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Wahljahr 2013: Energiewende vor der Bundesregierung schützen, Klimaschutz wiederbeleben

Geschrieben am 19-12-2012

Berlin (ots) - Pressemitteilung zur Jahrespressekonferenz

Deutsche Umwelthilfe zieht Bilanz und blickt auf das bevorstehende
Wahljahr - Sonne, Wind und Effizienz im Zentrum des neuen
Energiesystems verankern - Aktuelle Kritik der
Wissenschaftler-Kommission zur Evaluierung der Energiepolitik belegt
mangelnden politischen Willen der Bundesregierung, die eigene
Energiewende umzusetzen - Vollzugsdefizit verbraucherbezogener
Umweltgesetze verursacht jährlich Millionen Tonnen zusätzlicher
CO2-Emissionen - Stichproben-Kontrollen werden zu Arbeitsschwerpunkt
der DUH

Im Wahljahr 2013 werden die Weichen weit über die nachfolgende
Legislaturperiode hinaus gestellt: Richtung Erfolg oder Misserfolg
bei der Energiewende, Richtung Erfolg oder Misserfolg beim
nationalen, europäischen und möglicherweise sogar beim weltweiten
Klimaschutz, Richtung Erfolg oder Misserfolg auch beim
umweltorientierten Verbraucherschutz. Darauf haben die beiden
Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH), Jürgen
Resch und Michael Spielmann anlässlich der Jahrespressekonferenz der
Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation in Berlin hingewiesen und
insbesondere die Wahlkämpfer der Regierungsparteien davor gewarnt,
"im anstehenden Superwahljahr den Verlockungen des Populismus
nachzugeben", wie das anlässlich der Strompreisdebatte der
vergangenen Monate vielfach zu beobachten gewesen sei.

"Wahlauseinandersetzungen sind in der Demokratie Zeiten der
politischen Zuspitzung, aber nicht der Volksverdummung. Wer diese
Unterscheidung im Superwahljahr 2013 verwischt, sollte dafür von den
Wählerinnen und Wählern abgestraft werden", erklärten Resch und
Spielmann. Energiewende und Klimaschutz könnten nur gelingen, wenn
beide - wie von der Ethikkommission der Bundesregierung gefordert -
als gesellschaftliches "Gemeinschaftswerk für die Zukunft" angelegt
werden. Dazu bedürfe es neben eines planvollen Vorgehens vor allem
einer fairen Verteilung von Chancen und Lasten des eben erst begonnen
Transformationsprozesses. "Wo ist die Klimakanzlerin Angela Merkel?",
fragten die DUH-Geschäftsführer angesichts der Dauerblockade zwischen
den Ministern Rösler (FDP) und Altmaier (CDU) und eines Bau- und
Verkehrsministers Peter Ramsauer (CSU), der als eigentlicher
Klimaschutzminister nicht in Erscheinung trete.

Die Parteien stehen nach Überzeugung der DUH in der Pflicht, vor
der Bundestagswahl im Herbst 2013 umsetzbare Konzepte für die nächste
Stufe der Energiewende zu präsentieren. Auf Basis dieser
Zukunftsprogramme könnten Wählerinnen und Wähler dann entscheiden,
sagte Spielmann. Als Eckpunkte nannte er:

-
Die Dynamik beim Bau regenerativer Energieanlagen erhalten. Dazu
müsse das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) so fortentwickelt werden,
dass der Vorrang für Sonne, Wind und Co. und die Sicherheit der
Investments erhalten bleibe.

-
Die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung sicherstellen. Dazu
müssten Chancen und Lasten der Energiewende gerecht verteilt und vom
Umbau des Energiesystems besonders betroffenen Bürgerinnen und
Bürgern echte Beteiligungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten angeboten
werden.

-
Ungelöste Atomendlagerfrage voranbringen. Dazu müsse der Rückholplan
für die Skandal-Deponie Asse zügig vorangetrieben und noch 2013 ein
wissenschaftsbasiertes Endlagersuchgesetz für hochradioaktiven
Atommüll im Parteienkonsens verabschiedet werden.

-
Die Versorgungssicherheit absichern. Dazu müsse neben dem aktuellen
Strommarkt der Rahmen für einen weiteren Teilmarkt für
"Versorgungssicherheit" geschaffen werden, der zum einen bundesweit
die Sicherheit der Stromversorgung zu jeder Stunde des Jahres
garantiert und zum anderen die Einhaltung der Klimaschutzziele im
Auge behält.

-
Den Naturschutz in einer sich verändernden Kulturlandschaft sichern.
Dazu müssten reale Zielkonflikte erkannt, systematisch thematisiert
und konkret entschärft werden.

-
Die Energieeffizienz zu einem Funktionsprinzip der postfossilen
Gesellschaft entwickeln. Dazu müsse eine Kombination aus
wirtschaftlichen und ordnungsrechtlichen Rahmensetzungen in den
Sektoren Strom, Wärme und Mobilität die anhaltende
Energieverschwendung zurückdrängen.

Spielmann verwies darauf, dass die von der Bundesregierung
berufene vierköpfige Wissenschaftler-Kommission zur Evaluation der
Energiewende die Arbeit der Minister Rösler und Ramsauer soeben mit
der Note "mangelhaft" bewertet habe: "Wenn wir für energetische
Effizienz im Gebäudebestand und im Verkehrssektor keinen Schlüssel
finden, können wir die Energiewende vergessen." Diese fast schon
banale Erkenntnis habe sich leider in der Bundesregierung noch nicht
überall rumgesprochen.

