DER STANDARD-Kommentar "Zu Tode gespritzt ist auch gestorben" von
Andreas Schnauder
Geschrieben am 10-05-2012 |
"Der von Hollande forcierte Wachstumskurs führt Europa in die
falsche Richtung" - Ausgabe 11.5.2012
wien (ots) - Die Hollande-Welle rollt durch Europa. Kein Tag
vergeht, ohne dass sich Spitzenpolitiker und -ökonomen mit
Wachstumsideen überbieten. Das Kaputtsparen der Eurozone gehört
mittlerweile zum Grundrepertoire jeder Konversation unter
Intellektuellen. Anhand des bisherigen Verlaufs der Debatte kann
damit gerechnet werden, dass neue schuldenfinanzierte Programme in
Angriff genommen und Strukturreformen auf die lange Bank geschoben
werden.
Dabei ist schon der Fluch der bisherigen Sparpakete zu relativieren.
Keine Frage: In einigen kleineren Staaten wie Griechenland, Portugal
oder im Baltikum wurde der Gürtel deutlich enger geschnallt. Doch für
die Währungsunion spielt das keine gravierende Rolle: Sie liegt mit
einer Ausgabenquote zwei Prozentpunkte über dem Vorkrisenjahr 2008.
Anders ausgedrückt: Die Eurostaaten pumpten im Vorjahr gut 250
Milliarden Euro mehr in den Kreislauf als 2008 und zeichnen mit 49,2
Prozent für fast jeden zweiten erwirtschafteten Euro der
Währungsunion verantwortlich.
Die Zahlen zeigen, dass in Europa sogar wachsende Ausgaben als
beinharter Sparkurs dargestellt werden. Das Gegenargument der
schweren Wirtschaftskrise mitsamt der Bankenhilfen, die ein
zusätzliches Engagement erfordert hätten, geht dabei ins Leere: Schon
2010 erreichte die Wirtschaftsleistung wieder das Niveau von 2008, um
es 2011 schon wieder deutlich zu übertreffen.
Das zeugt schon vom Hauptproblem des Alten Kontinents: Krisen gehen,
Ausgaben bleiben. Das über die automatischen Stabilisatoren (wie
Arbeitslosenhilfe) hinausgehende konjunkturelle Gegensteuern dämpft
zwar den Abschwung, behindert aber wegen der fortwirkenden Belastung
die Erholung. Dazu kommt die fragwürdige Effizienz verschiedener
Stimuli. So gibt es Berechnungen, wonach jeder in Österreich während
der Rezession 2009 künstlich erhaltene Arbeitsplatz 525.000 Euro
kostete.
Dazu kommt, dass die Staatsfinanzen bei weitem nicht das einzige
Pro_blem Europas sind, mindestens ebenso relevant sind andere
ökonomische Faktoren wie private Verschuldung, Außenhandelsbilanz und
Wettbewerbsfähigkeit. Hollandes Rezepte würden nicht nur die
öffentlichen Haushalte über Gebühr belasten, sondern auch die jetzt
schon kritische Konkurrenzfähigkeit seines Landes weiter
beeinträchtigen.
Sein Programm spricht eine klare Sprache: Rücknahme der
Pensionsreform (Sarkozys Reform verdankt das Land, dass es bei zwei
Ratingagenturen noch ein Top-Rating genießt), Rückholaktion für
Firmen, die ihre Produktion ins Ausland verlagert haben, langsamerer
Defizitabbau. Und das Ganze bei einer Ausgabenquote von 56 Prozent
des BIPs, einem gefährlich rasch steigenden Schuldenstand und
konstanten Einbußen bei der Konkurrenzfähigkeit des Landes.
Eine Umkehr des Schuldenabbaus (privat wie staatlich) und der
Strukturreformen, so schmerzhaft sie sind, wäre auch in den
Südländern der Eurozone ein Fehler. Ein Blick nach Lettland, das eine
schwere Krise mit harten Einschnitten annähernd verdaut hat, täte den
Kritikern gut. Die schwächeren Regionen jetzt mit EU-Injektionen
aufzupäppeln hieße, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen.
