Mittelbayerische Zeitung: "Mittelbayerische Zeitung" (Regensburg) zu EU-Fördermitteln
Geschrieben am 01-03-2013 |
Regensburg (ots) - Die Umverteiler
von Reinhold Willfurth, MZ
Wer sich die Mühe macht, die 32-seitige, eng bedruckte Liste der
"Endbegünstigten" des EU-Programms "für regionale
Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung" durchzulesen, kommt nicht
umhin, immer wieder den Kopf zu schütteln. 576 Millionen Euro wurden
via EFRE, so heißt das Programm, bayernweit in den vergangenen Jahren
an Privatfirmen, Kommunen, Verbände und Freiberufler ausgezahlt. Dazu
kommen noch rund 300 Millionen aus dem Europäischen Sozialfonds
(ESF). Die meisten "Endbegünstigten" stammen aus der Oberpfalz, aus
Niederbayern und aus Oberfranken. Und das ist gut so. Denn die
Zielrichtung des Geldsegens aus Brüssel ist die Chancengleichheit für
eine europäische Region, die immer noch die Nachwirkungen von 45
Jahren Eisernem Vorhang verkraften muss. Fast 900 Millionen Euro sind
ein stolzer Betrag, den kaum jemand auf der Rechnung hat, wenn es um
Impulse von außen für unsere Region geht. Doch was haben 500 000 Euro
für Vier-Sterne-Hotels im Landkreis Cham oder im nordöstlichen Winkel
des Landkreises Tirschenreuth mit dem Gemeinwohl zu tun? Sichern die
Fördermillionen für den Neubau eines Backbetriebs oder ein
Zentrallager für Autoersatzteile im Fördergebiet wirklich dauerhaft
Arbeitsplätze und den jeweiligen Betrieb als potenziellen
Gewerbesteuerzahler für klamme Grenzlandgemeinden? Oder sind das nur
Subventionen für Unternehmer oder womöglich anonyme Konzerne, die das
Prinzip der Mitnahmementalität verinnerlicht haben? Diesem Argwohn
steht die Erkenntnis entgegen, dass die Empfänger samt und sonders in
Ostbayern zuhause sind. Filialen von Großkonzernen, die ihre Zelte
schnell wieder abbrechen, wenn der Laden in der Oberpfalz nicht
läuft, sind von der Förderung ausgeschlossen. Das Konzept der EU, nur
kleinen und mittleren Betrieben aus der Region unter die Arme zu
greifen, stimmt. Dass Bildung, Forschung und Tourismus mit dem
Geldsegen aus Brüssel unterstützt werden sollen, ebenso. Dass die
Steuergelder aus Europa nicht immer mit Fingerspitzengefühl verteilt
werden, leider auch. Denn beim Studium der Begünstigten-Liste wird
man den Eindruck nicht los, dass beim Bearbeiten der Förderanträge
das Gießkannenprinzip eine tragende Rolle gespielt hat. 4,4 Millionen
Euro für ein vollautomatisches Zentrallager in der Oberpfalz - da
kann man sich ausrechnen, wie teuer da ein angeblich sicherer
Arbeitsplatz erkauft wird. Das Tanzlindenmuseum im oberfränkischen
Neudrossenfeld in allen Ehren - aber man fragt sich, ob die 2,6
Millionen Euro aus der EU-Spendenkasse nicht in einem aktuellen
Bildungsprojekt besser angelegt wären. Nach Verlegenheitslösung
klingen auch die zahllosen Zuschüsse für Umweltberatungsprogramme in
scheinbar willkürlich herausgegriffenen Firmen. Die
Europaabgeordneten Manfred Weber und Ismail Ertug legen zurecht den
Finger in die Wunde: Das Verteilungssystem der EU-Gelder, bislang in
den Händen des in jeder Hinsicht fernen Wirtschaftsministeriums, muss
regionalisiert werden. (Ober-)Bürgermeister, Landräte,
Hochschulexperten aus der Region müssen mitreden dürfen bei den
Förderanträgen. Auch um der Transparenz willen. Wenn ein regional
dominiertes Forum über die Verteilung in der Region entscheidet, dann
müssen die Empfänger auch publik gemacht werden und nicht in einer
