Schwäbische Zeitung: Die Pläne treffen die Falschen - Leitartikel
Geschrieben am 26-03-2013 |
Ravensburg (ots) - Steigen wir kurz auf das Gerechtigkeitsgesäusel
der wahlkämpfenden Volksparteien ein. Die Sozialdemokraten haben die
Reichen identifiziert, um aus ihrer schwächelnden Kampagne doch noch
eine Erfolgsgeschichte machen zu können. Denn in Umfragen wird der
SPD Kompetenz zugesprochen, wenn es darum geht, soziale Schieflagen
zu erkennen. Was liegt also näher für die kühl rechnenden
Politstrategen, als sich als Anwälte der kleinen Leute zu gerieren
und die vermeintlich Privilegierten ins Visier zu nehmen.
Dumm nur, dass nach den SPD-Plänen nicht nur die absoluten
Spitzenverdiener mehr überweisen sollen, sondern aufgrund des
Steuerverlaufes auch schon Facharbeiter und Angestellte mehr zahlen
werden, die etwas über dem Normalverdiener-Durchschnitt auf ihr Konto
gebucht bekommen. Noch dümmer ist aber, dass eine
Unions-Ministerpräsidentin auf den Zug aufspringt, in dem es sich die
Grünen bereits bequem gemacht haben, und einer noch deutlicheren
Einkommensteuererhöhung das Wort redet. Eine Stimme der ökonomischen
Vernunft fehlt, und leider ist die FDP mit ihrer jahrzehntelangen,
ermüdenden Steuersenkungsrhetorik nicht mehr die Partei, der in
diesem Punkt ernsthaft Gehör geschenkt wird. Das ist schade, denn die
Richtung, in die der Zug rattert, ist definitiv die falsche.
Im Jahr 2012 hat der deutsche Staat 616 Milliarden Euro kassiert.
Diese enorme Summe sollte ausreichen, auch einen aktiv handelnden
Staat zu finanzieren. Niemand will extreme Unterschiede zwischen Arm
und Reich wie in Übersee. Wir sind von solchen Zuständen aber auch
weit entfernt, aller Kanzlerkandidaten-Rhetorik zum Trotz. Würde der
Spitzensteuer-Fetisch durchgehen, zahlten Ledige ab 64000 Euro
demnächst mehr. Das sind keine Großverdiener. Es wäre der Mittelstand
in unserer Region, der zur Kasse gebeten würde. Und steigenden
Belastungen begegnet etwa ein Handwerksbetrieb mit weniger
Investitionen. Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt dürften klar
sein. Mit Gerechtigkeit hat das wenig zu tun.
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Schwäbische Zeitung
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