Weser-Kurier: Kommentar zu den Facebook-Plänen der Schufa
Geschrieben am 07-06-2012 |
Bremen (ots) - Die Schufa, entdeckt das Internet. Man will Daten
in Facebook und Twitter sammeln. Das Internet dürfte allerdings zu
den rechtlich fragilsten bis fraglichsten Quellen gehören. Dabei geht
die Schufa Holding AG geschickt vor. Sie hat ein Universitätsinstitut
beauftragt. Man hüllt sich in den vermeintlich legalen Deckmantel.
Problem: Das Unterfangen ist der Schufa innerhalb kürzester Zeit um
die Ohren geflogen, weil Datenschützer im Viereck springen. Insgesamt
darf man hier von einem gewaltigen PR-Desaster sprechen. Zumal sich
die Frage stellt, welche Datenqualität Facebook-Inhalte für
Kreditauskünfte bieten. Offensichtlich hat sich die Schufa in
völliger Verblendung einem Internet-Hype angeschlossen, der außer
Ärger nichts bringt. Dabei hatte die Schutzgemeinschaft aus Sicht der
Bevölkerung bisher einen relativ guten Leumund. Man hat sich damit
arrangiert, dass es eine Schufa gibt, die registriert, wie
kreditwürdig man ist. Ein Laden, den vermutlich ein Großteil der
Deutschen in staatlicher Hand und nicht in Bankenbesitz wähnt, und
der nur in Einzelfällen mal ins Gerede kam. Insgesamt war die
Schutzgemeinschaft der gute Verein zur Kreditabsicherung. Ergänzt
wurde all dies durch ein hervorragendes, aber sachlich höchst
fragliches Werbe-Argument: Schließlich schütze man auch den
Verbraucher vor sich selber, wenn ihm keine weiteren Kredite gewährt
werden. Eine Verballhornung des Wortes Entmündigung. Die Schufa muss
den Datenschützern dankbar sein. Vieles spricht dafür, dass die
Auskunftei ihr Facebook-Vorhaben einstampft. Damit hätten die
Datenschutzbeauftragten der Schutzgemeinschaft vermutlich das
Geschäftsmodell gerettet. Und dem Vorstand den Hals. Denn es stellt
sich die Frage, welche seriösen Daten aus Facebook und Twitter zu
filtern sein sollen, die dann in eine ernsthafte Kreditbewertung
einfließen könnten. Als Unternehmen oder Bank wird man doch
gezwungen, angesichts solcher Vorhaben die Schrott-Daten infrage zu
stellen. Was bleibt, ist wieder einmal die völlige Überbewertung von
Facebook abseits der Werbewirtschaft. Außer 20 Millionen
Facebook-Nutzern, die sich dort munter unterhalten, bietet die
Plattform kaum wirtschaftlich relevante Inhalte. Zumindest nicht für
Anbieter wie die Schufa. Es sei denn, man nimmt die Inhalte auf
Facebook ernst. Und genau hier liegt des Pudels Kern. Es gibt einfach
zu viele - Verzeihung - Deppen, die auf Facebook ihr gesamtes
Privatleben ausbreiten. Und erst diese grenzenlose Naivität macht
Facebook interessant - auch für Auskunfteien wie die Schufa. Damit
ist die Angelegenheit eigentlich kein Fall für Datenschützer.
Schließlich geben die Facebook-Nutzer ihre Daten freiwillig her. Es
ist eher ein Fall mangelnder Aufklärung, wie gefährlich die
Verbreitung privater und sensibler Daten in solchen sozialen
Netzwerken ist. Aufklären muss man aber auch die Schufa - darüber,
dass bei Facebook nicht nur Deppen unterwegs sind. Das zeigt sich
besonders darin, dass sich die Internet-Gemeinde schon wieder selber
hilft. Längst kursieren auf Facebook nicht ganz ernst gemeinte
Hinweise für Schufa-optimierte Profile: "Posten Sie einfach ab und
zu, dass Sie niemals Ihr Konto überziehen würden. Das könnte ihrer
Kreditwürdigkeit auf die Sprünge helfen." Ob Vergleichbares auch bei
GEZ und TÜV hilft, wird bereits intensiv diskutiert.
