DER STANDARD-Kommentar: "Montis verwirrende Planspiele" von Gerhard Mumelter
Geschrieben am 26-12-2012 |
"Der Parteilose will nicht wahlkämpfen, aber trotzdem wieder
Premier werden"; Ausgabe vom 27.12.2012
Wien (ots) - Er gehört keiner Partei an, will keinen Wahlkampf
führen, keine Liste gründen. Dennoch peilt Mario Monti erneut das
höchste Regierungsamt in Italien an, um sein Reformwerk fortzusetzen.
Dabei drängt er nicht ins Amt, sondern will gerufen werden und die
Bedingungen selbst diktieren. Sein umfassendes Reformprogramm für die
kommende Legislaturperiode liefert er gleich mit.
Es ist ein eigenwilliges Verwirrspiel, das Monti betreibt.
Kandidieren will der Ökonom nicht, weil er mit einer eigenen
Gruppierung keine Chance auf die Macht hätte. Gleichzeitig misstraut
er einem Großteil des Parteienspektrums; Etiketten wie "links" oder
"rechts" sind ihm zuwider.
Dieses Misstrauen wird von den argwöhnischen Parteien natürlich
erwidert. Sie bangen um ihre Macht und beobachten jeden Schritt des
Eindringlings sehr genau. Sie wissen um seine Absicht, das aktuelle
Parteiengefüge aufbrechen und Reformer aus beiden Lagern auf eine
konkrete Agenda für das hochverschuldete Italien einschwören zu
wollen.
Montis nebulös wirkender Vorstoß, ohne eigene Machtbasis eine
Führungsrolle zu übernehmen, scheint auf den ersten Blick zum
Scheitern verurteilt. Nur die Christdemokraten und Luca di
Montezemolos Bewegung Italia Futura waren bisher bereit, seine Agenda
bedingungslos mitzutragen und ihm freie Hand zu gewähren. Beiden
zusammen werden aber bestenfalls 20 Prozent zugetraut.
Nach Tagen des Zögerns hat der unschlüssige Premier nun offenbar
seine ausweglose Situation eingesehen. Wenige Sätze auf Twitter
deuteten einen Strategiewechsel an: "Gemeinsam haben wir Italien vor
dem Desaster gerettet. Nun muss die Politik verändert werden. Klagen
hilft nicht, sich engagieren schon. Steigen wir in die Politik ein!"
Die kryptische Botschaft löste neuerliches Rätselraten aus. Trägt
sich der Mailänder Ökonom mit der Absicht, mit einer eigenen Liste in
den Wahlkampf zu ziehen? Oder erlaubt er bloß den Zen_trumsparteien
die Verwendung seines Namens für die Kampagne?
Hinter den Kulissen wird hektisch verhandelt, denn Monti will die
Zen_trumsparteien nur dann unterstützen, wenn sie echten
Erneuerungswillen bekunden. Das bedeutet: Altgediente Politiker
müssen von den Listen verschwinden und durch Kandidaten aus der
Zivilgesellschaft ersetzt werden.
Während Silvio Berlusconi wütende Attacken reitet, bekundet der
favorisierte Partito Democratico (PD) nun Interesse an Monti. Doch
der voraussichtliche Wahlsieger Pier Luigi Bersani will natürlich
selbst regieren.
Monti setzt indes auf eine langfristige Strategie. Sowohl im PD als
auch in Berlusconis PdL überzeugt seine Agenda viele. Einige haben
ihren Parteien bereits den Rücken gekehrt - eine Tendenz, die sich
nach der erwarteten Spaltung von Berlusconis Partei verstärken
könnte.
Vorerst lässt die Radikalisierung des Wahlkampfs durch den wie
besessen wirkenden Berlusconi keine Zwischentöne zu. Mitentscheidend
dürfte sein, wie viele politikverdrossene Italiener der parteilose
Premier überzeugen und zur Stimmabgabe motivieren kann. Montis Stunde
könnte schlagen, wenn am 24. Februar wegen des absurden Wahlrechts
keine der Parteien im Senat über eine regierungsfähige Mehrheit
verfügen sollte. Dann könnte Montis Agenda das Programm der nächsten
Regierung entscheidend mitprägen - und der 69-Jährige hätte den Fuß
wieder in der Tür.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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