11. Berliner Dialog am Mittag: AMNOG-Verfahren beeinflussen auch Generikamarkt (BILD)
Geschrieben am 15-11-2012 |
Berlin (ots) -
Die strukturellen Weichenstellungen des
Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG), mit denen eigentlich
nur die Preise patentgeschützter Arzneimittel geregelt werden
sollten, werden auch deutliche Auswirkungen auf den deutschen
Generikamarkt haben. Zu dieser Einschätzung kamen die Teilnehmer des
"11. Berliner Dialoges am Mittag", den Pro Generika am 14. November
2012 in Berlin veranstaltete.
Die Experten diskutierten darüber, wie sich die frühe
Nutzenbewertung und die anschließenden Verhandlungen über
Erstattungspreise (AMNOG-Verfahren) auf den Generikamarkt und das
Verordnungsverhalten der Ärzte auswirken werden.
- Zusatznutzen als "Gütesiegel" für die Verordnung? -
Hans Holger Bleß, Bereichsleiter Versorgungsforschung des Berliner
IGES Institutes, konnte dabei auf erste Untersuchungen seines Hauses
zu bereits abgeschlossenen AMNOG-Verfahren zurückgreifen. Danach
wurde über alle abgeschlossenen Verfahren hinweg nur für 20 Prozent
der Patienten ein Zusatznutzen der neuen Präparate festgestellt. Bleß
betonte aber auch, dass mit der Anerkennung eines Zusatznutzens durch
den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) den Ärzten eine Art
'Gütesiegel' für das entsprechende Arzneimittel signalisiert würde.
Zudem würde die Tatsache, dass zwischen Krankenkassen und Hersteller
ein Erstattungspreis vereinbart wurde, von den Ärzten als Beleg für
die Wirtschaftlichkeit der Verordnung wahrgenommen. Käme dann noch
die Anerkennung als Praxisbesonderheit hinzu, ließe sich schon jetzt
ein klarer Trend zur stärkeren Verordnung von positiv bewerteten,
patentgeschützten Medikamenten erkennen. Denn der Arzt hätte in
diesen Fällen keine Regresse zu befürchten. Dies würde dazu führen,
dass etablierte Therapien wie z. B. Generika erkennbar schneller
verdrängt werden, als das vor dem AMNOG der Fall war.
- Verdrängung generischer Standardtherapien -
Johann-Magnus von Stackelberg gab einen Überblick über den
aktuellen Stand der AMNOG-Verfahren. Die ersten Erfahrungen zeigten
aus seiner Sicht, dass sich Hersteller und GKV-Spitzenverband
überwiegend auf dem Verhandlungsweg einigen konnten. Der
stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes sah
allerdings auch die Gefahr einer nicht gewollten Verdrängung
preisgünstiger Generikatherapien, falls die Ärzte die vom G-BA
vorgenommenen Nutzenbewertungen nicht genau beachten würden. Folglich
sei die Steuerung der mit dem Hersteller vereinbarten Mengen eine der
großen Herausforderungen. Stackelberg betonte, dass man die
Entwicklung des ärztlichen Verordnungsverhaltens daher sehr genau
beobachten werde.
- Keine ungewollten Risiken und Nebenwirkungen -
Auch Wolfgang Späth wies auf dieses Problem hin. Der
Vorstandsvorsitzende von Pro Generika sah grundsätzlich richtige
Ansätze im AMNOG-Verfahren, wenn Patienten vom therapeutischen
Fortschritt profitieren. Da, wo ein Zusatznutzen besteht, sollten
patentgeschützte Arzneimittel zum Wohl der Patienten eingesetzt
werden, stellte er klar. Späth warf aber auch die Frage auf, wie der
Arzt angesichts der komplexen Bewertungsergebnisse des G-BA den
Überblick behalten kann. Dies gelte umso mehr, wenn erst der so
genannte Bestandsmarkt - und damit zahlreiche weitere bereits
eingeführte Medikamente - auf seinen Nutzen hin überprüft wird. Zudem
sei genau zu beobachten, wie Hersteller reagierten, deren Präparate
keinen Zusatznutzen zugesprochen bekommen. Bisher entschieden sich
die Unternehmen überwiegend dafür, ihre Präparate vom deutschen Markt
zu nehmen. Denkbar seien aber auch Fälle, in denen die Hersteller
bereits länger eingeführter Präparate den Preis auf ein generisches,
also deutlich geringeres, Niveau senken. Dies würde dem nach
Patentablauf möglichen Generikawettbewerb und insbesondere der
Neueinführung von Generika dann keinen Raum mehr lassen. Es müsse
allen Beteiligten klar sein, dass das AMNOG damit auch für die
Generikaunternehmen relevant ist.
- AMNOG-Verfahren sind "lernendes System" -
Michael Hennrich (CDU), Mitglied im Bundestagsausschuss für
Gesundheit, warb dafür, die AMNOG-Verfahren als "lernendes System" zu
betrachten. Aus Sicht der Politik sei klar, dass Generika immer dann
als Therapie der Wahl bestätigt würden, wenn ein patentgeschütztes
Produkt keinen Zusatznutzen nachweisen konnte. Zudem sei das AMNOG
aus seiner Sicht ein Beitrag zur Versorgungsoptimierung. Nun sei es
Aufgabe aller Beteiligten, dafür zu sorgen, dass ungewollte
Fehlentwicklungen bereits im Ansatz erkannt und dann auch verhindert
werden. Hennrich sah in diesem Zusammenhang vor allem die
Selbstverwaltung gefordert. Gleichzeitig stellte Hennrich aber auch
klar, dass die Politik die konkrete Ausgestaltung der AMNOG-Verfahren
sehr intensiv verfolgen werde. Sollte es nötig sein, werde die
Politik nachsteuern.
Pressekontakt:
Bork Bretthauer, Geschäftsführer, Tel.: (030) 81 61 60 9-0,
info@progenerika.de
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