SWR Fernsehen hakt nach beim Thema Lohndumping
Geschrieben am 16-05-2013 |
Baden-Baden (ots) - "Zur Sache Baden-Württemberg!" hat heute
SWR-Reporter Jürgen Rose und Arbeitsmarktforscher Prof. Stefan Sell
zu Gast
Faktencheck zur Daimler-Stellungnahme zum Film "Hungerlohn am
Fließband"
Arbeiten am Fließband für nur ein Drittel des regulären Lohnes?
Wie SWR-Reporter Jürgen Rose herausgefunden hat, werden an den
Fließbändern des Autobauers Daimler AG Menschen beschäftigt, die so
wenig verdienen, dass sie davon nicht leben können und ihren
Unterhalt durch Hartz-IV-Aufstockung sichern müssen. Möglich wird das
durch sogenannte Werkverträge: Der SWR-Reporter ließ sich von einer
Leiharbeitsfirma anstellen; diese verlieh ihn an eine Logistikfirma.
Doch wurde er nicht für Transportarbeiten eingesetzt, sondern direkt
am Fließband des Mercedes-Benz-Werkes in Untertürkheim, wo er Hand in
Hand mit der Stammbelegschaft von Daimler zusammenarbeitete. Der
renommierte Arbeitsmarktforscher Prof. Stefan Sell von der
Fachhochschule Remagen hält diese Konstruktion für eine Form der
illegalen Arbeitnehmerüberlassung. Prof. Sell und Jürgen Rose sind
heute Abend zu Gast bei Clemens Bratzler in "Zur Sache
Baden-Württemberg!" (SWR Fernsehen, 20.15 Uhr) Die Daimler AG hat am
Dienstag in einer Stellungnahme nach Ausstrahlung der
SWR-Dokumentation auf den Film reagiert und dabei die Vorgehensweise
des SWR als fragwürdig bezeichnet. Hier die Vorhaltungen der
Daimler-Stellungnahme im Einzelnen und die Erwiderung des SWR:
Daimler: Entgegen der Darstellungen im Fernsehbericht vom Montagabend
wurde der Reporter nicht durch Führungskräfte oder Mitarbeiter der
Daimler AG in seine Arbeitsaufgabe eingewiesen. SWR: Der Reporter
wurde nach einer kurzen "Einweisung" nicht von Preymesser, sondern
von einem Leiharbeiter einer anderen Leiharbeitsfirma ohne weitere
Informationen für zehn Tage an seinem Arbeitsplatz allein gelassen.
Hauptbotschaft dieser "Einweisung": "Mach einfach das, was die
Daimler-Mitarbeiter machen." Bis auf die Ausgabe von
Arbeitshandschuhen zu Schichtbeginn, gab es mit einer Ausnahme
keinerlei Kontakte mehr zur Entleihfirma Preymesser. Am 7. Arbeitstag
erfolgte eine Grundeinweisung zum Thema Unfallverhütungsvorschriften,
Fotografierverbot, Alkoholverbot. Alle weiteren Informationen zur
konkreten Arbeit, Arbeitszeiten, Pausenregelung, Toiletten, Kantine
kamen von den Daimler-Kollegen und ihren Führungskräften. Sie
schickten den Reporter in die Pause und sagten ihm, wie er was zu tun
hat. Dies ist auch deutlich in vielen gesendeten und ungesendeten
Filmaufnahmen dokumentiert.
Daimler: Die Einweisung in den Prozess und seine konkrete
Tätigkeit sowie die Sicherheitsunterweisung wurden von unserem
Dienstleister Preymesser vorgenommen. Die Firma Preymesser hat sich
dies entsprechend vom Arbeitnehmer / Reporter vor Arbeitsbeginn
Presse-Information schriftlich bestätigen lassen. SWR: Am 7.
Arbeitstag (13.3.) gab es eine sogenannte Grundeinweisung beim
Schichtleiter der Firma Preymesser zu allgemeinen
Unfallverhütungsvorschriften, Fotografierverbot, Alkoholverbot. Wie
aus den Unterlagen des Reporters hervorgeht, wurde diese
Grundeinweisung offensichtlich vom Schichtleiter rückdatiert auf den
1. Arbeitstag (5.3.).
Daimler: Auch hat der Reporter nicht die gleichen Tätigkeiten wie
unsere Mitarbeiter ausgeführt. Unsere Mitarbeiter in dem betroffenen
Bereich sind Facharbeiter, haben eine entsprechende Ausbildung und
führen eine qualifizierte Facharbeitertätigkeit aus (wie z.B.
