Neue OZ: Kommentar zu Soziales / Senioren / Menschenrechte
Geschrieben am 11-01-2013 |
Osnabrück (ots) - Krankes System
Folter und Pflegeheim, diese Wortkombination klingt alarmierend.
Die Nachricht, dass die Nationale Antifolterstelle demnächst
womöglich deutsche Altenheime kontrollieren wird, mag daher im ersten
Moment Unverständnis, ja Ablehnung hervorrufen. Kein Wunder, dass
sich Einrichtungen unter Generalverdacht gestellt fühlen.
Doch die Fakten sprechen für mehr Kontrollen: Angaben der
Pflegekassen zufolge wird jeder fünfte Heimbewohner im Laufe seines
Aufenthalts Opfer von Gewalt. Es schockiert, dass Menschen
missbräuchlich mit Psychopharmaka ruhiggestellt, mit Schlägen gefügig
gemacht oder ohne Genehmigung an Betten oder Rollstühle gefesselt
werden. Natürlich passiert das nicht immer und überall. Dennoch: In
solchen Fällen wird die Würde der Pflegebedürftigen missachtet.
Ohne Zweifel sind mehr Kontrollen lediglich ein Mittel, die
Symptome eines kranken Systems zu bekämpfen. Die Wurzel des Übels
bleibt: zu wenig Personal für zu viele Bewohner. Chronisch
überforderte Pfleger sind die Folge. Die Hemmschwelle, zu unlauteren
Methoden zu greifen, um das Arbeitspensum zu bewältigen, kann dadurch
sinken. Um hier Abhilfe zu schaffen, muss dringend mehr Geld zur
Verfügung stehen, damit sich die Bedingungen in Heimen verbessern,
auch wenn die Beiträge steigen. Mehr Kontrollen sind daher sinnvoll,
kratzen aber nur an der Oberfläche.
Franziska Holthaus
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: +49(0)541/310 207
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