Neues Deutschland: Zu Syrien
Geschrieben am 01-04-2012 |
Berlin (ots) - Hochrangige »Freunde Syriens« haben von Istanbul
aus ihre Besorgnis geäußert. Das ist sehr verständlich und wäre
uneingeschränkt zu begrüßen angesichts eines latenten Bürgerkrieges
in Syrien und eines besonders für die einfachen Leute allmählich
schmerzhaften Wirtschaftsembargos. Allerdings ist zumindest Letzteres
hauptsächlich das Werk eben jener »Freunde«. Und sie ließen nun sogar
verlauten, dass sie den Schraubstock, mit dem sie vorgeblich das
»Assad-Regime« zerquetschen wollen, in dem aber vor allem der
syrische Ahmed Normalbürger klemmt, noch fester ziehen wollen. Selbst
viele Syrer, die weit entfernt vom Freundes- oder Begünstigtenkreis
Assads sind, werden dies mit gemischten Gefühlen vernommen haben; und
sicher noch mehr die Botschaft, dass der gastgebende türkische
Außenminister mit Macht darauf drängt, endlich mit offenen Karten
spielen zu dürfen und die syrische Opposition freimütig mit allem zu
unterstützen, was ein Krieg so braucht. Ein klares Nein der anderen
anwesenden NATO-Minister soll es nicht gegeben haben. Vom deutschen
Amtskollegen Westerwelle ein halblautes »Ja, aber ...« - das
wird der Türke verschmerzen können, zumal davon auszugehen ist, dass
es im Ernstfall praktisch folgenlos bleibt. Momentan ist es vor
allem dem hohen persönlichen Ansehen des UN-Diplomaten Annan zu
verdanken, dass seine Vermittlung Erfolg haben kann. Noch.
Verlässliche Partner dafür zeichnen sich allerdings weder hier noch
da ab. Da ist die syrische Führung, die glaubt, bereits über den Berg
zu sein und so einen weiteren Beweis erbringt für ihre begrenzte
Fähigkeit, Realität wahrzunehmen und in entsprechende Politik
umzusetzen. Da sind andererseits die Wortführer der syrischen
Exilopposition, deren Agieren ebenso wenig Zutrauen bei den
Daheimgebliebenen verbreiten kann. Auf mehr als »Assad muss weg!«
konnte sie sich bei der Suche nach einem politischen Minimalkonsens
nicht verständigen. Um so einiger ist sie sich gegen den
Annan-Dialogplan. Ja, man beklagt zu Recht die vielen Opfer. Und doch
ruft man lieber zum bewaffneten Kampf auf. Aus dem sicheren Istanbul
und Paris. »Auf fremdem Arsch ist gut durchs Feuer reiten«,
konstatierte Martin Luther einst bei solcher Gelegenheit. Die
»Freunde Syriens«? Ziemlich fiese Freunde.
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Neues Deutschland
Redaktion
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