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DER STANDARD - Kommentar "EU-Gelder zur Krisenbewältigung" von Johanna Ruzicka

Geschrieben am 04-03-2012

Wachstum und Beschäftigung sollten langfristig im Fokus der
Förderungen stehen - Ausgabe vom 5.3.2011

Wien (ots) - Mit der Finanz- und Wirtschaftskrise wirkt die
derzeitige Ausrichtung der großen EU-Fördertöpfe immer weniger
adäquat. Schon jetzt monieren Brüsseler Agrarverwalter unter der
Hand, dass es genau die Länder durchbeutelt, die in den vergangenen
Jahren und Jahrzehnten besonders viel vom EU-Regionalgel_derkuchen
bekommen haben: Griechenland, Spanien, Portugal und auch Irland, das
aber auf dem besten Weg raus aus der Misere ist. Brüsseler
Regionalpolitiker wiederum verweisen, ohne dass sie zitiert werden
wollen, auf die üppigen EU-Agrarfördertöpfe. Diese Mittel seien viel
zu sehr "Bauerngeld" und viel zu wenig darauf ausgerichtet, Wege aus
so prekären Situationen wie der derzeitigen zu weisen, heißt es.
Diese Kritiken stimmen grundsätzlich. Was wir derzeit beobachten
müssen, ist ja Folgendes: Die Finanzkrise wird zur Wirtschaftskrise
wird zur _sozialen Krise. Angesichts von fast 25 Millionen
arbeitslosen Menschen in der EU brennt sozusagen der Hut. Das
milliardenschwere europäische Förderwesen mehr auf diese schwierige
Situation hin auszurichten ist nur logisch - und könnte dabei auch
die angeschlagene Akzeptanz der EU-Behörden stärken.
Nur geht so eine Neuausrichtung nicht von heute auf morgen, und schon
gar nicht geht dies auf die geschwinde Tour. Das, was die Kommission
als kurzfristige Maßnahme mit EU-Geldern vorgeschlagen hat, ist, _mit
Verlaub, Augenauswischerei: Die noch nicht abgerufenen Mittel in den
diversen Regionalfonds sollen jetzt noch schnell für Projekte wie zur
Verminderung der Jugendarbeitslosigkeit oder zur Stärkung von Klein-
und Mittelbetrieben eingesetzt werden. Nur sind diese Mittel nicht
frei verfügbar. Sie sind nur noch nicht "abgeholt" - einfach deshalb,
weil wir uns derzeit, Anfang 2012, in der Mitte der
EU-Haushaltsperiode bis Ende 2013 befinden. Doch in der Regel sind
diese Gelder für Projekte bereits verplant.
Die EU-Regierungschefs, Finanzminister und Fachminister werden nicht
darum herumkommen, darüber eine Grundsatzdiskussion zu führen, was
mit den EU-Geldern künftig bewerkstelligt werden soll. Der forcierte
Sparkurs, den sich die Regierungen alle auferlegen, birgt die Gefahr,
dass Europa noch tiefer in die Sackgasse aus geringer Produktivität
und null Wachstum gerät als bisher.
Eine schnelle Maßnahme im Rahmen der Regionalförderungen war, dass
die nationalen Kofinanzierungsanteile für einige Länder dramatisch
gesenkt wurden. So mussten Fördernehmer in Griechenland bisher
zwischen 15 Prozent und 22 Prozent zuzahlen, der große Rest kam aus
Brüssel. Weil auch dieser nationale Beitrag kaum aufzubringen war,
wurde die griechische Zuzahlung auf schlanke fünf Prozent
heruntergeschraubt.
Angesichts der schlechten Wirtschaftslage in Ländern wie
Griechenland, Rumänien oder Portugal ist dies vertretbar. Aber dies
kann nicht das Ende vom Lied sein und enthebt die Mitgliedsstaaten
keinesfalls davon, eine Grundsatzdiskussion über die künftige
Förderpolitik zu führen.
Ein so lächerlich niedriger finanzieller Beitrag, den die maroden
Länder bei EU-geförderten Projekten zuschießen müssen, würde sonst
wieder zu dem Schlendrian führen, der zum Teil die derzeitige
wirtschaftliche Misere herbeigeführt hat. Gerade bei dem
umfangreichen Förderwesen der EU wäre es schlecht, wenn gelten
könnte: Was nichts kostet, ist nichts wert.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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