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Krebsforschung hilft, Leiden zu lindern / Neues Mittel gegen Nebenwirkungen der Chemotherapie erforscht / Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung wird am Montag, 29. Oktober, eröffnet (

Geschrieben am 28-10-2012

Berlin (ots) -

Mit etwa 450.000 Krebsneuerkrankungen und über 210.000 Todesfällen
pro Jahr alleine in Deutschland ist die Früherkennung, Diagnose,
Behandlung und Prävention von Krebsleiden eine der größten
Herausforderungen in der Gesundheitsforschung. Um diese zu meistern,
müssen die Kräfte in der Krebsforschung weiter gebündelt werden. Das
Deutsche Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) wird
sich dieser Aufgabe widmen. Sein Aufbau soll maßgeblich dazu
beitragen, die translationale Krebsforschung zur internationalen
Spitze zu führen. Etabliert wurde es auch auf Initiative des
Bundesforschungsministeriums. Am 18. Oktober 2012 ist das Konsortium
gegründet worden. Die feierliche Eröffnung findet am 29. Oktober 2012
durch Bundesforschungsministerin Annette Schavan statt.

Unterdessen haben Ärzte des Berliner Universitätsklinikums Charité
zusammen mit Ingenieuren und Naturwissenschaftlern verschiedener
Unternehmen und Institutionen ein Verfahren entwickelt, mit dem die
Nebenwirkungen einer Chemotherapie gelindert werden können. "Die
Patienten leben länger und müssen weniger leiden", sagte
Charité-Professor Jürgen Lademann im Gespräch mit BMBF-online, der
Internetsseite des Bundesforschungsministeriums. Das
Verbundforschungsprojekt wurde vom Bundesforschungsministerium mit
vier Millionen Euro gefördert. Mehr als die Hälfte aller
Krebspatienten in Europa bekommt eine Chemotherapie. Dabei kommt es
oft zu schweren Schädigungen der Haut, dem sogenannten Hand- und
Fußsyndrom. Ein neues Lasergerät und eine Salbe helfen nun, diese
Nebenwirkung zu lindern. "Die Biophotonik gehört zu den
Zukunftsfeldern, in denen hochqualifizierte neue Arbeitsplätze
entstehen und deutliche Verbesserungen für das Leben der Menschen zu
erwarten sind", sagte Lademann BMBF-online.

Interview mit Professor Dr. Jürgen Lademann, Dermatologe am
Universitätsklinikum Charité in Berlin, für BMBF-online

BMBF-online: Professor Lademann, Sie sind Dermatologe am
Universitätsklinikum Charité in Berlin. Zusammen mit ihren Kollegen
erforschen Sie die Nebenwirkungen von Krebsmedikamenten. Wo genau
liegt die Schwierigkeit?

Professor Lademann: Wir Ärzte verfügen ja inzwischen über sehr
effektive Waffen im Kampf gegen den Krebs: vor allem moderne,
hochwirksame Chemotherapeutika. Mehr als die Hälfte aller
Krebspatienten in Europa bekommt eine Chemotherapie - also
Medikamente, die Krebszellen im Körper zerstören. Leider kommt es bei
diesen Mitteln oft zu teils schweren Nebenwirkungen. Dazu zählen
nicht nur Schädigungen im Darm oder an den Haarwurzelzellen sondern
auch sehr schmerzhafte wunde Stellen an der Haut. Besonders häufig
treten diese Veränderungen an den Hand- und Fußflächen auf, wir
nennen das das Hand- und Fuß-Syndrom. Oftmals führte das zum Abbruch
der gesamten Chemotherapie, denn bisher war kaum bekannt, warum es zu
dieser Reaktion kommt und wie man sie heilen kann.

BMBF-online: Was haben Sie nun herausgefunden?

Professor Lademann: Wir konnten den Mechanismus des Hand- und
Fußsyndroms aufklären und sogar eine Präventionsstrategie dagegen
entwickeln! Gelungen ist uns das im Rahmen des
Verbundforschungsprojekts "Chemoprävent", bei dem wir Mediziner mit
Naturwissenschaftlern und Ingenieuren verschiedener Institutionen und
Unternehmen eng zusammenarbeiten und das vom Bundesministerium für
Bildung und Forschung mit vier Millionen Euro unterstützt wird - das
sind zwei Drittel der gesamten Kosten. Das Projekt "Chemoprävent"
zeigt deutlich, wie Mediziner, Ingenieure und Naturwissenschaftler
gemeinsam Innovationen auf dem Gebiet der optischen Technologien
hervorbringen können, mit denen sich Erkenntnisse gewinnen lassen,
die letztendlich dem Patienten zu Gute kommen.

BMBF-online: Sie sprechen von der Biophotonik, von der Erforschung
optischer Lösungen für die Medizin. Wie hilft die konkret gegen die
Nebenwirkungen der Chemotherapie?

