Stuttgarter Zeitung: Kommentar zu Ungarn/Verfassungsänderungen
Geschrieben am 11-03-2013 |
Stuttgart (ots) - Wenn sich Regierung und Verfassungsgericht
miteinander streiten, dann ist das für sich allein genommen noch kein
Grund zur Besorgnis. Gerade in Deutschland mangelt es derzeit nicht
an Kritik gegenüber Karlsruhe. Viele sehen in der Rechtsprechung zur
gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft eine
Kompetenzüberschreitung. Die Säulen des Rechtsstaates sind allerdings
stabil genug, dies auszuhalten. Bei allem Ärger: kein ernst zu
nehmender Politiker kommt auf den Gedanken, die Kompetenz der Richter
wegen des Streits zu beschneiden.
Auch in Ungarn ärgert sich Premier Viktor Orbán über sein
Verfassungsgericht. Von einem staatsmännischen, verantwortungsvollen
Umgang mit der Justiz ist hier allerdings nicht viel zu sehen. Orbán
will die Richter mit Gesetzen zur Räson bringen, die eines
Rechtsstaates unwürdig sind. Schamlos nutzt er seine
Zweidrittelmehrheit im Parlament, um Grundsätze der Gewaltenteilung
auszuhöhlen. Von Seiten der EU kommt zwar lautstarker Protest, ob es
auch rechtliche Möglichkeiten gibt, gegen Ungarn vorzugehen, ist
allerdings umstritten. Nichtsdestotrotz lohnt es sich, die
EU-Verträge nach Eingriffsmöglichkeiten zu durchforsten. Nicht um
Orbán zu schaden - sondern um Ungarn zu helfen.
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