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WAZ: 2013 geht es Europa schlecht - Leitartikel von Ulrich Reitz

Geschrieben am 26-12-2012

Essen (ots) - Es steht wirklich schlecht um Europa. Und Besserung
im neuen Jahr ist nicht in Sicht. Der Friedensnobelpreisträger
leidet. Weshalb ist das so? Und wie kommt es zu dem Widerspruch von
äußerem Schein und inneren Elend? Der letzte Europa-Gipfel, auf dem
die nächsten großen Reformschritte beschlossen werden sollten, ist ja
gescheitert. Das nächste Treffen der Regierungschefs findet im Sommer
statt. Die Bundestagswahl steht bevor. Entsprechend aufgeheizt wird
das Klima im größten und wichtigsten Euroland sein. Das ist einfach
nicht die Zeit für Diskussionen über nationale Souveränität und
europäische Identität. Schwerer aber wiegt die offene Frage, ob es
Europa überhaupt noch gibt. Noch nie war der alte Kontinent so
gespalten wir heute. Auf der einen Seite die Südländer, die einen
Vorschlag nach dem anderen machen, wie sie an mehr Geld der
Nordländer kommen. Angesichts der teilweise chaotischen sozialen
Verhältnisse in diesen Ländern und den krisenverschärfenden Folgen
der Sparpolitik kann man das sogar verstehen. Auf der anderen die
Nordländer, die vor allem eins tun: Nein sagen. Dazwischen eine
dritte Gruppe, der Osten, mit Ländern wie Polen, die mitbestimmen
wollen, ohne etwa dem Euro anzugehören. Eine europäische Mitte gibt
es nicht mehr. Die deutsch-französische Achse ist Vergangenheit.
Frankreich zählt zum Süden, Deutschland zum Norden. Längst
argumentiert die deutsche Kanzlerin fast wortgleich wie ihr
niederländischer, schwedischer, dänischer Kollege (bzw. Kollegin).
Den Nordländern geht es wirtschaftlich gut und, folgt man einer
"Spiegel"-Recherche, sie wollen nichts mehr wissen von einem
Verantwortungs-Transfer nach Europa. Motto: nicht Süd-Banken zu
Lasten von Nord-Rentnern retten. Nachvollziehbar ist auch das. Und so
sitzen sie alle in ihren nationalen Schützengräben. Und die
europäischen Instanzen, die in der Lage wären, so etwas zu definieren
wie ein europäisches Gemeinwohl, sind zu schwach dafür. Angela Merkel
wäre zwar stark genug. Aber sie ist ihren deutschen Wählern
verpflichtet. Einen europäischen Souverän gibt es eben nicht.
Finstere Zeiten für Europa.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de


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