Weser-Kurier: Zum Bundesverfassungsgerichts-Urteil über Absprachen vor Gericht schreibt der Bremer WESER-KURIER:
Geschrieben am 19-03-2013 |
Bremen (ots) - Oberstes Ziel eines Strafprozesses vor deutschen
Gerichten ist die Wahrheitsfindung. Das klingt zwar nach einer
Binsenweisheit - doch Richter, Staatsanwälte und Verteidiger
missachten diesen Grundsatz so häufig, dass das
Bundesverfassungsgericht sich gestern zum Einschreiten genötigt sah.
Denn was die Karlsruher Richter zum Gesetz über die "Verständigung
zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten" verkündet haben, sieht
nur auf den ersten Blick aus wie eine Bestätigung der sogenannten
Deals nach dem Motto "Biete Geständnis gegen mildes Urteil". In
Wahrheit haben die Verfassungshüter ihren Berufskollegen ein
vernichtendes Urteil ausgestellt. Während sie das Gesetz nämlich im
Grundsatz für in Ordnung befanden, rügten sie dessen Umsetzung in
sämtlichen Instanzen vom Amtsgericht bis hinauf zum
Bundesgerichtshof: Da gibt's noch vor Prozessbeginn Absprachen
zwischen Ankläger, Verteidiger und Richter; da wird in
Verhandlungspausen in Richterzimmern gefeilscht um die richtige
Formulierung von Geständnissen, die Reue ausdrücken sollen und dem
Gericht dadurch zusätzliche Strafnachlässe ermöglichen. Und die einen
Fall schnell zu den Akten wandern lassen. Was die deutsche
Rechtspflege jahrelang praktiziert hat, ist aber schlichtweg illegal
- und eines Rechtsstaats unwürdig. Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle
übernahm gestern gar die Rolle eines Nachhilfelehrers, als er
feststellte: "Das Recht muss die Praxis bestimmen - und nicht die
Praxis das Recht." Gleichwohl ist das Urteil aber nicht nur
beschämend für die Justiz, sondern auch für die Politik: Sie hat
durch das Ausdünnen von Stellenplänen bei Gerichten und
Staatsanwaltschaften die Justiz anfällig werden lassen für Deals, die
eine Abkürzung von Prozessen versprechen. So erinnerte Voßkuhle
daran, dass die Politik die Pflicht zur Überwachung habe und
"geeignete Maßnahmen" ergreifen müsse, sofern sich in der Justiz
"Fehlentwicklungen" häufen. Damit ist klar: Das Verfassungsgericht
hat sowohl die Justiz als auch die Justizminister von Bund und
Ländern unter Bewährung gestellt.
Pressekontakt:
Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
Telefon: +49(0)421 3671 3200
chefredaktion@Weser-Kurier.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
453601
weitere Artikel:
- Weser-Kurier: Zum Fall eines salafistischen Polizeibewerbers in Bremen schreibt der Bremer WESER-KURIER: Bremen (ots) - Um eins gleich vorweg zu nehmen: Gewaltbereite
Salafisten - wie jene vier Männer, die derzeit in Nordrhein-Westfalen
in Untersuchungshaft sitzen - stellen eine reale Gefahr für die
Gesellschaft dar. Man darf ihre Pläne nicht unterschätzen, nicht
kleinreden, nicht verharmlosen, ganz klar. Und trotzdem: Der jetzt
bekannt gewordene Fall eines salafistischen Polizeianwärters darf
nicht Anlass für übertriebene Panikmache sein. Vielmehr ist es als
Erfolg zu werten, dass dem Mann seine Zulassung für die Ausbildung
bei der mehr...
- Badische Neueste Nachrichten: Ein Reizthema Karlsruhe (ots) - Das ist der Idealfall: In einem fairen
rechtsstaatlichen Verfahren sucht das Gericht in einem Strafprozess
unter Aufbietung vieler Ressourcen die Wahrheit, findet sie auch und
dazu noch eine angemessene Strafe, die der Schwere der Schuld auch
gerecht wird - oder spricht den Angeklagten frei. Und wiederum im
Idealfall hat das Gericht die notwendige Zeit dafür. Zur Ehrenrettung
der Richter muss gesagt werden: Dies findet in vielen Gerichten
Deutschlands so statt - doch diesen Idealfall gibt es immer weniger.
Deutschlands mehr...
- Rheinische Post: Unions-Experte Meister sieht Euro-Zone für Zypern-Pleite gewappnet Düsseldorf (ots) - Die Euro-Zone ist nach Einschätzung der
Regierungskoalition in Berlin für eine drohende Staatspleite Zyperns
gewappnet. "Wir haben wenig zu verlieren. Sollte der zyprische Staat
insolvent werden, beginnen wir mit der Absicherung der übrigen 16
Euro-Staaten vor einem Ansteckungseffekt", sagte Unionsfraktionsvize
Michael Meister der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post"
(Mittwochsausgabe). "Voraussetzung für ein Hilfspaket der EU ist,
dass die zyprische Seite knapp sieben Milliarden Euro zur Rettung
beisteuert. mehr...
- Rheinische Post: FDP kritisiert NPD-Verbotsverfahren als "Wiederbelebungsmaßnahme für NPD" Düsseldorf (ots) - FDP-Generalsekretär Patrick Döring hat den
Widerstand der FDP gegen einen NPD-Verbotsantrag verteidigt und vor
einem Scheitern des Verfahrens gewarnt. "Ein NPD-Verbotsverfahren
könnte am Ende nur als Wiederbelebungsmaßnahme für eine siechende
Partei enden", sagte Döring der in Düsseldorf erscheinenden
"Rheinischen Post" (Mittwochausgabe). Die NPD sei in ihrer aktuellen
Lage kaum organisationsfähig, in finanzieller Bedrängnis und
politisch weitgehend unbedeutend. Ein öffentliches Verfahren könnte
daher wie ein mehr...
- Rheinische Post: Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger will Aktionäre über Managergehälter bestimmen lassen Düsseldorf (ots) - Bundesjustizministerin Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will die Aktionäre von
börsennotierten Unternehmen künftig dazu verpflichten, bei der
Hauptversammlung über die Managergehälter abzustimmen. Das geht aus
dem Entwurf für eine Novelle des Aktienrechts hervor, der der in
Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Mittwochausgabe)
vorliegt. Demnach soll der Paragraf 120 im Aktiengesetz so
verschärft werden, dass die Hauptversammlung das System zur Vergütung
der Vorstände beschließen muss. Bisher ist mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|