DER STANDARD-Kommentar "Nicht die Justiz lässt sich kaufen" von
Michael Völker
Geschrieben am 19-03-2012 |
Es sind vielmehr die Politiker, die das gesamte System
nachhaltig beschädigen
Wien (ots) - Die Justiz ist politisch. Das war sie immer schon.
Auch Richter und Staatsanwälte sind politisch interessierte und
denkende Menschen. Und das ist gut so. Das heißt aber noch nicht,
dass sich die Justiz für parteipolitische Zwecke missbrauchen lässt.
Die Justiz macht auch Fehler, keine Frage, aber sie ist nicht der
Büttel der Politik.
Es ist die Politik selbst, die derzeit den Eindruck zu erwecken
versucht, dass politischer Einfluss auf die Justiz genommen wird -
und zwar jeweils durch die andere Partei. Es sind die Politiker, die
versuchen die Justiz in den Strudel ihrer Skandale hineinzuziehen, um
damit von sich abzulenken. Es ist aber nicht die Justiz, die
Scheinrechnungen ausstellt, die Inserate keilt, die Schmiergeld
nimmt, die sich finanzieren lässt und dafür Gefälligkeiten erbringt.
Es ist die Politik.
Die Justiz ermittelt, sie verfolgt und sie spricht Recht. Sie tut das
aufgrund von Anzeigen und Verdachtsmomenten, Aussagen und Indizien,
Beweisen und Einvernahmen, in guten Fällen hilft ein Geständnis. Oft
genug - und gerade in den jetzt diskutierten Fällen - wird die Justiz
aufgrund von Anzeigen aus der Politik tätig. Amon, Pilz, Molterer,
Faymann - die Anzeigen hat der politische Gegner verfasst. Wenn sich
daraus ein Substrat, ein begründeter Anfangsverdacht ergibt, wird die
Staatsanwaltschaft dem nachgehen.
Um eine Anklage erheben oder auch das Verfahren einstellen zu können,
muss der Beschuldigte gehört werden. Im Falle eines Abgeordneten muss
er also ausgeliefert, muss seine Immunität aufgehoben werden. Siehe
Werner Amon, ÖVP. Oder Kurt Gartlehner, um auch einen Abgeordneten
aus der SPÖ zu nennen.
Dass derzeit gerade bei der ÖVP eine Häufung an Verdachtsfällen
auftritt, ist nicht die Schuld oder Absicht der Justiz - und hat auch
ganz sicher nichts mit Natascha Kampusch zu tun. Es hat wohl eher mit
der ÖVP zu tun. Dass deren Vertreter jetzt besonders laut "Haltet den
Dieb" schreien und die Rede von einer Politjustiz führen, ist
schlichtweg ungustiös.
DIE Justiz gibt es aber gar nicht. Es gibt die Richterschaft - die
ist politisch unabhängig, das ist in der Verfassung so verankert. Es
gibt die Staatsanwaltschaft, die ist formell tatsächlich politisch
abhängig, manifest ist das durch das Weisungsrecht des Ressortchefs.
Und es gibt eben diesen Ressortchef, alles andere als unabhängig, von
einer Partei entsandt, aktuell ist es Beatrix Karl von der ÖVP. Dort
passieren die meisten Fehler. Es sind politische wie handwerkliche
Fehler.
Auch die Staatsanwaltschaft macht Fehler. Vieles, aber längst nicht
alles ist mit Personalmangel zu erklären.
Auch bei der Medienarbeit kann nachgebessert werden: Zwischen "Keine
Stellungnahme, weil laufendes Verfahren" und der Einladung zu einer
öffentlich abgehaltenen Hausdurchsuchung gibt es Spielraum.
Prinzipiell sind aber auch Staatsanwälte dem Recht und der
Objektivität verpflichtet. Es liegt am Einzelnen, Standfestigkeit und
Charakter zu zeigen und sich politischer Manipulation zu widersetzen.