"Der in Deutschland praktizierte systematische Verzicht auf eine
Vollzugskontrolle bei umweltbezogenen Verbraucherschutzgesetzen wird
mehr und mehr zu einer Belastung nicht nur für den Klimaschutz,
sondern auch für die Geldbeutel der Verbraucher", verwies Jürgen
Resch auf ein Problem, das die DUH als klageberechtigte Umwelt- und
Verbraucherschutzorganisation immer stärker beschäftigt. Die
Situation sei inzwischen "zu einem Abbild der deregulierten und
wirkungslosen Lebensmittelkontrolle von vor zehn Jahren eskaliert".
Im zu Ende gehenden Jahr sei die DUH gegen mehr als 1.000 Verstöße
juristisch vorgegangen. Dabei ging es um die Verletzung von mehr als
einem Dutzend verschiedener Umweltgesetze und -verordnungen. Selbst
wenn Verbraucherinnen und Verbraucher wissentlich und gezielt mit
falschen Angaben über angebliche Umweltvorteile, Energieverbräuche
oder den Quecksilbergehalt von Energiesparlampen getäuscht würden,
gebe es in aller Regel kein Einschreiten der Behörden - wegen
angeblicher oder tatsächlicher Arbeitsüberlastung.

Eine vorsichtige Hochrechnung der so verursachten zusätzlichen
CO2-Emissionen kommt auf einen Wert von deutlich über 10 Millionen
Tonnen des Treibhausgases pro Jahr. Diese verdeckten Klimalasten
tauchten in keiner an internationale Gremien gemeldeten deutschen
Klimabilanz auf. Resch: "Wir werden mit unseren
Stichproben-Kontrollen fortfahren, solange der Staat nicht tut, was
seines Amtes ist. Und wir werden die Autoindustrie oder die
Hersteller von Haushaltsgeräten solange mit ´Reality Checks´ nerven,
bis eingesparte CO2-Emissionen und Euros für den Energieverbrauch
nicht mehr nur auf dem Papier stehen." Resch verwies darauf, dass die
DUH in Fällen von grundsätzlicher Bedeutung in den vergangenen Jahren
Entscheidungen bis zum Bundesgerichtshof erfolgreich durchgefochten
habe und dies auch weiter tun werde. Im zu Ende gehenden Jahr seien
Einschüchterungsversuche aus der Automobil-, Kunststoff- oder
Einweggetränkeindustrie geradezu eskaliert. Jedes Mal sei die DUH
unter Drohungen aufgefordert worden, ihre Kontrolltätigkeit
aufzugeben.

Beispiele für das Versagen des Staates bei der Kontrolle von
Umweltregelungen:

-
Die von der Automobilindustrie bei der Meldung neuer Pkw-Modelle an
die Zulassungsbehörden gemeldeten Angaben über Spritverbrauch und
CO2-Emissionen werden von den Behörden grundsätzlich akzeptiert und
selbst bei Klagen über drastische Abweichungen nach oben nicht
überprüft.

-
Verstöße gegen Energieeffizienz- bzw. so genannte Nasshaftungsangaben
bei Reifen, der Quecksilbergehalt von Energiesparlampen oder die
korrekte Angabe von Stromverbrauchswerten von Elektrogeräten werden
von den Behörden selbst dann nicht geahndet, wenn die Abweichungen
offiziell gemeldet werden.

-
Vier Jahre, nachdem die DUH erstmals vor den Risiken des von der
chemischen Industrie präsentierten Kältemittels 1234 yf für
Pkw-Klimaanlagen gewarnt hat, bestätigen Daimler und VW plötzlich die
DUH-Analyse - nur um anschließend weiter das seit Anfang 2011 EU-weit
verbotene extrem klimaschädliche, alte Kältemittel R 134a ungerührt
weiter zu verwenden. Reaktion von Politik und Behörden auf den
offenen Rechtsbruch: Null.

Im zu Ende gehenden Jahr 2012 ist die DUH wie bereits in den
Jahren zuvor weiter gewachsen und beschäftigt aktuell 86
hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, etwa gleichgewichtig
verteilt auf die Geschäftsstellen am Stammsitz Radolfzell (Bodensee)
und in Berlin. Weitere vier Personen arbeiten in der Geschäftsstelle
Hannover sowie je eine in den Projektbüros Elbe in Köthen und in
Erfurt. Die Deutsche Umwelthilfe fühlt sich deshalb gut gerüstet,
ihre Arbeit für Umwelt- und Verbraucherschutz im Jahr 2013 mit noch
mehr Intensität fortzusetzen.

Den druckfrischen Jahresbericht 2012 der Deutschen Umwelthilfe,
der unter der umsichtigen Regie der Journalistin und Autorin Ulrike
Fokken entstand, finden Sie als PDF unter
http://www.duh.de/jahresberichte.html.



Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin, Mobil: 01713649170, E-Mail: resch@duh.de

Michael Spielmann, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin, Tel: 030 2400867-0; Mobil: 0160 90914431, E-Mail:
spielmann@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin, Tel.: 0302400867-0, Mobil: 01715660577, E-Mail:
rosenkranz@duh.de


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