BERLINER MORGENPOST: Der Motor der USA ist die Hoffnung / Leitartikel von Hajo Schumacher
Geschrieben am 07-11-2012 |
Berlin (ots) - Merkwürdig, denkt der harmoniebedürftige Deutsche:
Bis vor wenigen Stunden war vom dramatischsten Finish der
Weltgeschichte die Rede. Die Kontrahenten droschen aufeinander ein,
als gäbe es kein Morgen. Beobachter waren schon froh über
Halbwahrheiten. Meistens lag der Substanzgehalt der Parolen deutlich
niedriger.
Und jetzt? Gratuliert der Unterlegene artig. Und der Sieger,
dessen Wahlkampagne von einiger Schmuddeligkeit geprägt war,
tremoliert in bewährtem Pathos von - Einheit, Miteinander,
Gemeinsamkeit. Drama, Musical, medialer Blutrausch - alles vergessen,
Blick nach vorn. Dit is Amerika.
Ab sofort tickt die Uhr für die zweite Halbzeit. Vier Jahre sind
nicht viel, will Barack Obama seinen Traum wahr machen und ein großer
Präsident werden. Warme Veränderungsrhetorik reicht da nicht, der wir
Deutsche so gern glauben. Wir finden ja auch, dass Tom Hanks der
wichtigste TV-Kritiker der Welt ist. Wir denken, dass man Drohnen und
Menschenrechte nicht zusammenbekommt, dass Klimawandel im Weißen Haus
wichtiger sei als günstige Energie.
Obama ist wiedergewählt worden, nicht obwohl, sondern weil er
manchen großen Linien der US-Politik treu geblieben ist, weil er eben
nicht den totalen Change versucht hat. Er hat immerhin zwei Kriege
beendet, eine historische Gesundheitsreform durchgesetzt und im
Moment des Hurrikans seine Krisentauglichkeit bewiesen - diese
Politik hat der Wähler klarer als erwartet legitimiert.
Ab sofort aber steht die eigentliche Aufgabe an. "It's the
economy, stupid" hieß das Motto von Bill Clinton und gilt umso mehr
für Obama: Die Wirtschaft muss brummen. Mit dem digitalen Feuerwerk
im Silicon Valley ist es nicht getan. Woher soll gute Arbeit kommen,
wenn Automobil, Banken und Export schwächeln? Zugleich dürften die
fettesten Jahre der Rüstungsindustrie vorbei sein.
Wohlstand aber ist die Bedingung für alles, was den amerikanischen
Traum ausmacht. Es muss nicht allen sofort spürbar besser gehen, aber
der allgemeine Glaube muss wieder geweckt werden, es könnte schon
bald so weit sein. Hoffnung war stets der Motor der USA. Einheit wird
die zerfurchte Nation nur über den gemeinsamen Traum vom besseren
Morgen zurückgewinnen.
Womöglich sind die Voraussetzungen gar nicht so schlecht. Obamas
Aufsteigerehrgeiz reicht allemal, um zur historischen Figur werden zu
wollen. Er kann nicht wiedergewählt werden, verfügt also über gewisse
Beinfreiheit. Wirbelsturm "Sandy" hat drastisch darauf hingewiesen,
dass überall im Land Investitionsbedarf schlummert. Zudem hat es der
neue Alte mit Republikanern zu tun, denen womöglich Lust und Kraft zu
weiterer Blockade fehlen. Denn die Verlierer werden sich ein paar
grundsätzliche Fragen stellen: Hat diese Niederlage wirklich nur ein
wenig anziehender Kandidat Mitt Romney verschuldet? Oder ist es
schier unmöglich, eine Reihe von Sekten zu bedienen, die einem
normalen Konservativen zu Recht peinlich bis suspekt sind?
"We", so lautete das wohl wichtigste Wort aus dem ersten
Wahlkampf. Gelingt es Obama, dieses Wir-Gefühl mit Zahlen des
Aufschwungs zu unterfüttern, schafft er Wohlstand für alle, dann hat
er Chancen, als ein großer Präsident in die Geschichte einzugehen.
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
427679
weitere Artikel:
- Westfalen-Blatt: zum Thema US-Präsidentenwahl Bielefeld (ots) - Barack Obamas klare Wiederwahl bezeugt erneut
die Stärke und Beständigkeit der amerikanischen Demokratie. Wer hätte
gedacht, dass die kleinen Leute den massiven Angriff der
Republikanischen Kasino-Kapitalisten, Sozialdarwinisten und
Staatsverächter abwehren könnten? Jetzt haben sie es geschafft, und
sie freuen sich zu Recht, als fleißige Wahlhelfer, Tweet-Schreiber
und Wahl-Motivatoren den Urnensieg befördert zu haben. Die USA sind
also doch keine Plutokratie, in der die Herrschaft des Geldes die
uramerikanischen mehr...
- Westdeutsche Zeitung: Die deutsche Sympathie für Obama hat wenig Berechtigung =
von Martin Vogler Düsseldorf (ots) - Dass Barack Obama feiert und den aus deutscher
Sicht irritierend großen Jubel entgegennimmt, ist ihm zu gönnen. Er
kann in Ruhe weiterarbeiten. Besonders in Deutschland klatschen wir
Beifall. Wobei hinter dieser Freude weniger politisches Kalkül als
menschliche Sympathie für den ersten farbigen Präsidenten der USA
steht. Denn, ob Obamas Wiederwahl sich aus deutscher und europäischer
Sicht langfristig als positiv erweist, muss sich zeigen. Immerhin ist
seine Politik berechenbarer, als bei einem neuen Mann im Weißen mehr...
- Mittelbayerische Zeitung: Der Parteiadel übernimmt Regensburg (ots) - Von Till Lorenz
Der Beginn des 18. Parteitags ist das Ende einer Dekade: Aus der
Werkbank der Welt haben Chinas Staatspräsident Hu Jintao und
Ministerpräsident Wen Jiabao in den vergangenen zehn Jahren die
mächtige China Inc. geformt. Sie haben einen potenten
staatskapitalistischen Betrieb aufgebaut, der weltweit auf
Einkaufstour geht und dessen politisches Gewicht von Tag zu Tag
wächst. Und so sehr ein wirtschaftlich starkes China als
Konjunkturlokomotive jeden freuen sollte, so sehr muss seine
politische mehr...
- Südwest Presse: LEITARTIKEL · OBAMA Ulm (ots) - Vor hohen Hürden
Amerikas Wähler haben gesprochen und ihrem Präsidenten Barack
Obama ein klares Vertrauensvotum ausgesprochen. Trotz hoher
Arbeitslosigkeit, steigender Staatsschulden und einer ganzen Palette
ungelöster Probleme an der außenpolitischen Front wagten sie den
Blick nach vorn. Sie wollen den Kurs der vergangenen vier Jahre
fortsetzen. Die Frage lautet nun, ob es Obama gelingen kann, eine
tief gespaltene Nation, die sich durch wachsende politische
Polarisierung auszeichnet, zu einen. Dazu braucht er die mehr...
- Mittelbayerische Zeitung: Die richtige Wahl Regensburg (ots) - Von Christian Kucznierz
Deutschland hat seinen Wunschpräsidenten bekommen - und die USA
den richtigen Mann, der das Land aus der Krise führen kann. Aber es
gibt auch eine andere Gruppe, die dem Sieg des Präsidenten etwas
Positives abgewinnen sollte: die Republikaner. Mitt Romney war ihr
Kandidat, aber er war nicht ihr Herzenswunsch. Es war eher so, dass
er alleine aus einer Gruppe nur wenig geeigneter Kandidaten als
einzig repräsentierbarer übrig geblieben war. Den starken
Ultrarechten hat das nie gefallen. mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|