(Registrieren)

"DER STANDARD"-Kommentar: "Grün war die Hoffnung" von Johanna Ruzicka

Geschrieben am 20-08-2012

Beim Agrarsprit läuft derzeit viel schief - Die Ablehnung wird
immer massiver (ET 21.08.2012)

Wien (ots) - Wie sich die allgemeine Meinung zu einem
Thema binnen kurzem drehen kann, ist erstaunlich und derzeit am
Beispiel der geplanten Erhöhung der Biosprit-Beimischungen zu
beobachten. Noch vor zwei, drei Jahren war Biosprit, den man übrigens
von allem Anfang an korrekterweise Agrarsprit hätte nennen sollen,
eine mehrheitlich begrüßte Neuerung.

Die EU nahm sich dabei an Brasilien ein Beispiel, wo schon seit
Jahren aus Zuckerrohr immer dann Ethanol gemacht wird, wenn der
Weltmarktpreis für Erdöl hoch ist. So wurden auch in Europa steigende
Beimischungsverpflichtungen zu Benzin und Diesel vorgeschrieben, und
fast alle waren zufrieden: Die Abhängigkeit von Importen bei fossilem
Erdöl würde zurückgehen. Und die Treibhausgas-Bilanzen würden
verbessert, weil Agrarsprit beim Verbrauch nur so viel Kohlendioxid
entlässt, wie die Pflanze vorher beim Wachsen aufgenommen hat. Die
Importe für Tierfutter aus Soja, das noch dazu meist gentechnisch
verändert ist, gingen zurück. Statt Gentech-Soja werden Mais- und
Getreidereste aus der Agrarsprit-Herstellung verfüttert.

Doch plötzlich zählen diese Gründe nicht mehr - oder werden
verdeckt von viel schwerer wiegenden Gegenargumenten. Angesichts von
einer Milliarde hungernder und unterernährter Menschen ist es ethisch
unverantwortlich, wenn Getreide in den Tank statt auf den Teller
wandert. Durch die vielen mögliche Nutzungen von Agrarpflanzen - als
Lebensmittel, Tierfutter, Sprit, demnächst auch als Ersatz für
Kunststoffe - entsteht naturgemäß eine Verknappung beim Angebot, und
das treibt die Preise hinauf. Außerdem wird zu Recht kritisiert, dass
für den Anbau von Agrarsprit die letzten Urwälder gerodet werden, was
ein Klimadesaster ist. Mit dem ganzen Rundherum - Produktion und
Transport - dürfte Agrarsprit ebenso klimaschädlich sein wie fossile
Energien.

Was Befürworter und Gegner von Agrarsprit vergessen haben: Wenn
der Kapitalismus etwas macht, dann macht er es gründlich. Das
Geschäft lässt sich nicht auf ein bisschen Ethanol aus ein paar
Maiskolben beschränken, so funktioniert unser Wirtschaftssystem
nicht. Wenn etwas Gewinne verspricht, dann wird es konsequent
durchgezogen, nur das rechtfertigt Investitionen.

Am Beispiel USA zeigt sich derzeit die ganze Macht eines relativ
neuen Geschäftszweiges samt seinen Schattenseiten. 40 Prozent des
US-Maises wandern bereits in den Tank. Wenn es da zu einer Dürre
kommt wie jetzt, dann wird selbstverständlich das Angebot knapp, und
zwar weltweit, weil die USA auch der weltgrößte Exporteur von Mais
sind.

Österreich kann sich diesem Sog nicht entziehen, obwohl dies
behauptet wird. Die Getreideimporte steigen nämlich - und dies
ungefähr seit dem Zeitpunkt, seitdem in Österreich dem Sprit Ethanol
beigemischt wird.

