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"DER STANDARD"-Kommentar: "Zypern: Wer Geld hat, muss zahlen" von Thomas Mayer

Geschrieben am 17-03-2013

Eurohilfe zielt auf Heilung des absurden Bankensektors im
Schwarzgeldparadies ab (Ausgabe ET 18.03.2013)

Wien (ots) - Die Milliardenhilfen für zahlungsunfähige
Mitgliedsstaaten in der Währungsunion gibt es von Europartnern und
Währungsfonds (IWF) eben nicht zum Nulltarif. Jedes Land, das Kredite
zu Konditionen bekommt, die es auf freien Finanzmärkten nicht erhält,
muss im Gegenzug eine ganze Reihe _ - teils brutaler - Bedingungen
erfüllen.

Diese Erfahrung haben nach Griechenland, Irland, Portugal und
Spanien nun die Bürger von Zypern gemacht. Und nicht nur sie. Auch
jene ausländischen Anleger und Unternehmer, die ihr Geld und/oder
ihre (Briefkasten-)Firmen seit vielen Jahren unter extrem
steuergünstigen, teils dubiosen Bedingungen auf der Mittelmeerinsel
angelegt haben, sind empört.

Zu Recht? Eher nicht.

Zwar ist die Gefahr vom Vertrauensverlust in den Euro nicht von
der Hand zu weisen, wenn eine Regierung über Nacht solche
Sondersteuern auf Bankguthaben auf den Tisch knallt. Das könnte so
wohl auch in anderen Euroländern geschehen.

Aber im Konkreten ging es darum, mit einer Überraschungsaktion
drei Dinge zu bewirken: den Staatsbankrott abzuwenden, ein
Durchschlagen auf die Eurozone zu verhindern und gleichzeitig den
Umbau eines absurd überdimensionierten Bankenwesens zu starten. Das
hat Geldwäsche, Betrug und Steuerhinterziehung systematisch
befördert. Fast die Hälfte der Guthaben gehört Ausländern, und nur
ein geringerer Teil davon Russen. Viele Briten sind betroffen.

Nicht einfach, das alles. Ein Coup des neuen Präsidenten Nicos
Anastasiades war es jedenfalls, und nur nach viel Druck des deutschen
Finanzministers. Der muss die Steuerzahler und den Bundestag davon
überzeugen, warum wieder Eurohilfen nötig sind.
Auf Österreich umgelegt würden die 5,8 Milliarden Euro, die
Anastasiades den Anlegern in Zypern abnehmen will, gut 50 Milliarden
Euro entsprechen. Das muss man sich erst einmal vorstellen und
durchatmen, bevor man leichtfertig darüber urteilt, warum die reichen
Nettozahler im Norden schon wieder Kredit geben. Die zyprische
Eigenleistung ist enorm.

Es gibt jedenfalls gute und vernünftige Gründe, warum man das
Hilfsprogramm so konzipiert hat und nicht anders. Die Bedingungen von
EU, Zentralbank und IWF können von Land zu Land sehr unterschiedlich
sein. Aber immer müssen sie (neben der Vermeidung des
Staatszusammenbruchs) ein entscheidendes Ziel verfolgen: Finanz- und
fiskalpolitische Schieflagen, die strukturellen Abnormitäten im Land,
die durch Fehler in der Vergangenheit zur Krise geführt haben, müssen
beseitigt - eben saniert - werden.

Im Falle von Griechenland waren das Staatsverschuldung,
Misswirtschaft, Steuerhinterziehung. Bei Irland war es der überhitzte
Wirtschaftsboom, eine Bankenblase, die platzte. Spanien war kaum
verschuldet, strauchelte an der Immobilienblase. Alle Staaten sollten
also maßgeschneiderte Lösungen umsetzen. In Irland sprang der Staat
mit gut 15 Milliarden für Banken ein. In Griechenland und Spanien
wurde vor allem gekürzt: bei Pensionen, Beamtengehältern,
Sozialleistungen, Spitäler wurden geschlossen.

Die zyprische Regierung hat sich für einen Weg entschieden. In
Zypern müssen jene, die Geld haben, für ihren Staat zahlen. Ob das
per se unsozial ist, weil es auch die "Kleinen" trifft, wie die
notorischen Eurokritiker im Reflex argumentieren, muss man sehen.

Aber eines ist klar: Im Bankenwesen darf in Zypern nichts so
bleiben, wie es war.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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