Die meisten sind wohl tatsächlich immun gegen Einflussnahme von
außen. Klar ist aber auch, dass die Staatsanwaltschaft um einiges
glaubwürdiger wäre, wenn sie nicht weisungsgebunden wäre. Auch die
_jetzige Debatte wäre ein guter Anlass, das zu ändern und die
Reputation der Justiz von jener der Politik zu entflechten. Diesen
Ruf hat sich die Justiz nämlich nicht verdient.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
384774
weitere Artikel:
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu den Anschlägen in Frankreich Bielefeld (ots) - War es ein Verrückter oder ein Verblendeter?
Nach den Erfahrungen mit den Morden auf zehn Geschäftsleute mit
ausländischen Wurzeln in Deutschland verbieten sich schnelle
Antworten auf die Motive des unbekannten Killers von Südfrankreich.
Wer ist so kaltblütig, um mit gezielten Schüssen jüdische Kinder und
dunkelhäutige Soldaten regelrecht hinzurichten? Frankreich ist
ratlos. Und das in der Wahlkampfzeit, in der die Politiker darum
wetteifern, die besten Rezepte für die Sicherheit ihrer Bürger
vorzulegen. Alle Vorschläge mehr...
- Westfalen-Blatt: Wohnungsnot in deutschen Hochschulstädten: Immer mehr Studenten quartieren sich vorübergehend in Jugendherbergen ein. In NRW fehlen 2000 Wohnplätze. Bielefeld (ots) - In Deutschland quartieren sich immer mehr
Studenten vorübergehend in Jugendherbergen ein. Der Grund: Akute
Wohnungsnot in vielen Hochschulstädten. Das berichtet das Bielefelder
Westfalen-Blatt (Dienstags-Ausgabe). Studierende blieben bis zu vier
Wochen in den Herbergen, sagte der Sprecher des Deutschen
Jugendherbergswerkes (Detmold), Knut Dinter, der Zeitung. Der
durchschnittliche Aufenthalt betrage zehn Tage. In Paderborn würden
auch Studenten aus Indien und Pakistan in der Jugendherberge eine
Bleibe suchen. Vielfach mehr...
- Stuttgarter Nachrichten: Kommentar zu Mindesthaltbarkeitsdatum Stuttgart (ots) - Damit die Deutschen nicht länger Germany's Next
Top-Tomate suchen, muss man keine vier Millionen Infoblätter in 21
000 Supermärkten verteilen. Um zu begreifen, dass die Natur eben
nicht nur Lebensmittel mit Ideal-maßen hervorbringt und eine krumme
Karotte auch noch knackig schmecken kann, reicht ein Biss. In vier
Millionen Gratismöhren für Supermarktkunden wäre das Kampagnen-Geld
also besser investiert. Zugutehalten muss man dem
Verbraucherministerium aber eins: Sowohl die Wegwerf-Studie als auch
die Informationskampagne mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Grüne Bielefeld (ots) - Das war knapp. Bevor die Öffentlichkeit die
Dissonanzen im Grünen-Spitzenquartett so richtig wahrgenommen hat,
präsentiert es sich schon wieder in der zuletzt gewohnten Harmonie:
Es wird keinen Kanzlerkandidaten der Grünen geben. Stattdessen wird
die Partei wieder mit einer Doppelspitze in den Bundestagswahlkampf
ziehen. Dabei muss der eine Posten zwingend mit einer Frau besetzt
werden. Wie gehabt. Ob es auch wieder zu einem Nebeneinander von
(rechtem) Realo und (linken) Fundi kommen wird, ist noch offen.
Claudia mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Attentat in Toulouse
Augenblick der Besinnung
PETER HEUSCH, PARIS Bielefeld (ots) - Wie viele Kugeln es insgesamt waren, die ein
unbekannter Täter auf Kinder, Eltern und Lehrer einer Schule in
Toulouse abfeuerte, steht noch nicht fest. Aber sicher ist, dass die
Schüsse ein ganzes Land trafen. Frankreich steht unter Schock. Nicht
nur, aber auch, weil das jüngste Opfer gerade einmal drei Jahre alt
war. Nicht nur, aber auch, weil es sich um eine jüdische Schule
handelte. Die Fassungslosigkeit über dieses Drama ist so groß, weil
es sich mit Sicherheit nicht um einen Amoklauf gehandelt hat. Das
Blutbad mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|