Pressekontakt:
Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
Telefon: +49(0)421 3671 3200
chefredaktion@Weser-Kurier.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
400093
weitere Artikel:
- Lausitzer Rundschau: Gefährliches Spiel
Regierung und Opposition einigen sich bei Finanztransaktionssteuer Cottbus (ots) - Der Fiskalpakt ist existenziell für einen stabilen
Euro. Denn er versucht, der Verschuldungspolitik der einzelnen
Mitgliedsländer mittelfristig einen Riegel vorzuschieben und so etwas
wie ein gemeinsames Verantwortungsmanagement in der Eurozone
herzustellen. Wenn das scheitern sollte, noch dazu an Deutschland,
ist der Euro tot. Freilich, die Forderungen der Opposition, in den
schwachen Ländern für Wachstumsimpulse zu sorgen und dem Treiben der
Finanzmärkte steuerlich durch eine Finanzmarkttransaktionssteuer
wenigstens mehr...
- Weser-Kurier: Kommentar zur europäischen Politik-Union Bremen (ots) - Vom Ende her denken. Das ist das politische
Leitmotiv von Kanzlerin Angela Merkel. Doch ausgerechnet sie hat sich
bislang nicht daran gehalten - zumindest, wenn es um den Euro geht.
Sonst hätte sie nicht erst gestern gefordert, zugunsten einer
politischen Union weitere nationale Kompetenzen an Europa abzugeben.
Sondern schon in den 90er Jahren - damals, als der Fahrplan zur
Einführung des Euro aufgestellt worden ist. Denn es war von Anfang an
klar: Wenn fast zwei Dutzend Staaten eine gemeinsame Währung
einführen, müssen mehr...
- Lausitzer Rundschau: Hoffen auf ein Wunder
Zum Auftakt der Fußball-EM in Polen und der Ukraine Cottbus (ots) - Wenn der Ball heute Abend endlich rollt, dürfte
der politische Wirbel der vergangenen Wochen in den Hintergrund
treten. Das ist gut so, im Sinne des Sports. Vergessen werden sollte
aber auch in dreieinhalb hoffentlich mitreißenden Fußballwochen
nicht, was im Co-Gastgeberland Ukraine derzeit passiert. Präsident
Viktor Janukowitsch kommt zur EM-Eröffnung nach Warschau. Er ist zu
Recht kein gern gesehener Gast. Es gibt zu größter Sorge Anlass, in
welchem Tempo er die Reste von Demokratie und Rechtsstaat in seinem
Land mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Kriminalität / Rocker Osnabrück (ots) - Mit aller Härte
Endlich greift die Staatsmacht mit allen rechtsstaatlichen Mitteln
gegen kriminelle Rockerclubs wie die berüchtigten Hells Angels durch.
In den vergangenen Monaten folgte eine Großrazzia der nächsten.
Gestern stürmten 1000 Beamte, darunter die GSG 9, Wohnungen und
Vereinsheime der Bandidos in und um Berlin. Das Signal ist deutlich:
Kriminelle Banden werden nicht länger geduldet oder verharmlost,
sondern mit aller Härte verfolgt.
Die verschworenen Gruppierungen mit Lederkutten und Ehrenkodex mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Internet / Datenschutz / Schufa Osnabrück (ots) - Bedenklich
Die Kreditauskunftskartei Schufa plant, Nutzer von Facebook zu
durchleuchten, um ihre Bonität zu prüfen. Das ist aus zwei Gründen
bedenklich. Zum einen, weil kein Unternehmen über eine so große Menge
an sensiblen, privaten Daten verfügen sollte, nicht auszudenken, was
bei einem Datenleck passieren könnte. Zum anderen, weil die Daten,
die sich die Schufa über Facebook besorgen würde, höchst fragwürdig
sind. Schon heute schätzt die Schufa die Kreditwürdigkeit
gelegentlich falsch ein, weil sie nicht mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|