DER STANDARD-Kommentar: "Die Schmerzen kommen erst" von Michael
Völker
Geschrieben am 19-04-2012 |
"Die ÖVP hat noch nicht genug gelitten, um sich grundlegend zu
erneuern"; Ausgabe vom 20.04.2012
Wien (ots) - Michael Spindelegger ist ein anständiger Mensch.
Rechtschaffen, hat man früher dazu gesagt. Das ist keine schlechte
Voraussetzung, um Vorsitzender ein christlich-sozialen Partei zu
sein. Das ist prinzipiell keine schlechte Voraussetzung an der Spitze
irgendeiner Partei - aber es ist weder Bedingung, noch reicht es aus.
Spindelegger sucht die Harmonie, er ist freundlich, ein braver
Arbeiter. Langweilig finden das manche. Er ist nicht der erste
Spitzenpolitiker, dem man fehlendes Charisma nachsagt. "Österreich
hat ein Faible für visionslose Politiker", hat Staatssekretär
Sebastian Kurz im Standard-Interview gesagt. Wie treffend.
Spindelegger ist der richtige Mann an der falschen Stelle. Seine
Rechtschaffenheit hilft der Partei nicht. Zu vielen anderen ist diese
Eigenschaft nicht geläufig, sie nehmen und geben Geld, das ihnen
nicht gehört. Parteifreunde haben sich bereichert, haben öffentliche
Gelder missbraucht, für Wahlkämpfe oder als "Druckkostenbeitrag", sie
unterscheiden nicht zwischen öffentlichen Ämtern und privaten oder
wirtschaftlichen Interessen. Der Ehrenkodex, den Spindelegger in
Auftrag gegeben hat, ist ein PR-Gag, aber kein geeignetes Mittel, um
für mehr Anständigkeit in der Politik zu sorgen. Dazu bräuchte es das
richtige Personal und die geeigneten Gesetze.
Oder anders: Spindelegger ist der falschen Mann an der richtigen
Stelle. Er bräuchte jetzt Mut und Verve, Witz und Ideen, ein paar
Visionen wären nicht schlecht, Rücksichtslosigkeit könnte nicht
schaden. Die ÖVP liegt am Boden - und Spindelegger kann ihr nicht
aufhelfen. Das ist ein Drama. Österreich braucht auch die ÖVP, die
Anständigkeit, für die sie einmal gestanden ist, die Wertehaltung,
das Soziale, den christlichen Leitgedanken, die Besinnung auf
Tradition. All das ist nicht zwingend, ist nicht die oberste Maxime
in der politischen Gestaltung, aber man mag diese Eigenschaften und
Werte auch nicht missen, in den richtigen Dosen.
Spindelegger steht jetzt ein Jahr an der Spitze der Volkspartei, und
er kommt kaum voran. Keine Frage, er hat ein paar Dinge gut und sehr
gut gemacht: Er hat wesentlichen Anteil daran, dass und wie das
Sparpaket zustande gekommen ist. Überraschend schnell gelang auch das
Steuerabkommen mit der Schweiz.
Der neue ÖVP-Chef hat mit der Bestellung von Kurz und auch von
Johanna Mikl-Leitner dazu beigetragen, in der Diskussion um
Integration die Aufgebrachtheit herauszunehmen. In dieser Frage wurde
den Hetzern Wind aus den Segeln genommen. Und es wird in der
Regierung nicht mehr so viel gestritten. Da man es niemanden recht
machen kann, kann man das auch gegen Spindelegger auslegen: Von der
Harmonie in der Regierung profitieren Werner Faymann und die SPÖ
wahrscheinlich mehr.
Spindelegger ist in dem einen Jahr als Vizekanzler kaum aus der
Defensive herausgekommen, er konnte nur hinterherkehren und Scherben
einsammeln. Er hat zwar nichts falsch gemacht, aber zu wenig richtig.
Die ÖVP bräuchte einen Befreiungsschlag, ideologisch, aber auch ganz
praktisch, im personellen Bereich. Das würde wehtun.
Spindelegger ist dieser Mann der Schmerzen nicht. Er ist zu
unverbindlich, zu sehr gefangen im Inneren der Partei, in ihrem
überalteten Bünde- und Ländersystem.
2013 wird gewählt. Das wird wehtun. Dann ist die ÖVP vielleicht reif
für eine grundlegende Erneuerung.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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