Insbesondere wenn es um Megaprojekte geht, die ökonomisch keinen Sinn
machen und von denen am Ende nur mehr Schulden bleiben. Zu Tode
gespritzt ist auch gestorben.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
394899
weitere Artikel:
- Börsen-Zeitung: Explosive Finanzbranche, Kommentar zur Lage im spanischen Bankensektor nach der Verstaatlichung der Finanzgruppe Bankia, von Angelika Engler. Frankfurt (ots) - Spanien gilt schon lange als Wackelkandidat der
Eurogruppe - doch bisher schrammte das krisengeschüttelte Land an
einem Zusammenbruch vorbei. Die immensen Schieflagen im Bankensektor
könnten diese viertgrößte Volkswirtschaft Europas jetzt aber doch in
die Knie zwingen. Denn die Finanzbranche ist mit der überstürzt
verstaatlichten, viertgrößten Finanzgruppe Bankia noch längst nicht
saniert. Mit Ausnahme der beiden Branchenführer Banco Santander und
Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (BBVA) sowie vielleicht noch der mehr...
- Mit Row 44 und Wireless G hält der Cyberspace im südafrikanischen Luftraum Einzug Westlake Village, Kalifornien, Und Highveld Park, Südafrika (ots/PRNewswire) - Gemeinsam mit seinem afrikanischen
Partnerunternehmen Wireless G sowie Mango und Vodacom führte Row 44,
Inc., Anbieter des weltweit führenden Breitbandsystems für die
Bordunterhaltung, den In-Flight-WLAN-Dienst G-Connect auf Afrikas
erstem Flug mit Breitband-Internetverbindung ein. Der Service bietet
Fluggästen von Mango eine vollwertige Internetanbindung für ihre
eigenen WLAN-fähigen Geräte. Dabei unterstützt der Service das
Versenden von E-Mails, das Surfen mehr...
- WAZ: Billig ist nicht immer besser
- Kommentar von Kai Wiedermann Essen (ots) - Als Teldafax die Luft ausging, dauerte es nicht
lange, bis nach dem Staat als Aufseher gerufen wurde. Wie konnte die
Bundesnetzagentur so lange die Füße stillhalten? Heute ist klar: Der
Verbraucher darf auf die Unterstützung der Wettbewerbshüter nicht
hoffen. Weil diese - logisch - lieber den Wettbewerb hüten als den
Verbraucher zu schützen. Die Bundesnetzagentur argumentiert mit dem
Großen und Ganzen. Auch Pleiten mit einer riesigen Zahl von
Betroffenen seien Teil der Marktwirtschaft - normal. Der
liberalisierte Energiemarkt mehr...
- Schwäbische Zeitung: Chancen für eine neue Zukunft - Kommentar Leutkirch (ots) - Erst gute drei Monate ist es her, dass Meike
Schlecker ihren mittlerweile schon legendären Satz auf einer
Pressekonferenz in Ehingen mehrmals wiederholt hat: "Es ist nichts
mehr da." Zu diesem Zeitpunkt war allerdings noch einiges da, vor
allem die lukrativen Schlecker-Geschäfte im Ausland.
Ein Vierteljahr später geht es ans Eingemachte: Tschechien,
Frankreich, Polen - ein Auslandsgeschäft Anton Schleckers nach dem
anderen wird zu Geld gemacht, das nun in die Insolvenzmasse fließt.
Wie es aussieht, findet jetzt mehr...
- IBC2012 präsentiert Innovationen und brandaktuelle Debatten der Branche für elektronische Medien und Unterhaltung London (ots/PRNewswire) - Die führende internationale
Fachkonferenz und Messe für die Elektronische-Medien- und
Unterhaltungsbranche IBC2012, die vom 6.-11. September 2012 im
Amsterdamer Konferenzzentrum RAI stattfinden soll, bringt
Branchenführer und Meinungsbildner zusammen, um die neuesten
Technologietrends, Innovationen und Strategiemodelle zu erörtern, zu
diskutieren und zu analysieren. Die IBC zieht mehr als 50.000
Fachbesucher aus mehr als 160 Ländern an und vereint eine
international renommierte Konferenz und eine erstklassige Messe mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|