Badische Neueste Nachrichten: Große Baustelle
Geschrieben am 12-04-2012 |
Karlsruhe (ots) - Den Sozialkassen geht es nicht anders als dem
Finanzminister: Sie haben, für den Moment zumindest, kein Problem mit
den Einnahmen, sondern allenfalls eines mit den Ausgaben. Die gute
Konjunktur füllt ja nicht nur den Steuersäckel von Wolfgang Schäuble,
sondern auch die Töpfe von Arbeitslosen-, Kranken-, Renten- und
Pflegeversicherung. Deren Beitragsaufkommen ist im vergangenen Jahr
um mehr als zwei Prozent auf 526 Milliarden Euro gestiegen. Die
Ausgaben dagegen lagen trotz der deutlich zurückgegangenen
Erwerbslosenzahlen mit 512 Milliarden Euro nur knapp unter den Werten
des Vorjahres. Dabei ließen sich alleine im Gesundheitswesen mit
etwas mehr Reformmut problemlos zweistellige Milliardenbeträge
sparen. Die Nachricht hinter der Nachricht wird vor allem die FDP
freuen. Nie zuvor haben die Arbeitnehmer in Deutschland mehr Geld an
den Staat und die Sozialkassen abgeführt als im Jahr 2011. Für das
bevorstehende Feilschen um die für 2013 versprochenen
Steuererleichterungen ist das eine willkommene Argumentationshilfe.
Schließlich ist es gerade die berüchtigte kalte Progression, die den
Fiskus an jedem zusätzlich verdienten Euro etwas stärker verdienen
lässt - ein Phänomen, das sich bei guter Konjunktur und entsprechend
guten Tarifentschlüssen besonders nachteilig für die Beschäftigten
auswirkt. Auch wenn jede Statistik ihre Tücken hat, zumal bei
Durchschnittswerten wie denen des Statistischen Bundesamtes: Dass der
Nettoverdienst im vergangenen Jahr mit 17 650 Euro leicht unter dem
des Jahres 2010 lag, spricht Bände. Was die Sozialkassen angeht, hat
die Koalition vor allem auf einer großen Baustelle noch alle Hände
voll zu tun: Die Pflegereform von Gesundheitsminister Daniel Bahr ist
bisher allenfalls in Umrissen erkennbar. Der Überschuss der
gesetzlichen Pflegekassen von zuletzt 300 Millionen Euro sollte den
Sozialpolitikern der Koalition nicht den Blick auf das Wesentliche
verstellen: wenn die Finanzierung des Systems nicht auf solidere
Beine gestellt wird, zum Beispiel durch eine attraktive Förderung der
privaten Vorsorge, werden in der Pflegeversicherung bald
Milliardenlöcher klaffen.
Pressekontakt:
Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
Telefon: +49 (0721) 789-0
redaktion.leitung@bnn.de
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