Professor Lademann: Uns ist es gelungen, zwei laserbasierte
bildgebende Verfahren zu kombinieren. So konnten erstmals die
chemischen Prozesse unter der Haut verfolgt und aufgeklärt werden.
Wir schicken, kurz gesagt, Licht unter die Haut. Das neue Gerät, der
Lasertomograph, ist international einzigartig und ermöglicht eine
Darstellung der unterschiedlichen zellulären Strukturen der Haut.
Zudem analysiert er sie chemisch. Und zwar mittels der sogenannten
nicht-linearen Raman-Spektroskopie und der
Multi-Photonen-Tomographie. Die Raman-Spektroskopie macht es möglich,
kleine Mengen pharmazeutisch aktiver Substanzen in Zellen zu
identifizieren. Dazu werden diese mit einem Laserstrahl in höhere
Schwingungszustände versetzt, anhand der Auswertung des
Schwingungsmusters kann dann ein molekularer Fingerabdruck der
chemischen Substanzen gewonnen werden. Entwickelt wurde dieses neue
Gerät, der "Multiphotonen/CARS-Tomograph", von Mitarbeitern der
JenLab GmbH und des Instituts für Photonische Technologien in Jena.
Die Toptica Photonics AG in München entwickelt nun eine Laserquelle
für den Routineeinsatz der Technologie im klinischen Alltag. Mit
diesem nicht invasiven Verfahren können wir Ärzte nun in Echtzeit die
Anreicherung der Krebsmedikamente an bestimmten Stellen des Körpers
sowie in der Haut untersuchen. Das ist ein großer Fortschritt und
ermöglicht neue Entwicklungen: Wir wollen dieses neue Gerät nun auch
zur Erforschung von anderen Hautprozessen, beispielsweise in der
Reaktion auf Kosmetika, einsetzen. Untersuchungen dazu laufen nach
Abschluss des Hauptprojektes weiter.

BMBF-online: Wie kommt es eigentlich zu den Nebenwirkungen bei der
Chemotherapie?

Professor Lademann: Die Wirkstoffe der Medikamente treten mit dem
Schweiß aus dem Körper aus. Stellen, an denen man stark transpiriert
und die dicke äußere Hautschichten aufweisen, wie die Hand und
Fußballen, sind besonders betroffen. Die verhornten Hautschichten
wirken wie ein Schwamm und reichern die ausgetretenen Wirkstoffe an.
Freie Radikale können dann die Hautbarriere zerstören und überwinden.
Es kommt zu starken Entzündungsreaktionen. Zusammen mit der Bioskin
GmbH in Berlin konnten wir nun erste klinische Tests machen, die
zeigen, dass eine Behandlung der Stellen mit einer sogenannten
Antioxidantien-Salbe dem Auftreten des Hand- und Fuß-Syndroms
vorbeugt. Erfreulicherweise hat die Firma medac Gesellschaft für
klinische Spezialpräparate mbH diese Idee aufgegriffen und eine
Präventionssalbe Anfang des Jahres auf den Markt gebracht. In unserer
Klinik verwenden wir sie schon regelmäßig. Die Patienten leben länger
und müssen weniger leiden.

BMBF-online: Wie wichtig ist die Unterstützung durch das
Bundesministerium für Bildung und Forschung?

Professor Lademann: Sehr wichtig, denn das Projekt war Teil der
Förderinitiative im Bereich der Optischen Technologien. Das BMBF
unterstützt damit die Erforschung optischer Lösungen für Medizin und
Lebenswissenschaften. Denn die Biophotonik gehört zu den
Zukunftsfeldern, in denen hochqualifizierte neue Arbeitsplätze
entstehen und deutliche Verbesserungen für das Leben der Menschen zu
erwarten sind. Die Förderinitiative hilft, die sehr gute Position
deutscher Hersteller auf diesem Markt auch künftig zu halten und
auszubauen. In unserem konkreten Fall führten die Ergebnisse zum
Beispiel zu einer Entwicklung eines neuen Produktes, einer Salbe, die
nach Projektabschluss auch noch in den Markt eingeführt werden
konnte. Und nicht zuletzt werden durch unser Projekt die Kosten im
Gesundheitswesen gesenkt, die in Zusammenhang mit der Behandlung der
Nebenwirkungen bisher anfielen.

Weitere Informationen finden Sie unter:
http://www.dkfz.de/de/dktk/index.html und
http://www.bmbf.de/de/20347.php



Pressekontakt:
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Strategische Kommunikation; Internationale Presse
Frau Gabriele Hermani
Hannoversche Straße 28-30
10115 Berlin
Tel: 030 / 1857-5491
E-Mail: ls4@bmbf.bund.de

VDI Technologiezentrum GmbH
Prof. Dr. Hans-Joachim Schwarzmaier
Technologieberater Laser- und Optikforschung
VDI-Platz 1
40468 Düsseldorf
Tel: 02 11 7 62 14 -6 64
E-Mail: Schwarzmaier@vdi.de


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