schwer auffindbaren "Transparenzliste" kleingedruckt im Internet
aufscheinen. Es sind schließlich auch unsere Steuergelder, die als
EFRE- oder ESF-Förderung wieder bei uns auftauchen.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
450042
weitere Artikel:
- Rheinische Post: EU-Handelskommissar will schnelleren Abschluss des Freihandelsabkommens Düsseldorf (ots) - EU-Handelskommissar Karel De Gucht will das
transatlantische Freihandelsabkommen schneller als bisher angekündigt
abschließen. "Mein Ziel ist es, das Freihandelsabkommen noch unter
der amtierenden Kommission abzuschließen - also bis November 2014",
sagte er der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post"
(Samstagausgabe). Im Juni sollen die Verhandlungen starten - bisher
war von zwei Jahren Dauer die Rede. Für die Vorteile der
transatlantischen Freihandelszone ist er bereit, Ärger mit China in
Kauf zu nehmen. mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR:
Nahrungsmittel auf dem Prüfstand
Warnsignale
MATTHIAS BUNGEROTH Bielefeld (ots) - Wer schon einmal im südlichen Afrika war, der
hat sie an jeder Tankstelle, jedem Kiosk und in jedem Supermarkt
gesehen: dunkle, getrocknete Streifen Fleisch, die sowohl in
Südafrika als auch in Namibia als Leckerei verkauft werden und von
Menschen aller sozialen Schichten nahezu rund um die Uhr mit
wachsender Begeisterung gekaut und verzehrt werden. Doch auch die
Südafrikaner haben jetzt ihren Lebensmittelskandal. Bewiesen doch
Test, dass die Trockenfleischspezialität nur selten richtig
gekennzeichnet ist. 77 Prozent mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Schimmel in Tierfutter Bielefeld (ots) - Dem Verbraucher gehen langsam die Möglichkeiten
aus, sich noch angstfrei zu ernähren. Nach dem Etikettenschwindel mit
Fleisch und Bio-Eiern überwiegen inzwischen nur noch Emotion und
Irritation. Auch der jüngste Futtermittelskandal hat das Zeug zum
Horrorfilm - allerdings nur auf den ersten Blick. Da werden 35 000
Tonnen Mais von den Umweltbehörden »entdeckt«, in denen sich langsam
aber sicher krebserregendes Schimmelgift anreichert. Noch sind die
Konzentrationen gering. Selbst Niedersachsens neuer Staatssekretär mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Peer Steinbrück Bielefeld (ots) - Mit Peer Steinbrück ist es so wie bei
Lebensmittelskandalen. Es hört wohl nie auf. Dabei sind die verbalen
Entgleisungen des SPD-Kanzlerkandidaten mindestens genauso
überflüssig wie falsche Bio-Eier, Pferdefleisch in der Lasagne oder
verseuchtes Tierfutter. Gewiss: Die Skandale um unser Essen stellen
ein viel größeres Problem dar als Peer Steinbrücks Wortakrobatik.
Dennoch bereitet sein Verhalten der Partei Sorgen. Über die jüngsten
Clown-Vergleiche ihres Spitzenmannes kann in der SPD niemand mehr so
richtig lachen. mehr...
- Südwest Presse: Kommentar zum Futtermittel-Skandal Ulm (ots) - Wer noch immer keinen Grund gefunden hat, über seine
Ernährungsgewohnheiten nachzudenken, dem ist wirklich nicht zu
helfen. Alle drei Tage wird eine neue Unappetitlichkeit bekannt.
Viele Spuren weisen nach Niedersachsen - Zufall, dass dort gerade die
Grünen ins Agrarministerium eingezogen sind, für die der
Verbraucherschutz mindestens so wichtig ist wie die
Erzeugerinteressen? Ob nicht deklariertes Pferdefleisch, gefälschte
Bio-Eier oder vergiftetes Viehfutter: Die Skandale haben eine Wurzel.
Die heißt unklare Herkunft, mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|