"DER STANDARD"- Kommentar: "Keine Angst vor den Bürgern" von Michael
Völker
Geschrieben am 31-05-2012 |
Mündige Menschen sollen in der Politik auch konkret
mitentscheiden können. (Ausgabe vom 1.6.2012)
Wien (ots) - Die ÖVP ist in der Bredouille. Sie will die direkte
Demokratie ausbauen. Die SPÖ hat das passende Thema dazu: Sie will
über die Abschaffung der Wehrpflicht abstimmen lassen. Sehr mutig ist
das von der SPÖ übrigens nicht, sie weiß von einer Mehrheit für ein
Berufsheer, würde mit einer solchen Volksabstimmung also ein geringes
Risiko eingehen.
Der ÖVP kommt das Thema nicht sehr gelegen, sie würde sehenden Auges
in eine Niederlage marschieren. Das lohnt kaum den Aufwand einer
Kampagne, außerdem geriete man mit der Volksabstimmung bereits in den
Wahlkampf für die Wahl 2013. Diese Zwischendurch-Mobilisierung würde
der SPÖ in die Hände spielen.
Davon abgesehen: Die Wehrpflicht oder eben deren Abschaffung eignet
sich bestens für eine Volksabstimmung. Wenn man schon die direkte
Demokratie ausbauen und das Volk stärker in Entscheidungsprozesse
einbinden will, könnte man mit dem Bundesheer beginnen. Die Argumente
für und wider liegen auf dem Tisch, man müsste sie noch vertiefen und
breiter diskutieren, aber die Positionen sind bekannt. SPÖ und Grüne
sind für ein Berufsheer, ÖVP und FPÖ sind für die Beibehaltung der
Wehrpflicht.
Ein Volksentscheid in die eine oder andere Richtung würde die
Sicherheit des Landes nicht gefährden. Es ist eine pragmatische, wenn
auch zutiefst ideologische Entscheidung, siehe Allianzen. Praktische
Beispiele gibt es quer durch Europa, so oder so. Daher: Soll das Volk
entscheiden. Die Politik würde sich nicht vor ihrer Verantwortung
drücken, wie viele fürchten, sie würde Verantwortung zeigen, wenn
sie nach einem reiflichen Entscheidungsfindungsprozess das Volk
einbindet.
So dumm, wie manche meinen, ist das Volk nicht. Man kann ihm
Entscheidungen zumuten. Der ewige Verweis auf die soundsoviel Prozent
FPÖ-Wähler ist demokratiefeindlich. Ja, auch FPÖ-Wähler dürfen eine
Meinung haben und sie ausdrücken - wenn sie nicht gegen das
NS-Verbotsgesetz verstößt.
Auch das ängstliche Schielen auf den Boulevard, auf die sogenannten
Krawallblätter, kann kein Argument gegen Demokratie sein. Die
Republik lebt mit Krone, Österreich und Heute, auch das ist
Demokratie, und es gibt nicht nur diese eine Öffentlichkeit. Es gibt
auch Standard, Salzburger Nachrichten und Presse, und es gibt den
ORF, öffentlich-rechtlich - mit allen Vorteilen und Gefahren, die
damit auch verbunden sind.
So wie sich die Wehrpflicht oder früher die Atomkraft und der
EU-Beitritt für eine Volksbefragung eignen, und damit war verdammt
viel Verantwortung verbunden, gibt es Themen, die das nicht tun: die
Einführung der Todesstrafe etwa, die Errichtung von Moscheen, die
Rechte von Ausländern, ganz generell von Minderheiten. Alles, was
gegen Grundsätze der Verfassung gerichtet ist, was mit
internationalem Recht kollidiert oder mit der Demokratie nicht in
Einklang zu bringen ist, all das müsste selbstverständlich vom Votum
des Volkes ausgeschlossen bleiben. Da bleibt dann ohnedies nicht mehr
so viel übrig.
Vor dem Volk braucht man keine Angst zu haben - immerhin darf es auch
wählen. Die Bürger zwischendurch zu konkreten Entscheidungen zu
befragen wäre da nur konsequent - und sollte der
Politikverdrossenheit entgegenwirken. Das Ergebnis wäre zu
akzeptieren. Austauschen kann man das Volk nicht. Das geht
bekanntlich nur bei Regierungen.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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