Die Diskussion darüber, wie auf den begrenzten guten Agrarflächen
auf diesem Planeten die vielen Wünsche einer steigenden
Weltbevölkerung gestillt werden können, wurde umfassend noch nicht
geführt. Die boomende Agrarspritindustrie bekommt derzeit
stellvertretend für andere Branchen ihre Fett ab. Besonders
diskussionswürdig ist dabei die Rolle der Massentierhaltung und damit
der Futtermittelhersteller. Massentierhaltung schädigt das Klima
enorm. Und die Futtermittel für das Schnitzel oder Steak fehlen als
Getreidemahlzeit auf den Tellern der Armen.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

412580

weitere Artikel:
  • WAZ: Der Preis unseres Wohlstands - Kommentar von Wolfgang Mulke Essen (ots) - Die Arbeitswelt erlebt eine rapide Veränderung. In den 70er-Jahren erkämpften die Gewerkschaften niedrigere Arbeitszeiten, in den 90ern setzten viele Betriebe mit staatlicher Hilfe ältere Arbeitnehmer vor die Tür. Der neue Trend bedeutet mehr Flexibilität und eine größere Palette an Arbeitszeiten. Größter Verlierer dieser Entwicklung ist der soziale Zusammenhalt in der Familie und im Freundeskreis. Wenn immer mehr Menschen nachts oder am Wochenende arbeiten, wird es schwer, noch gemeinsam die Freizeit zu verbringen. mehr...

  • Mittelbayerische Zeitung: Energiesparen? - Cool Regensburg (ots) - Von Roman Hiendlmaier Die Energielieferanten dieser Welt haben mal wieder genug vom Wertverfall der Währungen. Her mit dem Vorwand für Preissteigerungen und die Scheichs haben ihren Inflationsausgleich eingefahren. In Zeiten überbordender Staatsschulden ist wenig Hoffnung, dass sich vorerst daran etwas ändert. Wir werden lernen müssen, mit der Inflation zu leben. Was jedoch nicht heißt, von einer Zumutung zur nächsten zu stolpern. Beispiel: Energiesparen. Uncool, klar. Schlimmer geht's kaum, als für eine AAA-Birne mehr...

  • Fatima Raimondi als neue Senior Vice President und General Manager bei Acision Lateinamerika Reading, England (ots/PRNewswire) - Die Telekommunikations-Spezialistin tritt der Führungsspitze von Acision bei / Kern ihrer Arbeit sind die Erweiterung der lokalen Präsenz, Steigerung des operativen Geschäfts und die Verbesserung der Kundenzufriedenheit in Lateinamerika Acision, der weltweite Marktführer im Mobile Messaging, gab heute die Ernennung von Fatima Raimondi zur Senior Vice President und General Manager für Lateinamerika (LATAM) bekannt. Raimondi wird für die Managementtätigkeiten von Acision in LATAM verantwortlich mehr...

  • Neues Deutschland: Schlechte Qualität - Kommentar zum Destatis-Bericht "Qualität der Arbeit" Berlin (ots) - »Made in Germany« ist ein Qualitätssiegel, mit dem die deutsche Wirtschaft ihre Produkte bewirbt. Doch spätestens wenn es um die eigene Belegschaft geht, scheint der Qualitätsanspruch nicht mehr zu gelten, wie der Bericht des Statistischen Bundesamtes zeigt. Wochenendarbeit und befristete Verträge werden zur Regel, während die Tarifbindung in der Privatwirtschaft im Osten bereits die Ausnahme ist. Die vom Amt untersuchte Qualität der Arbeit hat nachgelassen. Der große Widerstand gegen die Erosion der Arbeitnehmerrechte mehr...

  • Westfalen-Blatt: zum Thema EZB-Anleihekäufe: Bielefeld (ots) - Für die hoch verschuldeten Südländer wäre es die Lösung: Die EZB kauft ihnen Anleihen zu einem zuvor gedeckelten Zinssatz ab. Damit wären Spanien, Italien und Co. dem Würgegriff der Finanzmärkte entronnen. Es verwundert nicht, dass EZB-Präsident Mario Draghi offenbar an einer derartigen Strategie feilt: Draghi ist Italiener und wird - kaum überraschend - in seinem Kurs auch von Spanien und Portugal unterstützt. Die reicheren Nordstaaten - allen voran Deutschland - stecken in der Zwickmühle. Einerseits müssen sie die mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht