DER STANDARD-KOMMENTAR "Feuerprobe für die Eurozone" von Eric Frey
Geschrieben am 29-03-2012 |
Ohne Reform der Arbeitsmärkte finden Italien und Spanien aus
der Krise nicht heraus - Ausgabe vom 30.3.2012
Wien (ots) - Der Kampf um die wirtschaftliche Zukunft der Eurozone
ist in eine neue, entscheidende Phase getreten. Die Regierungen der
beiden größten Schuldnerstaaten Italien und Spanien haben sich neben
der mühsamen Sanierung des Staatshaushalts nun auch der
Liberalisierung des Arbeitsmarktes angenommen - und damit die bisher
schärfsten Gegenreaktionen hervorgerufen.
Die Gewerkschaften in beiden Ländern laufen Sturm gegen die geplante
Lockerung des Kündigungsschutzes, was angesichts der hohen
Arbeitslosigkeit nicht überrascht. Aber dabei ist es gerade die
katastrophale Lage am Arbeitsmarkt, die Reformpolitikern wie Mario
Monti und Mariano Rajoy gar keine Wahl lässt, als das größte
wirtschaftliche Tabu in ihren Gesellschaften frontal anzugreifen.
Sosehr es viele nicht glauben wollen: Je besser Menschen mit festem
Arbeitsplatz vor Kündigungen geschützt sind, desto geringer ist die
Chance, dass andere je einen Job finden. Denn Unternehmen, die
Personal in schlechten Zeiten nicht abbauen können, nehmen in guten
Zeiten nur wenige auf. Das trifft vor allem Jugendliche, die oft gar
keine Chance auf einen Berufseintritt haben. Die hohe
Jugendarbeitslosigkeit in den Mittelmeerländern - und das gilt auch
für Frankreich - ist eine direkte Folge ihrer restriktiven
Arbeitsmarktgesetze.
Und wenn weniger Arbeitsplätze geschaffen werden, dann gibt es auch
kein nachhaltiges Wachstum. Deshalb müssen Italien und Spanien ihre
Gesetze so dringend reformieren, wenn sie je dem Teufelskreis aus
Sparpaketen, Rezession, wachsenden Schuldenbergen und neuerlichen
Sparpaketen entkommen wollen.
Die Vorteile eines relativ flexiblen Arbeitsmarktes lassen sich am
besten in den erfolgreichen Eurostaaten beobachten - etwa in
Österreich. Die niedrigste Arbeitslosenrate in der Eurozone und eine
geringe Jugendarbeitslosigkeit können wir einerseits der guten
Lehrlingsausbildung verdanken, andererseits der Tatsache, dass
österreichische Unternehmen relativ leicht und rasch Arbeitnehmer
kündigen können. Sicher, es ist auch hier nicht billig, aber nur in
seltenen Fällen muss man einen solchen Schritt zurücknehmen.
Österreich ist sogar flexibler als Deutschland, das erst durch die
Reformen der Agenda 2010 Fortschritte gemacht hat - was sich heute in
hoher Beschäftigung und mehr Wachstum niederschlägt. All das spricht
nicht für eine angelsächsische "hire and fire"-Politik, sondern für
eine vernünftige Interessensabwägung zwischen Arbeitgebern und
Arbeitnehmern.
Der Einzelne, der hierzulande seinen Job verliert, würde zwar von
einem stärkeren Schutz profitieren, aber für die gesamte
Arbeitnehmerschaft sind Regelungen wie in Österreich ein Glück - und
die hohen Kündigungshürden wie in Italien und Spanien eine
Katastrophe.
Dass die Gewerkschaften dies anders sehen, liegt vor allem daran,
dass sie nur noch einen kleinen Teil der Arbeitnehmerschaft vertreten
- jene privilegierte, meist ältere Gruppe, die einen Job hat und den
Verlust nicht fürchten muss. Ihr massiver, zum Teil auch
gewalttätiger Widerstand hat schon frühere Arbeitsmarktreformen
scheitern lassen. Aber diesmal ist der Einsatz einfach zu hoch. Wenn
Monti und Rajoy sich mit ihren ohnehin maßvollen Wünschen nicht
durchsetzen, dann wackelt das gesamte Krisenmanagement der Eurozone -
und damit die Gemeinschaftswährung selbst.
Rückfragehinweis:
Der Standard
Tel.: (01) 531 70 DW 445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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