(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu politischen Talkshows

Geschrieben am 12-11-2012

Bielefeld (ots) - Hat Stefan Raab dem austauschbar und langweilig
gewordenen Format der politischen Talkshow neues Leben eingehaucht?
Nein, hat er nicht. In »Absolute Mehrheit«, das am Sonntagabend bei
Pro7 Premiere feierte, hat er Politik zu einer Castingshow gemacht,
und damit verkommt eine ernste Angelegenheit endgültig zur
Unterhaltung samt Gewinnspiel für die Gäste und die Zuschauer.
Akzeptanzprobleme haben politische Talkshows schon lange. Neue
Erkenntnisse liefert das Dauergeplapper der überall nahezu
identischen Gäste in den seltensten Fällen. Solche Sendungen nützen
nur den Politikern selbst, weil sie eine Bühne der Selbstdarstellung
sind und eine Gelegenheit bieten, sich als volksnah,
durchsetzungsstark und kämpferisch zu gebärden. Früher waren
politische Talkshows selten und dadurch noch etwas Besonderes. Man
denke nur an das legendäre »Im Kreuzfeuer«, bei dem Claus Hinrich
Casdorff und Rudolf Rohlinger in der ARD Politiker in die Mangel
nahmen und 1972 den CSU-Chef Franz Josef Strauß zur Weißglut trieben
(»Wissen Sie, solche Überfallfragen liebe ich nicht. Bitte lassen Sie
dös«). Heute sind politische Talkshows alltäglich, eine austauschbare
Massenware: montags Plasberg, dienstags Maischberger, mittwochs Will,
donnerstags Beckmann und Illner, sonntags Jauch und Raab. Inflation
ist aber nie gut, weder beim Geld noch im Fernsehen. Quark schmeckt
nicht dadurch besser, dass man ihn breittritt. Wenn zum 20. Mal in
der ARD über Zweiklassenmedizin, Korruption, Jugendwahn oder
Pflegenotstand diskutiert wird, ist das Zeit- und
Gebührenverschwendung - auch wenn der Sender noch so oft behauptet,
er erfülle damit seinen Bildungs- und Informationsauftrag. Die Fülle
der Talkshows leistet dem Eindruck Vorschub, als würde Politik bei
Plasberg oder Jauch gemacht und nicht mehr im Bundestag. Zum Glück
ist das aber nicht so, denn im Fernsehen finden Hahnenkämpfe statt,
keine wirklichen Auseinandersetzungen mit dem Ziel, zu einer Lösung
zu kommen. Die Argumente der Vertreter der Parteien prallen statisch
aufeinander, und der vom Sender eingeladene »betroffene« Bürger hört
zu und hofft vergebens, dass sein Problem beseitigt wird. Politik ist
das komplizierte, langwierige Bohren harter Bretter und damit ein
Prozess, der mit dem flüchtigen Medium Fernsehen eigentlich
unvereinbar ist. Deshalb können Talkshows, in denen Themen teilweise
fahrlässig vereinfacht werden, nie die Realität abbilden. Dabei gibt
es lohnende Alternativen zu politischen Talkshows: Dokumentationen
und Reportagen, die die Sorgen und Nöte der Menschen konkret
schildern, lassen Politik lebendig werden. Hintergrundberichte aus
der Wirtschaft erklären, was mit dem Euro, unserem Geld, passiert und
sind Aufklärung im besten Sinne. Fazit: bitte mehr Dokumentationen
und weniger Talkshows. Den wenigsten Zuschauern würde dann wirklich
etwas fehlen.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