Maschinenbedienung oder Qualitäts-Management). SWR: Die Tätigkeiten
des Reporters wurden nach SWR-Recherchen vor der Vergabe als
Werkvertrag von Mitarbeitern der Stammbelegschaft ausgeführt. Sie
gehören zum Handwerk der Stammbelegschaft. In Abwesenheit des
Reporters wurden sie auch weiterhin von der Stammbelegschaft
ausgeführt. Außerdem belegen gesendete und ungesendete Filmaufnahmen:
Stammbelegschaft und Reporter machen die gleiche Arbeit, am gleichen
Band, am gleichen Werkstück.
Daimler: Der Reporter hat keine Weisungen zur Erfüllung seiner
Logistikdienstleistungen von unseren Führungskräften oder
Mitarbeitern erhalten. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass der
Reporter durch gezieltes Ansprechen und Fragen unserer Mitarbeiter
Hinweise zu seiner Tätigkeit erhalten hat. Der Reporter wurde damit
nicht in unsere Arbeitsorganisation eingegliedert. SWR: In gesendeten
und ungesendeten Filmaufnahmen ist zu sehen, wie
Daimler-Führungskräfte, die namentlich identifizierbar sind,
Arbeitsanweisungen geben. Es kam zu wesentlich mehr Fällen von
Anweisungen als in der kurzen Film-Sendezeit darstellbar. Der
Reporter hat nicht durch gezielte Ansprechen Hinweise von
Mitarbeitern erhalten. Das Gegenteil ist der Fall: Mitarbeiter der
Stammbelegschaft haben ihn gezielt angesprochen, bestimmte Aufgaben
in bestimmter Weise auszuführen. Es existiert ausreichend
ungesendetes Filmmaterial, mit dem belegt werden kann, wer jeweils
die Initiative ergriffen hat.
Daimler: Die Journalisten haben zu keinem Zeitpunkt mit offenen
Kartengespielt und dem Unternehmen gegenüber unvollständige bzw.
ausweichende Angaben über die Hintergründe ihrer Arbeiten gemacht.
Die offiziellen Stellungnahmen des Unternehmens wurden unter dem
Vorwand angefordert, man arbeite an einem branchenübergreifenden,
generellen Beitrag über diverse Branchen, vom Schlachthof bis zur
Fahrzeug-Industrie. Diese sei nur ein Aspekt und Daimler darin nur
eine Facette der Recherche. SWR: Zum Zeitpunkt der ersten Anfragen
bei der Daimler-Pressestelle war genau das Stand der Recherche:
Daimler - eine von vielen Firmen, die Werkverträge einsetzen. Es gab
über Wochen hinweg Kontaktaufnahmen mit mindestens fünf namentlich
bekannten Mitarbeitern der Daimler-Pressestelle. In der weiteren
Recherche hat das Redaktionsteam das Thema immer weiter eingegrenzt
und bis wenige Tage vor der Sendung die Fragen immer weiter
konkretisiert. Der umfangreiche Schriftwechsel liegt in der Redaktion
vor. Einige Ergebnisse der Anfragen wurden auch im Film dokumentiert.
Daimler: Besonders frappierend: die angeblichen Telefonate des
Reporters Jürgen Rose mit der Daimler-Pressestelle hat es nie
gegeben, die Darstellung in dem Film ist fingiert. SWR: Fingierte
Telefongespräche gibt es in der gesamten Dokumentation nicht. Der
Reporter Jürgen Rose und sein Rechercheteam haben im Laufe von Wochen
die Anfragen bei der Daimler AG, beim Daimler Betriebsrat und auch
bei der Daimler Pressestelle getätigt. Das Team hat mehrfach bei der
Daimler Pressestelle um ein Interview gebeten und wollte dieses
Interview auf der Basis konkreter Recherchen führen, die der
Pressestelle auch schriftlich vorlagen. Sämtliche Interview-Anfragen
wurden von der Pressestelle abgelehnt. Lediglich der
Betriebsrats-Vorsitzende war zu Stellungnahmen vor der Kamera bereit.
Daimler: Dem Unternehmen wurde zu keinem Zeitpunkt die Chance
gegeben, auf die konkreten Vorwürfe, die in dem Film gemacht werden,
zu reagieren. SWR: In einem wochenlangen Prozess hat sich das
Reporterteam bemüht, Informationen von der Daimler-Pressestelle zu
bekommen. Das Ergebnis war mehr als mager. Teile dieser
Stellungnahmen wurden im Film zitiert. Teilweise wurden selbst auf
nochmalige Nachfrage keine konkreteren Angaben zu den abgefragten
Inhalten gemacht.
Pressekontakt: Wolfgang Utz, Tel.: 0711/929-11030,
wolfgang.utz@swr.de
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