Westdeutsche Zeitung: Papst Benedikt XVI. macht den Weg frei =
von Cornelia Breuer-Iff
Geschrieben am 27-02-2013 |
Düsseldorf (ots) - Heute Abend um 20 Uhr endet das Pontifikat von
Benedikt XVI. Nicht, weil der Himmel ihm eine Frist gesetzt hätte.
Sondern weil ein hoch betagter Mann seine Kräfte angesichts einer
sich schnell verändernden Welt realistisch einschätzt: Physisch und
mental zu schwach, um das nötige Tempo noch halten zu können. Alles
hat seine Zeit, sagt der Prediger Salomo in der Bibel. Rückte der
polnische Vorgänger Johannes Paul II. mit seinem öffentlichen Leiden
das Sterben als Teil des Lebens neu ins gesellschaftliche Blickfeld,
so zeigt die große Geste des scheidenden Papstes: An der Macht muss
man nicht bis zum letzten Atemzug kleben, man kann sie aus freien
Stücken wieder hergeben. Dieser demütigen Selbstbeschränkung, die er
einmal "unter Umständen eine Pflicht" nannte, wird auch in der
säkularen Welt viel Respekt gezollt. Seiner Kirche beschert Papst
Benedikt XVI. damit zudem eine historisch zu nennende Zäsur - und die
Chance auf Veränderung. In Zeiten des Umbruchs tradierter Formen des
sozialen wie des religiösen Lebens wird es künftig darauf ankommen,
für die Botschaft des Jesus von Nazareth, für den christlichen
Glauben als ein sinnstiftendes Angebot unter vielen zu werben, ja, zu
begeistern. Das braucht vertrauenswürdiges "Bodenpersonal", eine
uneingeschränkte Hinwendung zum Mitmenschen - und Normen, die einen
Sitz in der Lebenspraxis der Gläubigen haben. Unter dem
weltumspannenden Dach der römisch-katholischen Kirche müssen sich
verstärkt kulturell bedingte, regionale Besonderheiten ausbilden
dürfen. In einem Land wie Deutschland beispielsweise, das Frauen wie
Männer gleichermaßen fördert, muss sich die Kirche anders aufstellen
können als in einem noch gänzlich patriarchalisch geprägten Umfeld.
Einheit in Pluralität. Papst Benedikt XVI. hat den Weg frei gemacht.
Für einen Nachfolger, der sich in der Gegenwart besser als er selbst
zurechtfindet. Für einen Jüngeren mit frischer Kraft - und
bestenfalls Manager-Qualitäten. Ob die katholische Kirche, die den
Wunderglauben beständig nährt, auf weitere Überraschungen an ihrer
Spitze hoffen darf? Vieles scheint möglich in diesen Tagen.
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