428613

weitere Artikel:
  • Allgemeine Zeitung Mainz: Alltag / Kommentar zum Parkhaustest Mainz (ots) - Mit dem Parkhaus-Test des ADAC ist es wie mit jeder Untersuchung: Die Herangehensweise bestimmt das Ergebnis. Wenn der Automobilclub etwa das auch von ihm empfohlene "City-Port" am Hauptbahnhof getestet hätte, wäre das Resultat für Mainz besser ausgefallen. Und in Wiesbaden, das beim letzten Mal gut abgeschnitten hat, gibt es durchaus auch dunkle, enge Löcher, die die Bezeichnung "modernes Parkhaus" schon lange nicht mehr verdient haben. Alles nur Sturm im Wasserglas also? Nein. Die Tester gehen bewusst vor. In vielen mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Kulturszene in Wuppertal Osnabrück (ots) - Stadt ohne Chance Mit einem Kommunalpolitiker in Wuppertal möchte man derzeit nicht tauschen. Denn gestalten kann er dort nichts mehr - abgesehen von der Wahl der Stelle, wo der Rotstift angesetzt wird. Überschuldet, wie die Stadt ist, muss die Stadt sparen - ohne Alternative. Prominentes Opfer: das Schauspiel. Denn nur mit Bauernopfern kommt die Stadt nicht los vom Tropf des Landes und dem privater Geldgeber. Damit gibt die Stadt Wuppertal ihre Kulturhoheit auf: Ausgaben für Kultur sind nicht nur die sogenannten mehr...

  • David Van Reybrouck gewinnt den NDR Kultur Sachbuchpreis 2012 Hamburg (ots) - "Kongo. Eine Geschichte" von David Van Reybrouck ist das beste deutsche Sachbuch des Jahres 2012 - das hat die siebenköpfige Jury einstimmig entschieden. Im Rahmen einer festlichen Gala nimmt der Autor die mit 15.000 Euro dotierte Auszeichnung am Dienstag, 20. November, im Alten Rathaus in Hannover entgegen. Laudator ist der Journalist und Gründer von Cap Anamour Rupert Neudeck. "Kongo. Eine Geschichte" schildert die Entwicklung des Landes von seiner Kolonialisierung bis in die Gegenwart. Bei seinen zahlreichen mehr...

  • Japaner sind anders - Deutsche auch! / Neue Japan-Piktogramme stellen Eiche und Bambus gegenüber: auf das Wesentliche reduziert, mit Klischees spielend, schnell verständlich Ludwigsburg (ots) - Die Japanexpertin, Unternehmensberaterin und Trainerin Rita Menge brachte am 1.11.2012 ihr zweites Japanbuch beim Verlag Königshausen & Neumann heraus. Spätestens seit dem Erfolg von Sushi, Manga und Kaizen sind wir uns sicher: Japaner sind anders. Aber was genau ist anders? Da sind zum einen die sichtbaren Unterschiede wie das Schlange stehen und zum anderen die verdeckten Unterschiede wie der Umgang mit Konflikten. Anhand zahlreicher Themen aus Beruf und Alltag wird dieser Frage herausfordernd und mehr...

  • "WDR 5 liest vor" - WDR-Radiosprecherinnen und -sprecher gehen am 16. November auf Lesetour quer durch NRW Köln (ots) - "WDR 5 liest vor" - unter diesem Motto veranstaltet das WDR-Wortprogramm anlässlich des bundesweiten Vorlesetages am 16. November eine Lesetour durch Nordrhein-Westfalen. Zum 7. Mal reisen WDR-Radiosprecherinnen und -sprecher in alle Richtungen des Landes: nach Bielefeld und Bonn, nach Oberhausen und Olpe, nach Bad Salzuflen und Bergheim. An insgesamt 50 Orten lesen sie vor, was das WDR 5-Publikum sich gewünscht hat. Literarisches und Philosophisches, Krimis und Märchen, Kinder- und Sachbücher. In einem Lichtturm wird mehr...

Mehr zu dem Thema Alles rund um die Kultur

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

Pinocchio erreicht Gold in Deutschland mit Top-3-Hit "Klick Klack" - "Mein Album!" erscheint am heutigen Tag - Neue Single "Pinocchio in Moskau (Kalinka)" folgt am 17. März

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht