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Trierischer Volksfreund: Zum Bundesparteitag der Piraten - Leitartikel, Trierischer Volksfreund, 13.05.2013

Geschrieben am 12-05-2013

Trier (ots) - Die gute Nachricht zuerst: Die Piraten sind reifer
geworden. Ihr Parteitag in der bayerischen Provinz ist nicht ganz so
chaotisch verlaufen wie gedacht. Das ist schon mal etwas. Und mit
ihrem detailverliebten Wahlprogramm haben sie zumindest ihr
inhaltliches Vakuum geschlossen. Auch das ist eine Leistung, wenn man
bedenkt, dass die Klugheit vieler, von den Piraten Schwarmintelligenz
genannt, keineswegs automatisch kluge Entscheidungen hervorbringt.

Die schlechte Nachricht ist: Genau diese Reife könnte in den
kommenden Monaten zum Problem werden. Die Stärke der Piraten lag
immer auch in der Abgrenzung zu den etablierten Parteien. Sie ist nun
endgültig Geschichte. Denn mit den Beschlüssen ihres Parteitages
haben sich die Freibeuter der Konkurrenz gefährlich angenähert. Galt
einst als Markenkern, niemanden dazu zu zwingen, sich festzulegen,
stehen die Piraten jetzt (wie andere auch) für ein bedingungsloses
Grundeinkommen, für Volksentscheide und Mindestlohn. Oder aber sie
setzen krampfhaft eigene Akzente durch einen kostenlosen Nahverkehr
und die Abschaffung des Ehebegriffs. Die frühere, konventionslose
Internet-Mitmach-Partei ist am Wochenende im Parteiensystem
angekommen. Und damit stellen sich die Piraten gegen den Zeitgeist,
der sie in der Vergangenheit so sehr getragen hat. Positionen zu
wechseln, oder aber erst gar keine zu haben, war schließlich der
gesellschaftliche Trend, von dem die Piraten profitiert haben.

Das alles wäre freilich halb so wild, wenn sich die Partei dies
auch eingestehen würde. Macht sie aber nicht. Noch immer suggeriert
sie, dass ihr erfrischender Selbstfindungsprozess noch längst nicht
am Ende angelangt ist. Die Wahrheit ist eine andere. Die Piraten sind
inzwischen nicht besser, aber auch nicht schlechter als andere. Hinzu
kommt, dass gerade das Personal in den letzten Monaten gezeigt hat,
wie Politik schnell zum Intrigantenstadl verkommen kann.

Vielleicht wird dieser Umstand dann auch das größte Problem der
Piraten auf dem Weg in den Bundestag. Sie sind zur Geisel dessen
geworden, was sie propagieren - die bedingungslose Freiheit im
Internet. Inzwischen weiß man, dass diese Freiheit den Umgang
miteinander böse enthemmt. Flügelkämpfe, Querelen, Beschimpfungen,
Skandale und Skandälchen, an der streitsüchtigen, innerparteilichen
Stimmung wird auch die neue, agile politische Geschäftsführerin
schwer zu knapsen haben. Genauso wie der alles andere als
unumstrittene Vorsitzende. Von Geschlossenheit sind die Piraten noch
weit entfernt. Wer wählt aber schon eine Partei, die sich auf offener
Bühne regelmäßig selbst zerfleischt? Wohl nur jene, denen tatsächlich
alles egal ist.



Pressekontakt:
Trierischer Volksfreund
Thomas Zeller
Telefon: 0651-7199-544
t.zeller@volksfreund.de


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