erlaubt ist?
Soviel jedenfalls sollte klar sein: Datenschutz darf dem Staat nicht
mehr Fesseln auferlegen als privaten Unternehmen. Bedeutet
selbstredend umgekehrt: Was die Polizei nicht darf, kann Apple nicht
erlaubt werden. Datenschutz ist unteilbar. Auf der anderen Seite darf
die informationelle Selbstbestimmung Verbrechern keinen rechtsfreien
Raum im Internet zur Verfügung stellen. Darf Datenschutz kein
Täterschutz werden. Die Ermittler benötigen eindeutige Regeln, was
sie dürfen und was sie nicht dürfen. Der Gesetzgeber ist hier
gefordert. Leider hat er in diesem Punkt nicht zum ersten Mal
versagt. Was ja der Grund für das aktuelle Urteil ist. Von Lorenz
Redicker
Pressekontakt:
Westfalenpost Hagen
Redaktion
Telefon: 02331/9174160
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
380251
weitere Artikel:
- WAZ: Kein Täterschutz
- Kommentar von Dietmar Seher Essen (ots) - Die Verfassungsrichter bleiben sich treu.
Datenschutz ist für sie seit 25 Jahren ein erstrangiges Gut, das
durch die Grundrechte zu schützen ist. Doch 1983, als das
Volkszählungsurteil zur Basis des Rechts auf informationelle
Selbstbestimmung wurde, gab es keine Handys und kein Internet. Die
Welt ist seither anders geworden. Die elektronische Kommunikation
beherrscht den Alltag, und sie ist - selbst die Nerds und ihre
Piratenpartei werden das so sehen - Plattform auch für eine
ausufernde und offenbar unkontrollierbare mehr...
- WAZ: Mehr tödliche Unfälle
- Kommentar von Gerd Heidecke Essen (ots) - Vier Jahrzehnte lang ist die Zahl der Verkehrstoten
in Deutschland gesunken, beginnend mit dem Höchstwert 1970: heute
unglaublich erscheinende 21 332 Menschen. Da ist das
Erschrecken groß, wenn 2011 erstmals wieder mehr Menschen bei einem
Verkehrsunfall sterben mussten, und dies gleich mit einem Zuwachs von
einem Zehntel. Der langjährige Trend ist damit aber nicht gebrochen.
2009 starben deutlich mehr Menschen auf der Straße als 2011. Der
jetzt registrierte steile Zuwachs geht auf das Konto des harten
Winterwetters mehr...
- DER STANDARD-Kommentar "Déjà-vu in Afghanistan" von Gudrun Harrer "Wie alle anderen auch, kann die Koran-Verbrennungsaffäre nur
ausgesessen werden" - Ausgabe 25.2.2012
wien (ots) - Die aktuellen Tumulte rund um die Koranverbrennungen
in Afghanistan sind keineswegs ein singuläres Ereignis: Obwohl die
muslimischen Sensitivitäten prinzipiell bekannt sind, passieren
absichtliche oder unabsichtliche US-Verstöße dagegen immer wieder,
werden immer wieder manipulativ zur Mobilisierung gegen die
internationalen Truppen eingesetzt und rufen auf Politikerseite immer
wieder die gleichen, teils populistischen mehr...
- Rheinische Post: Minister greift durch Düsseldorf (ots) - Ein Kommentar von Gerhard Voogt:
NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) hat den Leiter der
Justizvollzugsanstalt (JVA) Bochum suspendiert. In dem Gefängnis war
es in diesem Jahr zu einer Pannenserie gekommen. Ein Häftling konnte
aus einem ungesicherten Dachfenster entkommen. Ein weiterer
Gefangener nutzte bei einem unbewachten Klinikaufenthalt die
Gelegenheit, sich abzusetzen. Damit nicht genug: Das Ministerium
wurde nach eigenen Angaben unzureichend und falsch über die Vorgänge
informiert. Das ist ein mehr...
- Rheinische Post: Bürger-Daten bleiben geschützt Düsseldorf (ots) - Ein Kommentar von Gregor Mayntz:
Die aktuelle Entscheidung des Verfassungsgerichtes schränkt den
Polizei-Zugriff auf Bürgerdaten ein. Insofern ist sie beachtlich,
wenn auch in ihren praktischen Auswirkungen eher von geringer
Bedeutung. Wer schwere Straftaten begangen hat oder erkennbar plant,
kann das Internet weiterhin nicht als rechtsfreien Raum nutzen.
Insofern tragen die Richter dem Schutzbedürfnis der Bürger vor
Verbrechen und Terror Rechnung. Aber sie klopfen dem Gesetzgeber
einmal mehr auf die Finger, mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|